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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Polizistenseele bald weiterziehen musste, in einer Art Schwebezustand.
    Aber vielleicht auch nicht. Er hatte schon immer in der Gegenwart gelebt, hatte nie versucht, den Zauber des Augenblicks flach zu klopfen und ihn zu dehnen, auf dass er länger verweile. Doch ebenso wie sein Geist ihn in den letzten Monaten immer öfter mit Visionen einer sinnentleerten Zukunft geplagt hatte, war in den letzten Tagen, unaufgefordert und beinahe unentdeckt, ein heimtückischer Optimismus in seinem Unterbewusstsein aufgestiegen wie Nebelkringel über dem See. Immer noch erwachte er früh, doch jetzt war Bonnie an seiner Seite. Gerade er, der in so manchem Club und Pub in Yorkshire die Meinung vertreten hatte, dass sämtliche Leiden frustrierter, unglücklicher Frauen (d.h. sämtlicher Politikerinnen, Journalistinnen, weiblicher Jockeys etc.) durch eine großzügige Dosis geballter Männlichkeit zu kurieren seien, hätte am wenigsten erstaunt sein müssen, dass diese Therapie auch umgekehrt wirkte. Er war zwar kein Mann der Selbstanalyse, doch erkannte auch er, dass eine Zukunft mit Bonnie sich weitaus verlockender darstellte als eine Zukunft ohne sie.
    Und jetzt stand Pascoe hier vor ihm und erinnerte ihn an die Realität des Lebens, das ihn kommenden Montagmorgen wiederhaben würde.
    »Ist hier irgendwas im Busch, Sir?«, fragte Pascoe.
    Doch ehe Dalziel antworten konnte, ging die Tür zum Hof erneut auf. Eine weitere Gestalt trat heraus und gesellte sich zu ihnen.
    »Abend, Sir«, sagte sie.
    »Hallo, Cross«, erwiderte Dalziel. »Amüsiert sich der Rasenboccia-Club?«
    »Ja, danke. Tut mir leid, wenn ich störe. Ich dachte, Mr. Balderstone sei bei Ihnen, aber er kann eigentlich noch gar nicht da sein.«
    Er sah Pascoe mit unverhohlenem Interesse an. Dalziel machte sie miteinander bekannt und sagte dann: »Also, ich muss jetzt wirklich wieder zurück. Ich bin zum Arbeiten hier, und wir haben hier sowieso Not am Mann. Cross, würden Sie Mr. Pascoe ins Bild setzen, bevor er sich vor Neugier in die Hose macht?«
    Abrupt wandte er sich um und ging hinein.
    »Zigarette, Sir?«, fragte Cross.
    »Nein, danke. Erzählen Sie mir einfach alles.«
    Cross gab ihm eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse, so weit er sie kannte, die zu Dalziels Beteiligung an der Operation Lake House geführt hatten.
    Pascoe hörte begierig zu, und als Cross seinen Bericht beendet hatte, sagte er: »Ja. Gut. Das ist der polizeiliche Teil samt Beweislage, sehr gut gemacht. Aber was ist mit dem Rest?«
    »Sir?«
    »Schauen Sie, Sergeant. Ich kenne Mr. Dalziel gut. Na schön, wenn er irgendwo Unrat wittert, sei es im Urlaub oder sonst wo, dann kümmert er sich drum. Aber es braucht schon ein bisschen mehr, als Sie mir erzählt haben, damit er Geld bei einer Bande von Leuten investiert, die er für Gauner hält, und in einem Aufzug herumrennt wie der Butler von Heinrich dem Achten.«
    Cross überlegte gründlich. Dann sagte er: »Na ja, Sir. Ich glaube, er sieht sich ein bisschen wie der Beschützer von Mrs. Fielding. Indem er weitermacht, wahrt er ihre Interessen.«
    »Mrs. Fielding? Die ansehnliche Frau hinter der Bar? Ja, ich hab die beiden vorhin zusammen gesehen.«
    Einen Augenblick lang erschien ein breites Grinsen auf Pascoes Gesicht, das jedoch seine Loyalität gleich darauf wieder löschte.
    »Was ist jetzt also mit diesem Butt?«, fragte er.
    »Der soll heute aus Brasilien zurückkommen. Man hat die Polizei da drüben ersucht, ihn im Auge zu behalten, nur für den Fall, dass er auf die Idee kommt unterzutauchen. Aber man hielt es für das Beste, ihn in Ruhe zu lassen, bis er wieder auf britischem Boden steht.«
    »Schon ein bisschen gefährlich, oder? Wenn er’s nicht war, ist die Spur inzwischen verdammt kalt«, gab Pascoe zu bedenken.
    »Eigentlich nicht, Sir«, sagte Cross höflich. »Wenn Butt es nicht war, dann führt sie direkt wieder hierher zurück. Sie haben seinen Wagen auf das Gründlichste untersucht. Annie Greave war in seinem Kofferraum, das steht zweifelsfrei fest. Und wahrscheinlich erklärt Butt jetzt seit einer Stunde, wie sie da hineingekommen ist. Mr. Balderstone,
Chief Inspector
Balderstone, wollte sich bei Mr. Dalziel melden, sobald er etwas erfährt. Ich dachte, er sei vielleicht schon hier.«
    Ach so, dachte Pascoe, Dalziel bleibt also hier in der Hoffnung, dass dieser Butt alles ausspuckt und das Leben in Lake House seinen gewohnten Gang gehen kann.
    Wie tief steckt er da drin?, fragte er sich unbehaglich. Es hatte ihm

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