Ein Mord wird angekündigt
stand, als sie schlug. Ach, das war ungeheuer aufregend. Man war so neugierig, ob irgendetwas geschehen würde.«
»Hat Ihnen die Laterne direkt in die Augen geleuchtet?«
»Ja, ich war völlig geblendet, ich konnte nichts sehen.«
»Und wo waren Sie, Mr Swettenham?«
»Ich sprach mit Julia Simmons. Wir standen mitten im Zimmer … im größeren Raum.«
»Befanden sich alle Anwesenden in diesem Raum oder waren welche im Nebenzimmer?«
»Ich glaube, dass Mrs Haymes dorthin gegangen war; soweit ich mich erinnere, stand sie da am Kamin und suchte etwas.«
»Glauben Sie, dass der dritte Schuss versehentlich oder in selbstmörderischer Absicht abgegeben wurde?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Mir wurde gesagt, dass Sie die Tür des Esszimmers aufgeschlossen und die Köchin herausgelassen haben.«
»Ja.«
»Und Sie sind ganz sicher, dass die Tür von außen ve r schlossen war?«
Edmund blickte den Inspektor erstaunt an.
»Aber ja, ganz sicher … Sie glauben doch nicht etwa … «
»Ich will nur die Tatsachen klarstellen. Danke sehr, Mr Swettenham.«
Bei Colonel Easterbrook und Frau verweilte der Inspe k tor länger, da er einen ganzen Vortrag über sich e r gehen lassen musste.
»Heutzutage kann man solch einen Fall nur vom ps y chologischen Gesichtspunkt aus betrachten«, erklärte ihm der Colonel. »Man muss die Psyche des Verbrechers b e greifen. Also dieser Fall hier ist für einen Menschen mit meiner Erfahrung sonnenklar. Warum hat der Kerl die Anzeige aufgegeben? Psychologie! Er will die Aufmer k samkeit auf sich lenken. Er war vielleicht als Ausländer von den andern Angestellten im Hotel von oben herab behandelt worden. Ein Mädchen hat ihn vielleicht abg e wiesen. Er will nun ihre Aufmerksamkeit erwecken. Wer ist heutzutage der ideale Kinoheld? Der Gangster, der tolle Kerl! Also gut, er will ein toller Kerl sein. Er macht einen Raubüberfall, mit Maske, mit Revolver. Aber er will auch Publikum haben … er braucht Publikum. Und so verschafft er sich dieses Publikum durch eine Zeitung s annonce. Aber dann, auf dem Höhepunkt, vergisst er sich … er ist nicht nur ein Einbrecher, er wird zum Mö r der! Er schießt blindlings drauflos … «
Froh ob dieses Stichworts unterbrach ihn der Inspe k tor:
»Sie sagten ›blindlings‹, Colonel Easterbrook. Sie gla u ben nicht, dass er auf jemand Bestimmten schoss … sagen wir auf Miss Blacklock?«
»Kein Gedanke! Wie ich sagte: ›blindlings‹! Und dann kam er wieder zu sich. Die Kugel hatte getroffen … dass es nur ein Kratzer war, wusste er ja nicht. Urplötzlich kommt er wieder zu sich. All das, was er sich selbst vo r gemacht hatte … das ist auf einmal Wirklichkeit! Er hat auf einen Menschen geschossen … hat vielleicht einen Me n schen getötet … Nun verliert er völlig den Kopf und ric h tet in Panik den Revolver gegen sich selbst.«
»Es ist wirklich wunderbar«, flötete Mrs Easterbrook voll Bewunderung, »wie genau du weißt, was geschehen ist, Archie.«
»Wo waren Sie, als die Schüsse fielen, Colonel?«
»Ich stand mit meiner Frau mitten im Zimmer neben einem Tisch, auf dem Blumen standen.«
»Und ich habe dich am Arm gepackt, Archie, als die Schießerei losging. Ich war ja zu Tode erschrocken, ich musste mich an dir festhalten.«
»Armes Häschen!«, sagte der Colonel zärtlich und gö n nerhaft.
Der Inspektor stöberte Miss Hinchliffe beim Schwein e stall auf.
»Was wollen Sie denn noch von mir wissen?«, fragte sie und kraulte dabei den rosigen Rücken eines Ferkels. »Ich habe doch Ihren Leuten schon gestern Abend erklärt, dass ich keine Ahnung habe, wer der Kerl war.«
»Wo waren Sie, als der Überfall stattfand?«
»Ich lehnte am Kamin und hoffte zu Gott, dass man mir bald etwas zu trinken anbieten würde«, antwortete sie prompt.
»Glauben Sie, dass die Schüsse blindlings abgegeben wurden oder dass auf eine bestimmte Person gezielt wu r de?«
»Sie meinen auf Letty Blacklock? Woher soll ich das wissen? Ich weiß nur, dass das Licht ausging, dass uns eine Laterne blendete, dann wurden Schüsse abgegeben, und ich dachte: ›Wenn dieser Lausejunge Patrick Si m mons seine Witze mit einem geladenen Revolver macht, wird noch jemand etwas abbekommen.‹«
»Sie glaubten, es sei Patrick Simmons?«
»Patrick hat nichts als Unsinn im Kopf. Aber diesmal hab ich ihm Unrecht getan.«
»Glaubte auch Ihre Freundin, dass es Patrick gewesen sei?«
»Amy? Da fragen Sie sie am besten selbst.«
Miss, Hinchliffe ließ ihre
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