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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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amerikanische Stimme.
    Einer der Amerikaner war näher gekommen, mit einem Ausdruck unterwürfiger Entschlossenheit, wie ein Bestattungsunternehmer, der nicht zulassen wird, dass man sich für Kiefer entscheidet.
    »Sir«, sagte er. »Ich versichere Ihnen, dass die Gumbelow-Stiftung sich der Fülle Ihres Werks sehr wohl bewusst ist und dieses auch in seiner Gesamtheit zu würdigen wünscht. Mein Kollege, Mr. Flower, erwähnte den Band
Westminster Bridge
nur aufgrund seines radikalen Appells an den aufmerksamen Leser Ihres reifen Werks. Bände wie
Victory Again
,
Indian Summer
und
A Kiss on the Other Cheek
kennen, und schätzen, wir natürlich ebenso. Es wäre eine schwere Enttäuschung …«
    »Ach, kommen Sie«, unterbrach Fielding ihn ungeduldig. »Sehen wir zu, dass wir’s hinter uns bringen.«
    So gemächlich der Amerikaner in seiner Ausdrucksweise sein mochte, so schnell konnte er sich bewegen, wenn es darauf ankam. Fielding wurde zu einem Lehnstuhl neben einem niedrigen Tisch geführt, auf dem vielleicht fünf, sechs Bücher herumlagen, Exemplare seiner Werke, wie Dalziel annahm. Sie waren etwa so groß und dick wie das Handbuch für Beförderungen im Polizeidienst. Die Fotografin, die auf den Namen Nikki hörte (die Schreibweise manifestierte sich unaufgefordert in Dalziels Kopf), fotografierte wild drauflos, anscheinend ohne sich groß darum zu kümmern, wer ihr vors Objektiv kam. Ihre Kamera musste offenbar genauso wenig nachgeladen werden wie die Gewehre der anständigen Cowboys in den präpsychologischen Western. Das Tonbandgerät war eingeschaltet. Das Negerlein stellte ein Mikrofon auf den Tisch und forderte Fielding auf, ein paar Worte zu sagen.
    »Muss dieses verfluchte Ding da jetzt auch noch im Weg rumstehen?«, fragte der. Er hatte das Mikrofon gemeint, doch einen Augenblick lang sah jeder der Gäste ein wenig betreten drein.
    »Wir hätten diesen Moment gern für die Nachwelt festgehalten«, sagte der zweite Spaghettimann.
    »Wer sind Sie?«
    »Alex Penitent, BBC . Ich werde Sie nach der Verleihung interviewen.«
    »Werden Sie? Na, wir werden sehen.«
    »Meine Herren, meine Herren, können wir beginnen?«, fragte der Amerikaner. »Mr. Flower.«
    »Danke, Mr. Bergmann.«
    Flower setzte sich auf einen harten Stuhl Fielding gegenüber, während Bergmann mit einer Hand in der Jackentasche neben seinem Kollegen stehen blieb. Sie sahen drein, als würden sie dem Alten gleich ein Angebot machen, das er nicht ablehnen konnte.
    »Meine Herren, meine Herren«, wiederholte Bergmann. »Also dann, Mr. Flower.«
    Flower sprach mit der tiefen, vibrierenden Stimme des Reiseberichterstatters.
    »Seit über fünfzig Jahren ist die Gumbelow-Stiftung ständig auf der Suche nach außergewöhnlich verdienstvollen Repräsentanten der Schönen Künste, um ihnen Anerkennung zu zollen. Die Gumbelow-Stiftung verleiht keine jährlichen Preise, denn sie hat sich so hohe Maßstäbe gesetzt, dass in manchen Jahren kein Werk diesen gerecht werden kann. Unter den bisherigen Preisträgern waren …«
    Hier folgte eine Liste von Namen, die für Dalziel so aufschlussreich war wie eine Lesung aus dem Telefonbuch, mit Ausnahme eines britischen Künstlers, dessen Talente sich während einer Gefängnisstrafe entfalteten, die er wegen bewaffneten Raubes abzusitzen hatte. Dalziel kannte ihn nicht wegen seiner Bilder, sondern durch den eher persönlichen Kontakt, der sich ergeben hatte, als er ihm wegen Widerstand gegen seine Festnahme das Knie in den Schritt gerammt hatte. Wenn er richtig verstanden hatte, war noch kein Polizist in den Genuss eines Preisgeldes der Gumbelow-Stiftung gekommen.
    Flower fuhr mit einem historischen Abriss der Stiftung fort, und nach einer Weile stellte Dalziel zu seiner Befriedigung fest, dass auch die meisten anderen Anwesenden langsam so ungeduldig dreinsahen, wie er war. Jemand drückte seinen Arm. Es war Bonnie, die ihn anlächelte und lautlos »Danke« sagte.
    Fielding trieb das Ganze auf die Spitze, indem er sich vom Tisch abwandte und sein leeres Glas in Richtung Tillotson schwenkte, der verständnisvoll nickte, eine Flasche brachte und dabei über das Mikrofonkabel stolperte.
    Als sich die Aufregung wieder gelegt hatte, sah Flower den Tonbändiger fragend an: »Soll ich noch einmal anfangen?«
    »O nein, nein, nein«, rief das Negerlein. »Das können wir zurechtschneiden. O ja.«
    Zum ersten Mal schien Flower sich der allgemeinen Stimmung bewusst zu werden, und als er wieder zu sprechen anhob,

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