Ein mörderischer Schatten (German Edition)
Mann im Kapuzenpulli! Er war hier! Und er hatte bemerkt, dass sie ihn entdeckt hatte. Toni atmete schneller. Sie merkte, dass sie hysterisch wurde. Sie rannte in den Wohnwagen und schlug die Tür zu. Sie kontrollierte alle Fenster und schloss sogar die Dachluken. Wieder schluchzte sie auf. Das konnte doch nicht sein! Er konnte nicht hier sein! Toni ging zitternd zum kleinen Fenster über dem Herd und sah hinaus. Mit Entsetzen beobachtet sie, wie die Gestalt aus dem Unterholz auf ihr Zelt zutrat. Toni wimmerte. Die Kerze auf dem Tisch flackerte friedlich und das Radio unter dem Fenster spielte leise eine Melodie. Und immer weiter näherte sich der Mann ihrem Wohnwagen. Toni konnte sich nicht rühren. Wie erstarrt beobachtete sie, wie er vor der Zelttüre stehenblieb. Was sollte sie nur machen? Automatisch griff sie nach ihrem Handy und obwohl sie wusste, dass es sinnlos war, hoffte sie, nur dieses einen mal auf wundersame Weise Empfang zu haben. Entmutigt ließ sie nach einem Blick auf das Display die Hand mit dem Handy wieder sinken. Verzweifelt beobachtete sie, wie die Gestalt sich schließlich lautlos entfernte und dann aus ihrem Blickfeld verschwand. Toni blieb reglos stehen und starrte mit leerem Blick auf die Stelle, wo ihr Stalker verschwunden war. Plötzlich war ihre Panik verschwunden. Sie fühlte im Moment gar nichts mehr. Wie betäubt setzte sie sich auf ihr Bett und legte die Hände in den Schoß. So blieb sie regungslos sitzen. Sie wusste nicht mehr, was sie tun sollte. Der Mann verfolgte sie, er hatte ihre Freundin umgebracht und sie konnte einfach nichts dagegen unternehmen. Erschöpft und merkwürdig gleichgültig dachte sie nach.
Es gab zwei Möglichkeiten . Erstens: Sie war wirklich übergeschnappt. Das bezweifelte sie zwar, aber möglich war es. Schließlich merkten die wenigsten Verrückten, dass sie verrückt waren, nicht wahr?
Zweitens: Der Stalker war ihr hierher gefolgt. Das war aber eigentlich nicht möglich, das wusste Toni. Sie wusste aber auch, dass der Ruderer, der nächtliche Besucher gestern und die Gestalt grade eben das Gegenteil bewiesen. Aber wenn es selbst ihr so unmöglich erschien, wie sollte sie andere davon überzeugen? Niemals würde ihr das gelingen. Selbst wenn sie nicht als Kind diese Angstzustände gehabt hätte, Jens nicht alles getan hätte, um sie im Dorf als merkwürdig hinzustellen, selbst wenn sie nicht durch ihre Eigenarten schon mehr als einmal in den vergangenen Jahren bei Bekannten aufgefallen wäre und selbst wenn sie nicht in den vergangenen Wochen die Polizei wegen Mäusen und nicht vorhandenen Ziegen gerufen hätte, würde es schwer fallen, jemanden zu überzeugen, dass sie einen Stalker hätte. Aber so? Keine Chance.
Und selbst wenn, was dann? Wie oft hörte man, dass die Polizei machtlos war, gegen die Stalker vorzugehen, bevor irgendetwas passierte. Nichts würden sie unternehmen. Sie wusste ja noch nicht einmal die Identität des Mannes. Toni ließ sich langsam nach hinten fallen und starrte an die dunkle Decke. Die Schranken öffneten um sieben. Am besten würden sie heute abreisen, oder? Aber wozu? Dann würde er ihr zu Hause auflauern. Toni blickte weiterhin in die Dunkelheit, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. Sie konnte nichts tun. Gar nichts!
Kapitel 11
Irgendwann war Toni doch eingeschlafen und als sie am Montagmorgen auf ihre Parzelle hinaustrat, nahm sie beinahe gleichgültig die Rose zur Kenntnis, die vor dem Zelteingang lag. Wenigstens wusste sie jetzt, dass sie sich nichts eingebildet hatte. Toni hob die Rose auf und blickte sich um. Sie war heute Nacht zu einer Erkenntnis gekommen. Sie würde sich von diesem Schwein nicht ihr Leben diktieren lassen. Sie würde die zweite Woche hier bleiben und den Kindern nicht den Urlaub verderben. Zuhause würde er ihr genauso auflauern. „Kommt, Kinder, wir gehen zum Supermarkt, Brötchen holen“, rief sie und machte sich mit den Kindern auf den Weg.
Dienstagabend wählte Mark Tonis Nummer und lauschte auf das Rufzeichen. Er ärgerte sich, dass er so dumm war und schon wieder versuchte, Antonia zu erreichen. In der letzten Woche hatte er das Gefühl gehabt, die würde gern mit ihm telefonieren. Und schließlich hatte sie ihn von sich aus angerufen, am Samstag. Mark hatte immer zur Mittagszeit angerufen und zufälligerweise war sie meist erreichbar gewesen. Obwohl es angeblich nur an der Rezeption möglich war, sie zu erreichen. Also hatte er angenommen, sie hätte auf seine
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