Ein nasses Grab
anzündete und sich in dem sanft schaukelnden Kahn entspannte. Wenn die Autopsie bestätigte, dass der Tod durch Ertrinken eingetreten war und die Kopfverletzung mit dem Aufschlag auf den Pfosten übereinstimmte, dann war die Sache erledigt. Wieder eine gerichtliche Untersuchung in Lake House mit dem Ergebnis Tod durch Unfall. Und jedes journalistische Interesse, das dadurch hervorgerufen würde, brächte nur Gratiswerbung für das Restaurant. Wenn es denn eröffnet würde.
Die Chancen dagegen standen momentan enorm gut. Dalziel war kein Geschäftsmann, aber eines schien ihm ziemlich sicher: Wenn sie nicht rechtzeitig eröffneten, wäre der Aufschrei der enttäuschten (und geprellten) Kunden so groß, dass jeder möglicherweise noch vorhandene Hauch von Kreditwürdigkeit restlos verpuffen würde. Seine Entdeckung, dass der Alkohol verschwunden und die Mikrowellengeräte ausgeweidet worden waren, hatte dem Projekt wahrscheinlich den Todesstoß versetzt. Herries Dollars hätten vielleicht noch etwas bewirken können, aber er hatte sich so sehr in seine Gegnerschaft zu dem Unternehmen verrannt, dass es eines weiteren Todesfalles bedurfte, um das Geld lockerzumachen. Wäre es das Gesicht des Alten gewesen, das am vergangenen Abend aus dem Wasser geguckt hätte, ja, das wäre etwas völlig anderes gewesen! Sämtliche Hochwässer dieser Welt hätten Dalziels Zweifel nicht fortspülen können.
Da klickte etwas neben ihm, und als er aufsah, stand hoch über ihm Uniff mit einem Lächeln im Gesicht und der Kamera in der Hand.
»Das wird ein Foto!«, sagte er. »Der große Detektiv am Werk! Woran haben Sie gerade gedacht, Mann? Eine Reise um die Welt im Alleingang?«
»Ich dachte, Sie hätten bald keinen Film mehr«, erwiderte Dalziel und stieg auf den Steg.
»Es gibt Dinge, die darf man sich einfach nicht entgehen lassen«, meinte Uniff. »Das könnte aber gefährlich werden.«
Er deutete auf die durchgebrochenen Planken, und Dalziel erinnerte sich wieder an seine späte Rückkehr am vergangenen Abend. Wahrscheinlich hatte Uniff noch mit niemandem gesprochen, der ihm die Sache mit Spinx erzählt hatte.
»War es auch«, sagte Dalziel. »Verdammte Scheiße!« Er blickte auf seinen Jackenärmel, der voll Öl war, und verfolgte dessen Spuren rasch zu dem Stocherkahn zurück. Jemand hatte versucht, das Entengewehr zu säubern.
»Tillotson!«, ächzte er. »Ich bring ihn um!«
»Der bringt sich schon selbst um, wenn er versucht, diese Antiquität abzufeuern«, bemerkte Uniff. »Was treiben Sie hier überhaupt, Mann?«
Auf dem Rückweg zum Haus setzte Dalziel ihn über die Entdeckung von Spinx’ Leiche ins Bild.
Uniff konnte es nicht glauben.
»Dieser Fiesling? Ich glaub’s einfach nicht. Typen wie der leben doch ewig.«
»Sie mochten ihn nicht?«, fragte Dalziel.
»Was? Nein, das habe ich nicht gesagt. Einige meiner besten Freunde sind Versicherungsfieslinge. Egal, ich war ja gestern Abend gar nicht da. Jedenfalls nicht nach neun. Es hat also gar keinen Sinn, mich aufs Rad zu flechten.«
Seine Sprechweise grenzte manchmal ans Altehrwürdige, und in seiner anfänglichen Überraschung über Dalziels Neuigkeiten hatte er sehr wie seine Schwester geklungen. Doch die Gedanken des großen Detektivs beschäftigten sich bereits mit anderen als linguistischen Interessen.
»Ich flechte gar nichts. Mr. Uniff«, sagte er. »Aber es würde mich interessieren, warum Sie glauben, ich täte es.«
»Ist doch wohl klar, verdammt. Plötzlicher Todesfall, und die Polente fragt überall rum. Ich
weiß
das, weil wir das schon mal hatten, erinnern Sie sich?«
»Ich erinnere mich«, sagte Dalziel. »Punkt zwei, warum meinen Sie, dass neun ein wichtiger Zeitpunkt sein sollte? Bis jetzt gibt es noch nichts, das darauf hinweist, dass Spinx sein Bad nicht schon früher genommen hat.«
»Es war überhaupt nicht wichtig gemeint«, antwortete Uniff. »Ich bin nur um diese Zeit weggefahren, das ist alles.«
Der uniformierte Constable kam in dem Moment aus der Tür, als sie sie erreichten. Er hatte ein halb gegessenes Speckbrot in der fettigen Hand, mit der er Dalziel zuwinkte.
»Und da stellt sich nun die Frage, wo Sie gestern Abend hingefahren sind, Mr. Uniff«, sagte Dalziel ernst.
Lachend ließ Uniff Dalziel den Vortritt ins Haus.
»Jetzt flechten Sie aber«, sagte er.
Am anderen Ende des Flurs ging die Tür auf, die in die Küche führte, und Mavis trat heraus.
»Na gut«, sagte Uniff. »Wenn es denn sein soll, dann kommen Sie mit
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