Ein mörderischer Schatten (German Edition)
dir gesagt, ich bin an keiner Beziehung interessiert. Und wenn du gleich im Zelt wieder anfängst, mir mit irgendwelchen Typen auf den Keks zu gehen, dann geh ich sofort nach Hause! Ich hab sowieso keine richtige Lust, heute.“
„Du hast nie Lust. Dabei ist heute der Tag, wo am meisten los ist. Was für ein Glück, dass deine Mutter heute nicht selber ins Zelt wollte und auf die Kinder aufpassen kann.“
„Pah, von wegen. Natürlich wäre sie gerne gegangen. Aber sie ist heilfroh, dass ich mal, ich zitiere: „rauskomm, damit ich auf andere Gedanken komme, ehe ich vollends zusammenbreche.“ Seit der Sache mit der Ziege behandeln die mich, als wär ich ein Fall für die Psychiatrie. Gestern Abend haben wir bei meinen Eltern zu Abend gegessen. Es gab Milchsuppe. Als ich mich verschluckt habe, sind beide Elternteile aufgesprungen. Dann haben sie mich angesehen, als wüssten sie nicht, was als Nächstes von mir zu erwarten wäre. Ich war versucht, entweder in einen Heulkrampf auszubrechen oder mit dem Gesicht in den Teller zu fallen. Das wäre ihnen recht geschehen.“
„Sei doch froh, dass du Eltern hast, die sich um dich sorgen.“
„Ja, ich weiß es ja zu schätzen. Aber glücklicher wär ich, wenn sie mir glauben würden.“
Sabine legte im Gehen einen Arm um Tonis Schultern und drückte sie kurz an sich. „Dafür glaub ich dir.“
Dankbar lächelte Toni ihre Freundin an.
Toni kämpfte sich durch die tanzende Menge und überließ es Sabine, zu tanzen als gäbe es kein Morgen mehr. Sie erspähte den Tisch, an dem der Schützenzug ihres Vaters für gewöhnlich saß und steuerte darauf zu. Gegenüber von ihrem Vater standen mehrere freie Stühle und Toni ließ sich auf einem nieder. „Hallo, Papa.“
„Antonia“, rief ihr Vater erfreut. „Was willst du trinken?“
„Hmm, ich nehm ein Bier.“ Toni sah sich um und grüßte die übrigen Männer am Tisch. „Hier ist es aber leer. Wo ist denn der Rest von euch?“
Ihr Vater winkte ab. „Hör doch auf. Die sind alle draußen, rauchen. Was waren das Zeiten, früher, als alle gemütlich beisammen saßen. Seit dem Rauchverbot lungert jetzt andauernd die Hälfte der Leute vor dem Zelt rum, um sich eine anzustecken. Eine Schande ist das.“ Paul trank einen Schluck Bier und griff zu dem vollen Tablett mit Altbier, welches auf dem Tisch stand. „Guck dir das an“, klagte er, während er seiner Tochter ein Glas vor die Nase stellte. „Bis die aufgeraucht haben, ist das ganze Bier schal.“
„Ja, Papa, ihr habt es nicht leicht“, sagte Toni amüsiert.
„Wo hast du denn deine Freundin gelassen?“
„Auf der Tanzfläche.“ Toni sah sich um und erspähte Sabine, die gerade auf sie zusteuerte. „Da kommt sie ja.“
Auch Sabine wurde mit einem Bier versorgt und ein paar Minuten später verabschiedeten sie sich wieder und Toni folgte ihrer Freundin ergeben in Richtung Sektbar.
„Sieh mal, da ist ja dein Verehrer. Hallo!“, rief Sabine plötzlich und blieb stehen. Toni sah um ihre Freundin herum und verzog ihr Gesicht. Dort am Tisch saß der versammelte Zug ihres Exmannes. Leider waren hier, anders als bei ihrem Vater, alle vollzählig versammelt. Zumindest nahm sie das an, da alle Stühle belegt waren. Sie sah Jens und seine neue Freundin Susanne. Das Kind dieser bedauernswerten Kreatur, die nun Jens neuer Fußabtreter war, ging in dieselbe Kindergartengruppe wie Simon. Keine Ahnung, was Jens ihr erzählt hatte, auf jeden Fall weigerte seine Eroberung sich standhaft, Toni zu grüßen. Auch jetzt sah sie nur dümmlich zu ihr hinüber. Als Toni zu ihrer Überraschung als nächstes ihren Nachbarn am Tisch entdeckte, hatte sie genug. Sie vermied es, die restlichen Idioten anzusehen und sah sich stattdessen lieber im Zelt um.
„Na, Sabine“, rief Jens. „Hast du Antonia wieder am Hals? Da wird es aber nichts mit dem Spaß haben heute.“
Antonia warf Jens einen abfälligen Blick zu.
„Da müssen wir uns ja gleich auf eine Razzia gefasst machen, was?“, rief ein weiterer Schützenbruder. „Sagst uns aber Bescheid, ehe du die Bullen rufst, ja, Toni? Damit wir uns drauf einstellen können.“
„He, lasst gut sein“, rief Ralf halbherzig dazwischen.
„Halt du bloß den Mund“, mischte sich ein weiterer von Jens Freunden ein, „nur weil du der an die Wäsche willst, brauchst du hier nicht einen auf Ritter machen. Hier weiß ja wohl jeder, dass die Antonia jetzt endgültig übergeschnappt ist.“ Er sah zu Toni hinüber. „Wer verfolgt
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