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Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)

Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)

Titel: Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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dass ihr Gesicht in Wirklichkeit eine Maske aus Pappmaschee war, weiß bemalt oder gekalkt zu einer matten Einheitlichkeit, die nur durchbrochen wurde von zwei Löchern für die Augen. Diese Augenlöcher waren eingerahmt von etwas, das aussah wie die Ofenschwärze, die Bessie für unseren Küchenherd benutzte. Die Augen hinter den Löchern brannten voller Hass, während sie mich unverwandt fixierten.
    Ich wusste, dass ich in großer Gefahr war und dass das Phantom mich töten wollte. Doch im gleichen Moment war meine abergläubische Furcht vor diesem scheinbaren Monster nahezu verflogen. Gleichgültig, wie groß die Bedrohung auch sein mochte, es war ein Mensch und kein Gespenst. Es verfügte nicht über übernatürliche Kräfte. Es war eine lebendige Person, verkleidet in ein amateurhaftes Kostüm. Wo ich herkam, fertigten Kinder an Halloween derartige Masken an und gingen von Haus zu Haus, wo sie »Süßes – oder es gibt Saures!« forderten und den Bewohnern auf diese Weise Süßigkeiten abnötigten.
    »Du magst den Straßenmädchen Angst einjagen und sie glauben machen, du wärst das Phantom aus der Themse«, sagte ich zu ihm, »aber mich beeindruckst du nicht, wer auch immer du bist unter deiner Maske. Du siehst einfach lächerlich aus.«
    Bei diesen Worten stieß es ein lautes Kreischen aus und sprang mich an, ein wild gewordenes Etwas aus Wut und Hass. Diese beiden Emotionen hatten allem Anschein nach jede Spur von Vernunft ausgeschaltet und verliehen ihm übermenschliche Kräfte. Das kleine Messer wurde mir aus der Hand geschlagen. Die Kreatur hatte mich gepackt und versuchte nun, die Hände um meine Kehle zu legen. Ich rang mit ihr, und wir gingen beide zu Boden.
    Keines der Straßenmädchen hatte sich je zur Wehr gesetzt, und die Kreatur hatte nicht damit gerechnet, kämpfen zu müssen. Wir wurden beide behindert. Ich durch meine Röcke, das Ding durch sein voluminöses Leichentuch und die Maske über dem Kopf, und deswegen waren wir nahezu ebenbürtig. Ansonsten hätte es wohl meinen Hals zu packen bekommen. Ich wusste, dass ich es nicht so weit kommen lassen durfte, sonst würde ich bald das Bewusstsein verlieren, und es konnte mich nach Belieben erwürgen. Die ganze Zeit über schien es stärker und stärker zu werden, während es ächzte und fauchte, und ich weiß wirklich nicht, wie es ausgegangen wäre.
    Doch plötzlich entstand hinter uns ein neuer Tumult, und mit einem Mal lockerte sich der Griff der Kreatur. Ich war imstande, ihre Hände beiseitezuschlagen. Die Kreatur ruckte nach hinten, weg von mir, und ich hatte wieder Platz. Ich nutzte die Gelegenheit, um auf allen vieren wegzukrabbeln. Zu meiner Verblüffung wurde ich nicht verfolgt. Aus unerfindlichen Gründen hatten sich weitere Gestalten in den Kampf gestürzt, und das Schlachtfeld hatte sich von mir weg verlagert. Ich hörte einen Schrei, der weder von mir noch von der Kreatur stammte. Ich rang schluchzend nach Atem, während ich mir die Haare aus dem Gesicht strich. Als ich sie wieder festgesteckt hatte und sehen konnte, bot sich mir ein bemerkenswerter Anblick.
    Das Phantom lag auf dem Rücken am Boden. Bessie und Daisy Smith waren aus dem Nichts erschienen und schlugen erbarmungslos mit den Fäusten auf die Kreatur ein.
    »Du wirst meiner Missus nichts tun!«, kreischte Bessie.
    »Du hast die arme Clarrie umgebracht!«, bellte Daisy in einem Ton, der jedem Fischweib zur Ehre gereicht hätte.
    Die unglückselige Kreatur versuchte sich gegen die beiden Frauen zu wehren, doch sie hatte keine Chance gegen die rachedurstigen Furien. Die beiden sahen aus, als wollten sie das Phantom in Stücke reißen. Die Maske hatte sich gelockert und war zur Seite verrutscht, sodass die Augenlöcher nicht länger über den Augen waren und die Kreatur blind war. Sie schlug und trat wild mit Händen und Füßen um sich, doch sie konnte ihre Angreifer nicht mehr sehen und traf die meiste Zeit nichts als Luft.
    Als ich ein kleines Mädchen gewesen war, hatte mein Vater mir eine Schildkröte mitgebracht von einem Mann, der beim Markttag in unserer Gemeinde erschienen war und rasch eine neugierige Menge um sich herum versammelt hatte, die seine exotischen Tiere bewunderte. Meine Schildkröte war ein abenteuerlustiges kleines Ding gewesen, das über sämtliche Hindernisse gekrabbelt und immer wieder hilflos mit den Beinen rudernd auf dem Rücken gelandet war. Genauso sah das Phantom jetzt aus, außerstande, sich selbst aufzurichten. Das Leichentuch hatte sich

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