Ein Mord wird angekündigt
hinterher:
»Martha, sie war nicht dort … «
Der Himmel hatte sich mit tief hängenden schwarzen Wolken überzogen, und während Amy dastand und dem davonrasenden Wagen nachstarrte, fielen die ersten schweren Tropfen.
Aufgeregt lief sie zu einer Wäscheleine, auf der sie vor einigen Stunden zwei Jumper und eine wollene Kombin a tion zum Trocknen aufgehängt hatte. Atemlos murmelte sie vor sich hin:
»Das ist wirklich sehr merkwürdig … Mein Gott, ich werde die Sachen nicht mehr rechtzeitig ins Haus bringen können … Und sie waren schon fast trocken … «
Während sie an einer Wäscheklammer zog, hörte sie Schritte, die sich näherten; sie wandte den Kopf. Dann lächelte sie freundlich und rief. »Guten Abend … Gehen Sie doch gleich ins Haus, Sie werden sonst nass.«
»Darf ich Ihnen helfen?«
»Oh, sehr liebenswürdig … Es wäre so ärgerlich, wenn die Sachen wieder nass würden. Das Beste wäre, wenn ich die Leine einfach herunterließe, aber ich reiche nicht so weit hinauf.«
»Hier ist Ihr Schal. Soll ich ihn Ihnen umlegen?«
»Oh, vielen Dank … ja, bitte … Wenn ich doch nur an diese Klammer käme … «
Der wollene Schal wurde um ihren Hals geschlungen, und dann, plötzlich, fest zugezogen.
Amy öffnete den Mund … nur ein schwaches Gurgeln ertönte. Immer fester wurde der Schal gezogen …
Auf der Rückfahrt vom Bahnhof hielt Miss Hinchliffe in der Hauptstraße an, da sie Miss Marple im Regen einhe r eilen sah, und rief:
»Guten Abend! Sie werden ja ganz nass. Steigen Sie ein, und trinken Sie eine Tasse Tee bei uns. Ich habe Bunch auf den Autobus warten sehen, kein Mensch ist im Pfar r haus. Kommen Sie mit! Amy und ich machen gerade eine Rekonstruktion des Überfalls, und ich glaube, wir haben etwas herausgefunden … Passen Sie auf den Hund auf, er ist ziemlich aufgeregt.«
»Ein wunderschönes Tier!«
»Nicht wahr? Diese Idioten haben ihn seit heute Mo r gen am Bahnhof gelassen, ohne mich zu benachricht i gen.«
Der kleine Wagen fuhr in den Hinterhof des Hauses. Eine Schar hungriger Enten und Hühner umdrängte die beiden Damen, als sie ausstiegen.
»Diese faule Amy!«, rief Martha. »Sie hat ihnen nicht ein einziges Körnchen gegeben.«
Die Hühner fortscheuchend, führte sie Miss Marple ins Haus.
»Hallo … Amy … wo bist du?«, rief sie. »Wo steckt sie nur … ? Amy … ? Wo ist denn der Hund? Der ist jetzt auch verschwunden.«
Ein tiefes, klägliches Heulen ertönte aus dem Garten.
»Zum Teufel!«
Sie stapfte hinaus. Der rote Setter schnüffelte an einer Gestalt, die auf dem Boden unter der Leine lag, an der Wäschestücke im Winde flatterten.
»Amy hatte nicht einmal so viel Verstand, die Wäsche ins Haus zu holen«, knurrte Martha. »Wo steckt sie nur?«
Der Hund reckte den Kopf und stieß wieder ein klägl i ches Heulen aus.
»Was ist denn mit dem Hund los?«
Sie ging über den Rasen.
Besorgt lief Miss Marple hinter ihr drein.
Beide standen nebeneinander, der Regen klatschte i h nen ins Gesicht, die Altere legte den Arm um die Schu l tern der andern.
Sie spürte, wie Martha sich versteifte, während sie auf die Gestalt hinabblickte, die mit verzerrtem Gesicht und heraushängender Zunge dalag.
»Ich werde sie umbringen, wer auch immer es war!«, zischte Martha, »wenn sie mir in die Hände gerät … «
»Sie?«, fragte Miss Marple.
Martha wandte ihr das schmerzverzerrte Gesicht zu.
»Jawohl. Ich bin ihr fast auf der Spur … das heißt, es gibt drei Möglichkeiten.«
Sie blieb noch einen Augenblick stehen und blickte auf ihre tote Freundin, dann ging sie zum Haus. Ihre Stimme klang trocken und hart.
»Wir müssen die Polizei anrufen«, sagte sie. »Inzwischen werde ich es Ihnen erklären. Es ist meine Schuld, dass Amy dort liegt. Ich hatte ein Spiel daraus gemacht … und ein Mord ist kein Spiel … «
»Nein«, sagte Miss Marple, »weiß Gott nicht.«
Martha erstattete am Telefon einen kurzen Bericht und schilderte, nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte, Miss Marple ihr Gespräch mit Amy.
»Sie rief noch etwas hinter mir her, als ich davonfuhr … Daher weiß ich, dass es eine Frau und kein Mann ist … Wenn ich doch nur gewartet, wenn ich ihr doch nur z u gehört hätte! Verdammt noch mal, der Hund hätte auch noch eine Viertelstunde länger auf dem Bahnhof bleiben können … Während Amy sprach, war ein Geräusch am Fenster, ich erinnere mich jetzt. Vielleicht stand sie vor dem Fenster … Natürlich, so muss es gewesen sein … sie
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