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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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ganzen Tag, um mich vorzubereiten!«
    »Wir können ja trotzdem schon vor Mittag zu Hause sein«, sagte Ellie bestimmt. »Vorausgesetzt, du hältst dich mit dem Trinken zurück. Was vielleicht gar nicht schlecht wäre.«
    »Was soll das heißen?«
    »Na ja«, sagte Ellie boshaft, »das Bier letzten Dienstag hat dir ja einen ziemlich heftigen Anfall von Gliederschwäche beschert. Ich dachte, die Männer von der Kripo sind immun dagegen. Pass bloß auf, dass du dir nicht bald wieder die Uniform anziehen musst.«
    »Das war nur dieses Bier im Süden«, verteidigte sich Pascoe grinsend. »Genau deshalb will ich ja nach Hause. Das würden sie doch sicher verstehen.«
    »Nein«, sagte Ellie. »Mum und Dad haben sich so viel Mühe gemacht. Sieh dir nur mal an, wie sie dieses Schlafzimmer aufgemöbelt haben. Und der Tisch für heut Abend ist reserviert, billig war der nicht, das kann ich dir sagen. So dick haben sie’s auch wieder nicht, und ich werde nicht zulassen, dass all ihre Mühe umsonst war. Also finde dich damit ab. Und lass uns runtergehen, bevor sie sich Sorgen machen. In meiner Familie vögeln anständige Leute nicht am helllichten Tag rum.«
    »Na gut«, seufzte Pascoe. »Man hat mir ja gesagt, dass es so ausgehen würde, aber ich wollte es nicht glauben. Weißt du, es würde mir ja nichts ausmachen, wenn wir in das beste französische Lokal in ganz Lincolnshire eingeladen wären. Aber zu einem mittelalterlichen Bankett! Herr, lass es Morgen werden!«
     
    Es war noch grässlicher, als er erwartet hatte. Erstens war das Parken ein einziges Chaos. Ein großer, blonder Jüngling in einer durchsichtigen Tunika und Kniehosen leitete die Operation unter bewundernswerter Nichtbeachtung der Gesetze von Raum, Zeit und Dynamik. Den Wagen zu verlassen war beinahe ebenso gefährlich, wie darin zu bleiben, doch schließlich schlugen sie sich bis zur Bar durch, wo selbst Ellie die Züge ihrer Ist-es-nicht-schön-Miene vorübergehend entgleisten, als sie feststellte, dass sie das Anhängsel einer Schar Angehöriger der Bürgerinnengilde bildeten, von denen einige es sich nicht nehmen ließen, Versatzstücke aus dem reichen Anekdotenschatz von Ellies weit entfernter Kindheit zum Besten zu geben. Zum Glück machte ihr Simultangeschnatter sie weitgehend unverständlich.
    Zufällig sah Pascoe Ellies Gesicht in diesem Augenblick. Er musste lächeln. Und lächelte erneut, als er hörte, wie sein Schwiegervater sich von der aparten Bardame mittleren Alters den exorbitanten Preis für ihre Aperitifs wiederholen ließ. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass sich dieser Abend als so grauenhaft erweisen könnte, dass ein unvoreingenommener Student der Sozialwissenschaften seinen Spaß daran hätte.
    Im angeblich mittelalterlichen Bankettsaal, der eher eine Parodie als eine Imitation war, ergossen sich weitere Köstlichkeiten aus dem Füllhorn. Der Raum wurde von elektrischen Kerzen erleuchtet, in deren sakralem Halbdunkel die Bank- und Tischreihen zu erkennen waren, auf denen hölzerne Servierplatten, Messer mit Plastikgriffen und Kelche aus einer derart leichten Metalllegierung standen, dass sie, sobald sie bis zum Rand mit dem lieblichen Met gefüllt waren, gefährlich instabil wurden. Ein Los, das er selbst wohl kaum teilen würde, wie Peter nach einem vorsichtigen Schluck feststellte. Die Bankettgäste saßen dicht an dicht auf ihren Bänken. Pascoe war flankiert von seiner Schwiegermutter auf der einen und einer stattlichen Bürgerin auf der anderen Seite. Der äußerst enge Kontakt zu deren Schenkel hätte ihn auf das Harmloseste beglücken können, wenn die unerwartete Welligkeit desselben dieses Glück nicht erheblich getrübt hätte.
    Von einer Empore am anderen Ende des Saals erklangen vage an elisabethanische Musik erinnernde Töne, und ein Mädchen, das so zierlich gebaut war, dass es in bester elisabethanischer Tradition ein Junge hätte sein können, sang von den Beglückungen ihres holden Honigtöpfchens. Die Speisekongregation, die die Getränkepreise an der Bar offenbar nicht zu erschüttern vermocht hatten, sang den Refrain mit lüsterner Begeisterung mit. Pascoe beugte sich vor zu Ellie, die ihm gegenübersaß.
    »Ich habe mich geirrt«, brüllte er. »Ich glaube, ich werde meinen Spaß haben.«
    Hinter ihm schlug jemand auf eine Blechplatte, und eine seltsam vertraute Stimme rief: »Hochwohlgeborene Damen und Herren, Silentium! Der erste Gang wird aufgetragen.«
    Kaum jemand nahm davon Notiz, nur Ellie starrte,

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