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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Brooks
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erwachte, fühlte sie sich zu ihrer Überraschung erholt und ausgeruht. Nach den Ereignissen des gestrigen Tages hatte sie nicht damit gerechnet. Aber nachdem sie etwas von dem Zimtbrot genascht und sich wieder hingelegt hatte, waren ihr müde und matt vor Erschöpfung gleich die Augen zugefallen. Und jetzt genoss sie es, nicht in aller Herrgottsfrühe von Amina zum Frühstück gerufen zu werden, und gönnte sich eine ausgiebige heiße Dusche.
    Dennoch verspürte sie eine kleine Enttäuschung, als sie hinunter in das Speisezimmer ging und dort nicht wie erwartet auf Gerard traf – der bereits gefrühstückt hatte und geschäftlich unterwegs war, wie sie von Colette erfuhr, als diese sich munter wie immer neben sie setzte.
    Kit gab sich Mühe, freundlich Konversation zu machen. Gerard hatte seiner Schwester offenbar nichts von den Problemen erzählt, die sie miteinander hatten. Im Grunde wollte sie auch nicht mit ihr darüber reden, hätte ohnehin nicht gewusst, was sie sagen sollte.
    Viel wichtiger war doch im Moment, wie es Halima inzwischen ging. Die Sorge um die junge Marokkanerin ließ sie seit gestern Abend nicht mehr los. Und wahrscheinlich war es das Beste, wenn sie unter vier Augen mit Colette darüber sprach.
    „Colette?“, begann sie und räusperte sich. „Ich möchte dich etwas fragen. Halima hatte gestern einen großen blauen Fleck unter dem Auge. Weißt du etwas davon?“
    Colette guckte erstaunt. „Nein, das verstehe ich nicht. Gestern Abend, als ich sie das letzte Mal gesehen habe, war noch alles in Ordnung mit ihr. Nur ihr jüngster Sohn machte ihr Sorgen – klagte über Bauchschmerzen. Vielleicht ist sie ja gefallen?“
    „Das sagte sie mir.“ Kit sah Colette ernst an. „Aber ich glaube ihr nicht.“
    „Nicht? Aber warum … warum sollte sie lügen? Hinfallen kann doch jeder mal.“
    „Ihre Verletzung sah aber nicht nach einem Sturz aus“, erwiderte Kit grimmig.
    „Willst du … damit sagen, dass jemand … ihr wehgetan hat? Hast du einen Verdacht?“
    „Hm … ich weiß nicht … auf jeden Fall muss es später passiert sein, wenn am frühen Abend noch alles in Ordnung war“, bemerkte Kit nachdenklich.
    „Das dürfte stimmen. Und ich erinnere mich auch genau. Sie stand nämlich auf der Treppe, als Claude, mein Verlobter, mich abgeholt hat. Und da hatte sie keinen blauen Fleck.“ Colette schüttelte den Kopf.
    Und dann bist du mit Gerard nach Hause gekommen, meldete sich Kits innere Stimme zu Wort. Ihr habt euch gestritten, und er hat gekocht vor Wut. Doch traute sie es ihm zu, dass er einer Frau gegenüber gewalttätig wurde? Allein die Vorstellung war so ungeheuerlich, dass sie gar nicht wagte weiterzudenken.
    „Nein, vielleicht ist sie ja wirklich nur gefallen“, sagte sie schließlich, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und folgte Colette in den angenehm kühlen Patio. Dieser Ort war wirklich eine Oase, und auch wenn Colette redete wie ein Wasserfall – Kit konnte ihr einfach nicht böse sein. Sie ist so angenehm unkompliziert, ganz anders als Gerard, dachte sie versonnen, während sie sich auf der Sonnenliege, die Colette ihr im Schatten eines großen afrikanischen Farns aufgestellt hatte, niederließ. Schon bald fielen ihr die Augen zu, und sie schlummerte ein.
    Erschrocken zuckte sie zusammen, als Colettes Handy klingelte.
    „Gerard ist dran“, beantwortete sie Kits unausgesprochene Frage. „Er und Claude wollen uns beide heute Abend zum Essen ausführen. In dieses wunderschöne maurische Restaurant in der Stadt. Da gibt’s eine Dinnershow – die musst du unbedingt gesehen haben!“
    Kit quälte sich ein Lächeln ab, schüttelte aber ablehnend den Kopf. Seit sie wusste, wer der Anrufer war, hatte sie Herzklopfen, und in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Dass Gerard weitere Zeit mit ihr verbringen wollte, konnte doch nur bedeuten, dass …
    „Ach bitte! Claude kommt auch mit, und ich würde dir meinen Verlobten gern vorstellen.“ Colette ließ nicht locker.
    „Ein anderes Mal vielleicht.“
    „Nein, bitte heute.“
    „Also …“
    „Ich wusste doch, dass ich dich überreden kann! Und jetzt komm, wir müssen uns umziehen. Um sieben wollen sie uns abholen, und da müssen wir fertig sein!“
    Bereits zum dritten Mal verzog Kit das Gesicht, während sie sich im Spiegel betrachtete. Colette hatte ihr die Augen geschminkt – mit hellem Lidschatten und dunklem Kajal – und ihnen damit einen Hauch von Orient verliehen, der verführerisch wirkte. Aber irgendwie

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