Ein moerderisches Geschaeft
Chrystal zu erklären, dass die Leitung möglicherweise angezapft war. »Sie dürfen nicht von diesem Apparat aus anrufen. Warten Sie etwa zwanzig Minuten, dann setzen Sie sich in Ihren Pickup und fahren zur nächsten Zelle.«
»Erstatten Sie mir die Benzinkosten?«
Avery hatte gute Lust, laut zu schreien. »Ja.«
John Paul kam wieder in den Laden, als das Telefon klingelte. Avery zuckte zusammen.
»Das ist sie wahrscheinlich«, sagte Chrystal. »Seit wir heute Morgen aufgemacht haben, hat hier niemand angerufen. Wollen Sie nicht drangehen?«
Avery hob den Hörer beim zweiten Klingeln ab.
»Ihr seid zu spät«, sagte die Anruferin.
»Nein, das sind wir nicht. Wir waren rechtzeitig hier. Die Frau, bei der Sie das Päckchen hinterlegt haben, hat telefoniert, als wir ankamen.«
»Ja, das stimmt.«
Jetzt wusste Avery mit Gewissheit, dass die Leitung abgehört wurde. Ein Glück, dass sie Margo nicht angerufen hatte.
»Weißt du, wohin du musst?«
»Ja. Ich möchte mit Carrie sprechen.«
»Das ist nicht möglich.«
»Woher soll ich dann wissen, dass sie noch am Leben ist?«
»Carrie geht es gut … noch. Es liegt an dir, ob sie und ihre Freundinnen heil und gesund bleiben.«
»Warum tun Sie das?«
»Keine weiteren Fragen«, versetzte die Frau schroff. »Oder ich lege auf. Verstanden?«
»Ja.«
»Du bist auf Schatzsuche und gewinnst Punkte, solange du mitmachst. Der Schatz ist Carrie. Du möchtest sie doch wiedersehen, oder?«
»Ja.«
»Das ist gut.« Sie lachte. »Du bist eifrig bemüht, alles richtig zu machen. Beeil dich, Avery.«
»Wie lange …«
»Beeil dich.«
Sie unterbrach die Verbindung. Averys Herz klopfte heftig. Sie legte den Hörer auf die Gabel und Chrystal fragte: »War sie’s?«
»Ja. Chrystal, beschreiben Sie mir, wie die Frau aussieht.«
»Sie ist älter als Sie, aber nicht so alt wie ich und auch nicht so schwer. Kenny?«, schrie sie. »Was meinst du, wie alt die Frau ist?«
Kenny kam herein. Er kratzte sich das stoppelige Kinn und überlegte. »Keine Ahnung. Ich kann nicht gut schätzen, wie alt jemand ist. Aber sie sah gut aus.«
Chrystal nickte. »Sie war blond … Es ist komisch, dass Sie mich fragen, wie sie aussieht.«
»Warum?«
»Na ja … weil …« Chrystal zuckte mit den Achseln. »Sie sieht Ihnen irgendwie ähnlich.«
15
Chrystal erzählte Kenny, dass sie eine riesige Belohnung bekommen würden, wenn sie in die Stadt fuhren und für Avery einen Anruf tätigten. Kenny glaubte kein Wort und er hatte auch keine Lust, in die Stadt zu fahren. Wahrscheinlich will er nicht, weil seine Nase wieder blutet, dachte Avery.
Anders als Avery war John Paul nicht bereit, die beiden zur Mitarbeit zu überreden. Er wusste, wie ihre erbsengroßen Gehirne funktionierten, und er hatte die Nase voll von ihnen. Er stieß Kenny gegen die Wand und machte ihm in aller Ruhe klar, dass er ihn überall aufspüren und ihm die Haut bei lebendigem Leibe abziehen würde, wenn er nicht tat, worum Avery ihn gebeten hatte. So einfach war das. Kenny glaubte ihm und Chrystal tat es auch. John Pauls Blick verriet, dass er keine leeren Drohungen von sich gab.
Chrystal wich hastig zurück, als John Paul an ihr vorbeiging, und fegte aus Versehen das Telefon vom Ladentisch. Sie hob es eilends auf. Instinktiv drückte sie den Hörer ans Ohr, um sich zu überzeugen, dass niemand in der Leitung war. »Das Telefon ist kaputt«, sagte sie zu Kenny und legte auf.
»Heißt das, die Leitung ist tot?«, keuchte Kenny, der immer noch um Atem rang.
»Habe ich das nicht gerade gesagt?«
»Das war sie«, behauptete Kenny mit einem düsteren Blick auf Avery. »Sie muss es kaputtgemacht haben, nachdem ihr Gespräch mit der Frau beendet war. Du hast gesehen, wie sie den Hörer auf die Gabel knallte, oder, Chrystal? Sie werden die Reparatur bezahlen«, machte er Avery klar.
Avery überzeugte sich selbst davon, dass Chrystal die Wahrheit sagte. Die Leitung war tatsächlich tot. Das ging schnell, dachte Avery. Sie müssen bestens vorbereitet gewesen sein.
John Paul stand neben der Tür und wartete. »Avery …«
»Nur noch einen Moment.« Sie ging zu den Jungs, die auf dem Boden lagen. Zwei waren zusammengerollt wie Katzen und schliefen, aber der Triefäugige, den sie Mark nannten, saß noch aufrecht und verfolgte jede ihrer Bewegungen mit dem dämlichen Grinsen in seinem sommersprossigen Gesicht.
»Wer ist der Fahrer?«
»Hä?«
Sie stieß gegen seinen Fuß. »Wer fährt das Auto?«
»Ich.«
»Gib mir den
Weitere Kostenlose Bücher