Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
rundheraus.
»Das ist eine sehr private Angelegenheit …«, begann er kleinlaut, doch dann seufzte er und ging eine zweite Kladde holen. »Hier«, sagte er.
Ich sah auf den Eintrag über seinem Finger.
»Das ist ein sehr hoher Betrag«, sagte ich, als ich wieder Luft bekam.
»Es war ein sehr kostbares Gemälde«, sagte Angelis mit einem dumpfen Grollen. »Und sie hat es durch ein Allerweltsbild von einem Niemand ersetzt!«
Ich saß für einen Moment da, während ich die Bedeutung des soeben Erfahrenen verdaute. »Sie sagten, Mrs. Scott hätte keine finanziellen Probleme«, bemerkte ich zu guter Letzt.
»Ich sagte, dass ich nicht wüsste, wie es um die finanzielle Situation der Lady bestellt ist«, korrigierte er mich behutsam. »Doch selbst wenn eine Person in gesicherten Umständen lebt, könnte es sein, dass sie eine zusätzliche Summe Geldes für eine besondere Sache benötigt. Etwas, sagen wir, von dem sie nicht möchte, dass ihre üblichen Berater davon erfahren.«
»Und Sie glauben, das ist es, was Mrs. Scott vorschwebte, als sie das teure Bild verkauft und gegen ein billigeres ausgetauscht hat?«
»Ich hatte diesen Eindruck. Wie gesagt, es ist nur ein Eindruck. Ich kann Ihnen nicht mehr dazu sagen. Vielleicht irre ich mich auch.«
Nein, dachte ich. Nein, du hast dich nicht geirrt, darauf wette ich ein ganzes Monatsgehalt – und ich schätze, ich weiß auch, wohin das ganze Geld gegangen ist.
»Darf ich fragen …«, begann ich, und Angelis sah mich misstrauisch an. »Darf ich fragen, ob Sie Mrs. Scott je privat in ihrem Haus in Clapham besucht haben? Sie veranstaltet meines Wissens regelmäßige Soireen.«
»Niemals, Inspector«, sagte Angelis kühl. »Haben Sie noch weitere Fragen? Ich würde gerne die Galerie für heute schließen und Gray nach Hause schicken.«
Ich bedankte mich und verließ hochzufrieden die Galerie. Jetzt wusste ich, welche Frage ich Signor Tedeschi am nächsten Tag stellen würde.
Pünktlich um elf am nächsten Morgen traf ich vor der Burlington Arcade ein. Harry Barnes hatte Dienst und begrüßte mich mit meinem Namen. Er gehörte zu jener Sorte von Angestellten, die sich die Namen sämtlicher Stammkunden merkten – und den eines Inspectors der Londoner Polizei sowieso, sollte so jemand auftauchen. Falls Mrs. Benedict ihn an jenem schicksalhaften Samstagnachmittag gebeten hatte, ihr eine Kutsche zu rufen, so hätte sich Barnes ohne Zweifel auch an sie erinnert. Umso sicherer war ich mir, dass sie ihn niemals angesprochen hatte.
Tedeschi erwartete mich in seinem privaten Raum, einem winzigen Zimmer über dem Laden. Der Juwelier war ein großer, schwerer Mann, der aussah, als passte er überhaupt nicht in das Zimmer. Wo Angelis elegant und sportlich dahergekommen war, erschien Tedeschi einfach nur fett, mit lockigen, ergrauten Haaren und scharf blickenden, tief liegenden Augen. Er versuchte nicht, sich aus dem Sessel zu erheben, in den er sich geklemmt hatte. Vielleicht wäre es eine unansehnliche Aktion gewesen, und er wollte nicht, dass ich seine Mühen beobachtete. Stattdessen winkte er mir mit fleischiger Hand zu, in dem zweiten Sessel Platz zu nehmen. Ich setzte mich.
»Man hat mich informiert, dass Sie heute kommen würden«, begann er. »Ich habe bereits mit einem gewissen Sergeant Morris gesprochen.«
»Das ist richtig, Sir, doch unsere Ermittlungen sind seit diesem Gespräch ein wenig fortgeschritten.«
Tedeschi stieß leise schnaufend den Atem aus. Es klang, als leide er unter Asthma. Doch er sagte nichts, sondern wartete darauf, dass ich fortfuhr.
»Mrs. Benedict kam vergangenen Samstagnachmittag mit ihrer Gesellschafterin zu Ihnen, dem Nachmittag des starken Nebels. Sie hat eine Brosche vorbeigebracht.«
»Das ist richtig«, stimmte er mir zu.
»Haben Sie besagte Brosche noch?«
»Ich habe sie noch.«
»Dürfte ich sie sehen?«
Als Antwort griff Tedeschi nach einer Klingelschnur. Im unteren Stockwerk vernahm ich eine Glocke, und dann näherten sich Schritte über die Wendeltreppe. Ein Verkäufer in mittlerem Alter erschien.
»Sie wünschen, Signor Tedeschi?«
»Öffnen Sie den Safe«, verlangte der Juwelier.
Der Angestellte trat zu einem massiven Safe in der Ecke des Zimmers und öffnete ihn wie gebeten. Dann kniete er davor nieder und drehte den Kopf zu seinem Arbeitgeber um.
»Die Brosche von Mrs. Benedict«, verlangte Tedeschi.
Der Mann nahm eine recht abgenutzte blaue Samtschatulle hervor und stellte sie ehrerbietig vor den
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