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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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dicken Brocken gratulieren, mein Junge. Mach so weiter!«
    »Ich werde mich bemühen, Onkel Paul«, sagte Werner, »aber den Scheck überlasse ich dir. Fünfzehn Mille davon ziehst du dir zur Tilgung meines Schuldenkontos ab. Den Rest kannst du gelegentlich auf mein Konto überweisen lassen. Ich glaube, jetzt kann ich meinen alten VW mit ruhigem Gewissen abstoßen und mir einen neuen Wagen leisten.«
    »Kannst du nicht nur, sondern mußt du! Wer dich in der alten Karre sieht, denkt, du pfeifst auf dem letzten Loch.«
    »Ach, Wernerchen, ich bin ja so froh«, seufzte Tante Hedi und tätschelte Werners Arm, »und was meinst du, wie stolz und glücklich deine Hannelore sein wird, wenn sie die guten Nachrichten erfährt. Hast du sie schon angerufen?«
    Werner Golling warf einen Blick auf die Uhr: »Noch nicht — ich habe den Scheck ja erst vor zwei Stunden bekommen. Jetzt muß ich aber schleunigst in die Praxis, und von dort aus werde ich sie anläuten.«
    Paul Berwanger steckte das kostbare Papier in seine Brieftasche: »Es hätte mir nicht geeilt, Werner, aber Schulden los zu sein ist auch ein schönes Gefühl. Und nun lauf schon und laß deine Patienten nicht warten.«
    Als Werner Golling eine halbe Stunde später den Vorraum betrat, in dem es rechts in die Kanzlei von Dr. Seehuber und links in seine Praxis ging, kam ihm Monika, Dr. Seehubers Bürolehrling, entgegengestürzt.
    »Herr Doktor sind voll!« meldete sie eifrig.
    »Was ist los?« fragte er verblüfft, denn die Verwendung einer Art von Majestätsplural war für Monikas Ausdrucksweise gänzlich ungewöhnlich. Meinte sie ihn oder wollte sie etwa sagen, ihr Chef habe sich aus Verzweiflung über den miserablen Gang seiner Geschäfte bereits am hellen Tag vollauf en lassen...?
    »Die Praxis von Herrn Doktor ist so voll, daß ich aus unserer Kanzlei zwei Stühle zu Herrn Doktor habe hinüberschaffen müssen!«
    »Und du hast nicht alle Tassen im Schrank, wie? Warum redest du so fürchterlich geschwollen daher, Monerl? Das ist doch sonst nicht deine Art...«
    »Wo doch unser Herr Doktor selber gesagt hat, daß Herr Doktor jetzt sozusagen Hofzahnarzt sind...«
    »Nun komm schon auf den Teppich, Monerl«, sagte der Doktor und gab der Kleinen einen Klaps hinten drauf. »Und was die Besucher betrifft, so wird das wohl eine Art Gläubigerversammlung sein. Die Zeitungsnotiz hat die Brüder hellhörig gemacht...«
    »Bestimmt nicht, Herr Doktor, es sind wirklich lauter Patienten!«
    »Jetzt möchte ich es aber genau wissen!« sagte er ungläubig und steckte den Kopf ins Wartezimmer. Was er erblickte, konnte nur eine Halluzination sein. Die Eckbank, sämtliche Stühle und zwei rotgepolsterte Kunststoffsessel aus Alois Seehubers Kanzlei waren von Leuten besetzt, deren Leidensmienen und geschwollenen Wangen keinen Zweifel daran erlaubten, daß es sich wahr und wahrhaftig um Patienten handelte. Zwei Anzeigen in den beiden großen Tageszeitungen hatten in drei Monaten nicht viel mehr Patienten in seine Praxis zu locken vermocht als jetzt die simple Tatsache, daß er einem Ölscheich und Milliardär dazu drei Zähne gezogen hatte und daraufhin auf die Titelseite eines Boulevardblattes gerutscht war. Das also war, um ein schlichtes deutsches Wort zu gebrauchen, jene Publicity, für die andere Leute teuer bezahlte Agenten und Manager in Anspruch nahmen. — Die Frage war nur, wie lange sein billig erworbener Ruhm Vorhalten würde. Die Emire auf dieser Welt waren allzu dünn gesät und noch dünner, wenn sie dazu milliardenschwer waren. Und es war kaum anzunehmen, daß an einem der nächsten Samstagnachmittage Herr Steinrück von neuem in höchster Not anrufen würde, um ihn zu dem von Zahnschmerzen geplagten Präsidenten der Vereinigten Staaten oder zu Herrn Onassis zu rufen. Aber was kümmerte ihn die Zukunft? Nur der Not keinen Schwund lassen! Darauf kam es an. Heute drängten sich die Patienten in seine Praxis, und wenn er ihnen zeigte, daß er sein Handwerk beherrschte, nun, dann mochte die Reklame von Mund zu Mund für ihn und seine Zukunft sorgen. Also nicht lange gefackelt, den Mantel her, die richtige Mischung von ärztlicher Würde und freundlicher Hilfsbereitschaft ins Gesicht, die Tür zum Wartezimmer geöffnet und:
    »Darf ich bitten!«
    Der erste Patient war eine Patientin, Fräulein Helga Schötz, 28, Bankangestellte, Ersatzkasse, zweiter Prämolar rechts unten kariös, Vorbehandlung.
    Dann erschien Herr Künast, 24, Privatkasse, Autounfall, beide oberen

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