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Ein Mord wird angekündigt

Ein Mord wird angekündigt

Titel: Ein Mord wird angekündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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seine Zeit rauben.«
    Völlig senil!, dachte Craddock.
    »Wir wollen in das Privatbüro des Direktors gehen«, schlug Rydesdale vor. »Dort können wir ungestört r e den.«
    Nachdem sie Platz genommen hatten, sagte Rydesdale: »Also, Miss Marple, dann erzählen Sie doch mal bitte.«
    Überraschend prägnant kam sie nun gleich zur Sache.
    »Es war ein Scheck«, erklärte sie. »Er hat ihn gefälscht.«
    »Er?«
    »Der junge Mann im Empfangsbüro, von dem man glaubt, er habe diesen Überfall inszeniert und sich dann erschossen.«
    »Er hat einen Scheck gefälscht, sagen Sie?«
    Miss Marple nickte. »Ja, ich habe ihn bei mir.«
    Sie zog einen Scheck aus ihrer Handtasche und legte ihn auf den Tisch.
    »Heute Morgen schickte ihn mir meine Bank. Wenn Sie genau hinsehen, können Sie sehen, dass er ursprünglich auf sieben Pfund ausgestellt war und dann in siebzehn Pfund abgeändert wurde. Es ist sehr geschickt gemacht, er scheint Übung gehabt zu haben. Er konnte die gleiche Tinte benutzen, weil ich den Scheck in seinem Büro au s stellte. Ich glaube, so etwas hat er schon häufig gemacht, meinen Sie nicht auch?«
    »Diesmal ist er allerdings an die Falsche geraten«, b e merkte Sir Henry.
    Miss Marple nickte zustimmend.
    »Ja. Ich fürchte, mit seinen kriminellen Erfahrungen war es nicht weit her. Ich war jedenfalls genau die falsche Person. Eine geschäftige, junge verheiratete Frau oder ein verliebtes Mädchen – die schreiben alle möglichen Schecks über alle möglichen Summen aus und wissen oft nicht mehr, wann sie wofür wie viel bezahlt haben. Aber eine alte Frau, die mit jedem Penny rechnen muss und die vor allem ganz bestimmte feste Gewohnheiten hat – die ist genau das falsche Opfer. Siebzehn Pfund! Über eine solche Summe würde ich nie einen Scheck ausschreiben. Zwanzig Pfund, eine runde Summe, für monatliche Lö h ne oder sonstige fixe Ausgaben. Und für meine persönl i chen Dinge hebe ich immer sieben Pfund ab – früher w a ren es fünf, aber es ist alles so teuer geworden.«
    »Und ganz bestimmt hat er Sie an irgendjemanden eri n nert?«, ahnte Sir Henry, sie misstrauisch und amüsiert zugleich musternd.
    Miss Marple lächelte und schüttelte leise den Kopf.
    »Sie sind sehr ungezogen, Sir Henry. Aber es stimmt. Er hat mich an jemanden erinnert – an Fred Tyler aus dem Fischladen. Immer wieder tauchte mal ein Shilling extra auf in den monatlichen Abrechnungen. Da die Leute heutzutage so viel Fisch essen, sind die Rechnungen i m mer ziemlich lang – und so mancher prüft nicht alles ei n zeln nach. Jedes Mal zehn Shilling in die eigene Tasche – nicht viel, aber immerhin genug, um sich mal eine beso n ders schöne Krawatte zu kaufen und Jessie Spragge (das Mädchen aus dem Textilwarenladen) ins Kino einzuladen. Ihren Schnitt machen – das ist es, was diese jungen Bu r schen wollen.
    Nun, gleich in der ersten Woche, die ich hier war, wies meine Rechnung einen Fehler auf. Ich machte den jungen Mann darauf aufmerksam, er entschuldigte sich aufs Hö f lichste und schaute ganz betrübt drein. Doch ich dachte bei mir. ›Du hast einen falschen Blick, junger Mann.‹
    Damit meine ich, dass jemand einem besonders ›au f richtig‹ und ›gerade‹ in die Augen schaut, nicht wegsieht oder blinzelt.«
    »Rudi Schwarz war ein ausgesprochener Gauner«, e r klärte Rydesdale. »In der Schweiz hat er ein langes Vo r strafenregister.«
    »Dort wird ihm der Boden zu heiß geworden sein, nehme ich an, und so kam er, vermutlich mit gefälschten Papieren, hierher«, meinte Miss Marple.
    »So ist es«, bestätigte Rydesdale.
    »Er ist mit der kleinen rothaarigen Kellnerin vom R e staurant herumgezogen«, erklärte Miss Marple. »Aber ich glaube nicht, dass ihr sein Tod sehr nahe geht. Sie wollte nur mal ein bisschen Abwechslung haben, und er brachte ihr oft Blumen und Schokolade mit, was englische Mä n ner ja nicht zu tun pflegen. Hat sie Ihnen alles erzählt, was sie weiß?«, wandte sie sich plötzlich an Craddock. »Oder doch nicht alles?«
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete Craddock vorsichtig.
    »Ich glaube, man kann noch etwas aus ihr herausb e kommen«, fuhr Miss Marple fort. »Sie macht sich offe n sichtlich Sorgen. Heute Morgen brachte sie mir Bücklinge statt Heringe, und sie hatte die Milch vergessen. Bisher war sie eine ausgezeichnete Kellnerin … jawohl, sie ist beunruhigt. Ich glaube, dass sie noch etwas auszusagen hä t te. Aber Sie, Herr Inspektor, werden sie ja leicht dazu bringen, dass sie

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