Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
lassen.
»Kopf hoch, Morris!«, ermahnte ich ihn. »Wir finden den Übeltäter.«
»Ich finde ja nicht einmal diesen Butler, Seymour«, grollte Morris. »Er scheint wie vom Erdboden verschluckt. Ich war in sämtlichen Londoner Vermittlungsagenturen für Hauspersonal. Ich glaube, ich kenne inzwischen die Wirkungsstätte von so ungefähr jedem Butler im gesamten Land, mit Ausnahme von Mortimer Seymour.«
»Ah«, sagte ich. »Vielleicht kann ich Ihnen ein Stück weiterhelfen.« Ich reichte ihm das Blatt, auf dem Benedict eigenhändig Namen und Anschrift der Agentur vermerkt hatte, die ihm ursprünglich Miss Marchwood vermittelt hatte. »Sie liegt etwas außerhalb von London, wie Sie bemerken werden, in Northwood. Falls er dort wegen einer Gesellschafterin angefragt hat, dann vielleicht auch deshalb, weil sie ihm zuvor bereits den Butler vermittelt hatten und er mit Mortimer Seymour sehr zufrieden war. So zufrieden, dass er, als der Butler seinen Haushalt verließ, vor Wut an die Decke gegangen ist. Vielleicht versuchen Sie es dort. Und noch etwas – finden Sie heraus, ob diese Agentur in ihren Unterlagen vermerkt hat, wer die nächsten Verwandten von Isabella sind. Sie müssen Unterlagen über all das Personal besitzen, das sie an das Establishment vermitteln.«
Morris nahm das Blatt und stieß einen Seufzer aus. »Wahrscheinlich kommt wieder nichts dabei heraus – genau wie bei all den anderen Agenturen, die ich im Lauf der Woche besucht habe«, sagte er.
Nach Morris’ düsterer Einschätzung unserer Situation war es eine Erleichterung, dass Lizzie und Bessie die schlechten Nachrichten einigermaßen gefasst aufnahmen, als ich sie den beiden am Abend überbrachte. Bessie zeigte, wie ich leider gestehen muss, sogar eine gewisse Aufregung, die mich an die neugierigen Gaffer im Bahnhof von Waterloo erinnerte.
»Was für eine schreckliche Geschichte! Die arme Miss Marchwood! In einem Zug, außerdem! Man stelle sich bloß vor! Meine Güte …!« Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung.
Lizzie wurde ein wenig blasser. »Das ist ja furchtbar«, sagte sie leise. »Ich hatte solche Sorge um sie.« Sie zögerte. »Ich frage mich …«
»Ja?«, ermunterte ich sie.
»Ich habe mir schon am Sonntagabend Sorgen um ihre Sicherheit gemacht, weil sie vorhatte, vom Versammlungssaal aus allein und zu Fuß zum Bahnhof zu laufen, nach Einbruch der Dunkelheit. Sicher, die Straßen von London sind hell erleuchtet, aber sonntags sind nicht so viele Menschen unterwegs. Ich wundere mich nur, dass man sie nicht schon auf dem Weg zum Bahnhof verfolgt und unterwegs angegriffen hat. Insbesondere, wenn es das Phant…« Sie brach mit einem Seitenblick auf Bessie ab. »Doch niemand hat sie angegriffen«, fuhr sie nach kurzem Zögern fort. »Schließt das nicht jeden aus, der am Sonntagnachmittag im Saal war?«
»Sie hat ein paar Minuten draußen vor dem Saal mit dir gesprochen«, erinnerte ich sie. »Falls irgendjemand ihr gefolgt ist und euch beobachtet hat, so wurde er vielleicht verschreckt. Er hätte außerdem in seinem Versteck warten müssen, bis du und Bessie außer Sicht gewesen wärt, bevor er sich an die Verfolgung machen konnte. Und bis dahin hätte Miss Marchwood bereits einen beträchtlichen Vorsprung gehabt. Abgesehen davon herrscht in der Umgebung von Bahnhöfen meistens mehr Betrieb, und viele Leute sind unterwegs. Es war möglicherweise nicht so einfach, wie du glaubst.«
Lizzie schien nicht überzeugt. »Ich wünschte nur, ich wüsste, was Isabella Marchwood und Fawcett zu besprechen hatten.«
»Ich kann es mir ungefähr denken. Aber ich muss ganz sicher sein.« Ich warf ebenfalls einen bedeutungsvollen Blick auf die uns aufmerksam lauschende Bessie.
Fawcett und Miss Marchwood hatten wahrscheinlich über das Geld gesprochen, das Allegra Benedict dem Mann gegeben hatte. Er würde nicht gewollt haben, dass es bekannt wurde. Er würde versucht haben, Miss Marchwood das Versprechen abzunehmen, mit niemandem darüber zu reden. Sie hatte ihr Wort gehalten. Der Mörder hatte dafür gesorgt.
»Ich denke, was für ein gewaltiger Schock es für Mrs. Scott sein muss«, sagte meine Frau in diesem Moment langsam. »Sie und Miss Marchwood waren sehr engagiert bei der Durchführung der Temperenzveranstaltungen. Ich möchte eigentlich nicht, dass sie völlig unvorbereitet in der Zeitung davon liest. Ich könnte sie gleich morgen früh besuchen, bevor sie eine Gelegenheit hat, die Zeitung zu lesen, und ihr die Nachricht
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