Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
bringen können. Ich jedoch war innerlich darauf gespannt, wie das mit den beiden Störenfrieden weitergehen würde und lugte immer mal wieder an der Schulter meiner Mutter vorbei.
Ich bekam mit, wie der jüngere der beiden Offiziere die Bedienung eingehend und ohne sich zu genieren musterte, doch als er ihr ohne Einverständnis an ihren Hintern griff, erschrak Teresa so stark, dass sie fast die zwei Tassen fallen ließ, die sie auf den Tisch abstellen wollte.
„Meine Herren! Ich muss Sie doch sehr bitten!“ sagte Teresa und versuchte, höflich zu den Gästen zu bleiben.
„Warum denn so schüchtern?“ fragte der Jüngere der beiden, und alle im Raum merkten, dass er weit davon entfernt war, nüchtern zu sein, „nur weil ich dir mal in den Po kneife, heißt das doch noch lange nichts.“
Als er das so betonte, kniff er ihr ein weiteres Mal in den Po, und Teresa quiekte erneut erschrocken auf, doch dieses Mal war es meinem Vater zu viel. Er legte sein Besteck zur Seite, stand mit einem Ruck auf, drehte sich zu den beiden Uniformierten und wirkte schon, als er sich den beiden nur zuwandte, von imposanter Statur.
„Meine Herren!“ sagte er mit einer bestimmten, aber keineswegs Streit suchenden Stimme. „Ich denke, dass es an der Zeit ist, sich bei Mrs. Comyn zu entschuldigen und sie ihre Arbeit machen zu lassen. Sie tragen immerhin eine Uniform! Ich trage meine Uniform normalerweise im Dienst. Daher erwarte ich von Ihnen – von Ihnen beiden – dass Sie sich so benehmen, wie Sie sich auch in Ihrer Einheit benehmen würden. Wenn Sie Ihrem Vorgesetzten in den Po kneifen würden – was meinen Sie, was dann passiert?“
Die beiden machten eine abfällige Bewegung, die andeutete, dass ihnen in einem solchen Fall nichts Gutes drohen würde, wirkten aber nicht so, als wäre die Ansage meines Vaters bei ihnen angekommen.
„Wenn Sie beide nicht möchten, dass ich dafür sorgen, dass Sie vor die Tür gesetzt werden, ohne etwas gegessen zu haben, dann verlange ich von Ihnen, dass Sie sich genau so verhalten, wie ich und die Armee das von Ihnen erwartet. Und mit dem Alkohol ist heute Abend Schluss!“ verfügte mein Vater, auch in Richtung Teresa, die dankend nickte.
Während die beiden von der klaren Ansprache eingeschüchtert wirkten und bei Teresa ein einfaches Abendessen mit Tee bestellten, verhielten sie sich in der Folgezeit vorbildlich und schienen Vernunft angenommen zu haben. Obwohl ihre Manieren nun einwandfrei waren, vermochte ich es, immer mal wieder zwischendurch Fetzen von ihren Gesprächen aufzunehmen, sodass ich in der Pause zwischen Hauptgang und Dessert erfuhr, dass der eine bereits Offizier war, während der andere sich gerade erst freiwillig gemeldet hatte, um die Offizierslaufbahn einzuschlagen.
Der ältere von beiden erzählte gerade eine spannende Geschichte aus einem seiner Gefechte, die er auf einem fremden und exotisch anmutenden Kontinent für England und die Krone gefochten hatte, als eine weitere Person den Raum betrat, die ich bisher noch nicht kannte. Da sich jedoch außer Patrick und Elle niemand nach der alten Frau umdrehte, die auf ihrem Gehstock gestützt zu einem einzeln stehenden Tisch am Eingang zum Speisesaal ging, war mir sonnenklar, dass es sich um einen Gast handelte, der bereits länger in diesem Hotel sein musste.
Sofort kam Teresa herbeigelaufen, nahm die Wünsche der alten Dame auf, brachte ihr auch sogleich einen heißen, dampfenden Tee, in den die alte Dame zwei Löffel Zucker hineintat und solange rührte, dass ich beinahe glaubte, sie wolle den Tee kalt rühren. Dabei schaute sie sich im Raum um, entdeckte Patrick und Elle und erkannte, dass es sich wohl um neue Gäste handelte. Sie musterte auch meine Familie eindringlich, und insbesondere fing sie immer wieder meine verstohlenen Seitenblicke auf, wie eine Hexe, die genau weiß, wann sie angeschaut wird, selbst wenn der andere sich in ihrem Rücken befindet.
Immer wieder musste ich meinen Blick ertappt abwenden, doch ebenso zog es ihn auch wieder zu der alten Frau hin, die ich mir wunderbar als die Hexe von Eastbourne vorstellen konnte, über die im letzten Sommer so viel in der Presse gestanden hatte. Diese Hexe von Eastbourne musste auch eine alte Dame gewesen sein, die Menschen in den Wahnsinn getrieben hatte. Lange Zeit war sie von der Polizei nicht verdächtigt wurde, da sich kein Polizist vorstellen konnte, dass diese schrullige und zum großen Teil verwirrte Frau überhaupt solche Verbrechen begehen
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