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Ein Mord den jeder begeht

Ein Mord den jeder begeht

Titel: Ein Mord den jeder begeht Kostenlos Bücher Online Lesen
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irgendmehr zu verbergen, »im Gegenteile! Salzburg ist einer der heitersten, der schönsten Punkte Europas! Haben Sie denn noch nie eine Ansicht von Salzburg gesehen?!«
    »Ja, selbstverständlich, gnädige Frau, es ist nur solch ein Vorurteil bei mir . . .«, und in einer Art kühner Verzweiflung nahm er jetzt die Führung an sich und wechselte seinerseits das Thema, hinüber auf das frühere Geleise, um nur aus dieser Gletschermühle des Gesprächs herauszukommen, worin herumgedreht er nahe daran war, lächerlich zu werden.
    Sie ging auf sein Bestreben ohne weiteres ein und fuhr in der Schilderung der örtlichen Gesellschaft und ihrer näheren Umstände fort, nicht ohne zu erwähnen, daß sie selbst und ihr Gatte – »leider sind wir ja kinderlos« – sich alle beide das Leben nicht vorstellen könnten ohne ein offenes und fröhliches Haus. Und am Ende setzte sie hinzu:
    »Im übrigen steht uns eine ganz außerordentliche Bereicherung des geselligen Lebens bevor, dadurch nämlich, daß mein Schwager Robert, der jüngere Bruder meines Mannes, hierher als Präsident ans Landgericht versetzt werden dürfte und übers Jahr mit seiner Familie in unsere Stadt übersiedeln wird. Die Veiks, die sind ja alle die richtigen Rheinländer, und Robert Veik schon gar: da geht’s oft zu wie in einem Bienenstock. Er hatte zwei Töchter, jetzt allerdings ist es nur mehr eine, ein sehr liebes Mädchen.«
    »Hatte Ihr Gatte nicht auch einen älteren Bruder, der verstorben ist?« fragte Castiletz.
    »Ja, Max Veik. Er starb vor vier Jahren. Er hat durch mehr als zwanzig Jahre die Gurtweberei geleitet, wo jetzt der alte Eisenmann sitzt. Den werden Sie ja kennenlernen, und man kann sagen, es ist der Mühe wert, ihn kennenzulernen.«
    17
    Zehn Minuten vor vier Uhr stieg Conrad aus der Linie 3 der Straßenbahn, orientierte sich nochmals am Stadtplan, stellte fest, daß alles in Ordnung sei, und schritt langsam die Hans-Hayde-Straße, die leicht bergan führte, hinauf bis Nummer 5.
    Er ging an dem Hause vorbei, da es noch zu frühe war (acht vor vier), und betrachtete unauffällig das braungetönte vierstöckige Gebäude, das hinter einen Vorgarten ziemlich weit zurücktrat und in der einspringenden Mitte eine breite Torfahrt aufwies, durch welche man auf einen Hof sehen konnte. Weiter hinauf die Straße öffnete sich links ein Park (planmäßig), im bunten und jetzt aufleuchtenden Herbstlaub, da die Sonne durch eine von Wolken unverhüllte blaue Pforte des Himmels brach. Er sah wieder in den Plan, wollte die Straße kreuzen, gerade auf eine Birke zu, die mit stark verfärbtem Laube an der Ecke des Parkes stand, unmittelbar neben dem Asphalt des Bürgersteiges – Conrad sprang zurück: von der hier neben dem Park einmündenden schmalen Seitenstraße her kam ein riesiger, grell gelbgestrichener Lastkraftwagen, ein Tankwagen, wie dann zu sehen war, fast lautlos, aber schnell auf ihn zugerollt. Nun hupte der Fahrer. Conrad faltete den Plan zusammen und sammelte sich dabei, nach dem leichten Erschrecken. Er schritt in den Park, der sauber und gänzlich leer war, mit weißen Papierkörben und einem sehr schönen räumigen Durchblick über weite Rasenflächen, die an ihren Rändern überall gelb und weiß gefleckt lagen vom gefallenen Birkenlaube. In der Ferne zackten einige Giebel villenartiger Häuser. Eben konnte Conrad noch feststellen, daß die Linie 3 der Straßenbahn nahe am Park mit einer Biegung einschwenkte, und daß es an dieser Stelle Haltepunkte für beide Richtungen gab. Er hätte früher aussteigen und die wenigen Schritte bergab tun können. Conrad beschloß, morgen hier auf den Straßenbahnzug zu warten, statt unten; und nachdem dies also auch überblickt war, wurde es Zeit umzukehren (zwei vor vier).
    In diesem Hause mit seinem warmen braunen Ton nach außen, Hans-Hayde-Straße Nummer 5, war inwärts alles weiß lackiert, wenigstens bis zum ersten Geschoß, welches Herr von Hohenlocher bewohnte. Drei weiße Türen gab es auf dem Flur, wo eine absolute Stille zu herrschen schien – jetzt hörte jedoch Castiletz ein peitschendes Geräusch von irgendwo, einen Knall, aber schwach und gedämpft, hinter den Türen. Diejenige, welche links am Ende des Flurs lag, trug einen leeren Metallrahmen für Namensschild oder Karte, die mittlere, im einspringenden Teil, nichts – sie war auch ohne Klinke – und hier, rechter Hand, stand auf einer glatten Messingplatte: Hohenlocher. Conrad klingelte. Drinnen knallte es wieder.
    Der weiße

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