Ein Mord wird angekündigt
er nannte sich dann de Courcy.
Ungefähr drei Jahre nach meiner Geburt gingen meine Eltern auseinander, und wir Zwillinge wurden getrennt. Ich wurde Vater zugeteilt. Im Großen und Ganzen war er ein schlechter Vater, aber ein höchst charmanter. Ab und zu wurde ich in eine Klosterschule gesteckt, wenn Vater kein Geld hatte oder wenn er etwas besonders Schlimmes landen wollte. Die erste Rate des Schulgeldes pflegte er zu zahlen, dann überließ er mich für ein, zwei Jahre den Nonnen. Dann gab es wieder Zeiten, da ich mit ihm in der großen Welt herumreiste, und es war recht amüsant.
Durch den Krieg kamen wir völlig auseinander, ich h a be keine Ahnung, was aus ihm geworden ist. Mein Leben war ziemlich abenteuerlich. Eine Zeit lang arbeitete ich für die Resistance, was sehr aufregend war. Aber, um die Geschichte kurz zu machen: Nach dem Krieg landete ich in London und fing an, über meine Zukunft nachzude n ken.
Ich wusste, dass Mutters Bruder, mit dem sie sich ve r kracht hatte, als schwerreicher Mann gestorben war. Ich sah mir sein Testament an, um festzustellen, ob er mir etwas vermacht habe. Das war nicht der Fall, oder richt i ger gesagt, nicht direkt. Dann zog ich Erkundigungen über seine Witwe ein und hörte, dass sie es nicht mehr lange machen würde.
Also, offen gestanden, es sah so aus, als ob du mir die besten Aussichten bieten könntest. Du würdest einen Haufen Geld kriegen, und soweit ich feststellen konnte, schienst du keinen Menschen zu haben, für den du es ausgeben könntest. Ich will ganz offen sein. Ich dachte mir, dich auf freundschaftliche Art kennen zu lernen, und wenn ich dir gefiele …
Alles Geld, das wir je gehabt hatten, ist natürlich im Krieg zum Teufel gegangen. Ich dachte mir, du würdest vielleicht Mitleid mit einem armen Waisenkind haben, das allein in der Welt steht, und mir einen kleinen Zuschuss gewähren.«
»Was du nicht sagst!«, schnaubte Miss Blacklock gri m mig.
»So ist es. Ich hatte ja keine Ahnung von dir … Ich ha t te geplant, auf deine Mitleidsdrüse zu wirken … Und dann, durch einen glücklichen Zufall, lernte ich Patrick kennen, und es stellte sich heraus, dass er dein Neffe ist. Ich fand das eine fabelhafte Chance, machte mich also an Patrick heran, und er fiel erfreulicherweise sofort auf mich he r ein.
Du darfst es Patrick nicht allzu übel nehmen. Er hatte Mitleid mit mir, da ich ganz allein in der Welt stand, und er fand, es wäre wirklich gut für mich, hier als seine Schwester aufzutreten und mich bei dir beliebt zu m a chen.«
»Und er war auch damit einverstanden, dass du der P o lizei eine Lüge nach der andern aufgetischt hast?«
»Sei doch nicht so hart, Letty! Du kannst dir doch de n ken, dass ich mich nach diesem lächerlichen Überfall gar nicht mehr wohlfühlte in meiner Haut. Offensichtlich hatte ich doch ein Interesse daran, dich aus der Welt zu schaffen – ich kann dir allerdings mein Wort darauf g e ben, dass ich es nicht versucht habe. Aber du kannst doch nicht von mir erwarten, dass ich mich freiwillig bei der Polizei in Verdacht bringe. Selbst Patrick äußerte von Zeit zu Zeit böse Gedanken gegen mich, und wenn sogar er so etwas denken konnte, was sollte da erst die Polizei denken? Dieser Inspektor kam mir besonders skeptisch vor. Also ich fand, dass mir nichts anderes übrig bliebe, als weiterhin Julia zu spielen und mich bei der erstbesten Gelegenheit aus dem Staub zu machen.
Ich konnte ja nicht wissen, dass die verrückte Julia, die richtige Julia, Krach mit ihrem Direktor bekommen und die Truppe verlassen würde. Sie schreibt Patrick und fragt, ob sie herkommen könnte, und statt dass er ihr antwortet ›Um Gottes willen, bleib fort!‹, vergisst er es.«
Sie warf Patrick einen wütenden Blick zu.
»Dieser Idiot!«
Wieder stieß sie einen tiefen Seufzer aus.
»Du weißt gar nicht, was ich alles in Milchester ang e stellt habe, um die Zeit totzuschlagen. Natürlich bin ich nie im Krankenhaus gewesen, aber irgendwo musste ich schließlich bleiben. Und so habe ich Stunden im Kino gesessen und mir wieder und wieder die blödesten Filme angeschaut.«
»Pip und Emma!«, murmelte Miss Blacklock. »Trotz a l lem habe ich nie geglaubt, dass sie wirklich existieren … «
Prüfend betrachtete sie Julia.
»Du bist also Emma. Wo ist Pip?«
Julia hielt ihrem Blick stand und antwortete:
»Ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung.«
»Ich glaube, du lügst, Julia. Wann hast du ihn zum let z ten Mal gesehen?«
Julia schien
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