Ein orientalisches Maerchen
lange Funkstille aus, dass sie schon dachte, die Verbindung wäre unterbrochen. „David? Bist du noch da? Trug ich einen Ring von dir?“
„Ja.“ Er klang jetzt so sanft und nachsichtig, als spräche er mit einem kleinen Kind. „Weißt du, der ist nur gerade beim Juwelier, der Stein hatte sich gelockert.“
„Aha.“ Kit runzelte die Stirn, und plötzlich zuckte ihr ein Bild durch den Kopf. Da war ein Diamantring … sie streifte ihn von ihrem Finger und … Jetzt stieg Ekel in ihr hoch und Wut. „Was war es für ein Ring?“
„Ein … Diamantring.“ In seiner Stimme schwang Unsicherheit, und Kit fragte sich, warum.
„Aber das sollten wir jetzt nicht mehr am Telefon besprechen, Kit. Das Gespräch wird sonst zu teuer für deinen Mr. Dumont.“ Er stockte und sagte im Nachsatz: „Ich liebe dich, Darling.“
„Hm. Bye, David.“ Sie konnte es nicht, sie konnte ihm einfach nicht sagen, dass sie ihn auch liebte. „Ich melde mich, sobald ich weiß, wann ich zurückfliege.“
Kit atmete tief durch und legte langsam den Hörer auf die Gabel. Ihr schwirrte der Kopf. War es möglich, dass ihr dieser David gleichgültig war? Obwohl sie ihm irgendwann einmal versprochen haben musste, den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen zu wollen? Himmel! So konnte sie unmöglich weiterleben. Das war ja grauenhaft. Gab es denn keine Medizin dagegen?
Als sie in Gedanken versunken das Arbeitszimmer verließ, wäre sie fast mit Gerard zusammengestoßen. Hatte er etwa hinter der Tür gestanden und gelauscht?
„Danke, dass ich dein Telefon benutzen durfte“, sagte sie hastig und wollte sich zum Gehen wenden, aber er hielt sie zurück.
„Halt, warum so eilig? Willst du mir gar nichts von deinem Gespräch erzählen? Du könntest mir ja zumindest verraten, ob du jetzt deinen Rufnamen kennst.“
„Hm.“ Sie lächelte etwas unsicher, dann nickte sie. „Kit. Sie nennen mich Kit; den Namen mochte ich wohl.“
Amüsiert zog Gerard eine Braue hoch. „ Kit also – Kätz chen. Da lag ich ja mit meiner Catwoman gar nicht so daneben. Aber ich verstehe schon, der entscheidende Unterschied liegt natürlich darin, wer dir einen Kosenamen gibt, nicht wahr? Und ich bin nun mal nicht dein David.“
„Hm.“ Sie zuckte nur mit den Schultern, weil sie nicht wusste, was sie darauf sagen sollte.
„Hm.“ Er nickte nur. „Und der ach so besorgte, überaus aufmerksame David – hat er dir auch erklärt, warum er sich nicht gleich ins Flugzeug gesetzt hat, nachdem er von deinem Unglück gehört hat?“
„Wie bitte?“, fragte sie verdutzt.
„Jetzt behaupte nicht, dieser Gedanke wäre dir nicht auch schon gekommen“, sagte er frostig.
„Doch. Daran habe ich wirklich nicht gedacht.“ Sie sagte das so offen und spontan – er musste ihr glauben.
„Willst du mir etwa weismachen, dass dir diese halbherzigen Gefühle reichen, die dieser Mann dir entgegenbringt?“, fragte er ungläubig.
„Ich glaube, ich habe mir nie große Illusionen gemacht.“ Sie runzelte die Stirn, nach Worten suchend, die ihre Empfindungen beschreiben konnten. „Wahrscheinlich war ich immer auf mich allein gestellt, musste meine Probleme selber lösen.“ Als sie jetzt zu Gerard blickte, nahm der Gedanke offenbar Gestalt an. „Ich erwarte nicht, dass sich irgendjemand um mich kümmert. Und ich denke, das hat auch noch nie jemand getan.“ Sie wollte sich abwenden und gehen, doch Gerard hatte gesehen, dass ihre Lippen wieder verräterisch zu zittern begannen.
„Kit! Mon Dieu …“ Betroffen trat er ihr in den Weg. Er konnte sie doch jetzt nicht einfach sich selbst überlassen. „Wer Liebe gibt, kann auch Liebe erwarten! Hat dir das noch nie jemand gesagt? Zum Teufel!“ Gerard packte ihre Arme und zwang Kit, ihm in die Augen zu sehen, fixierte sie mit seinem brennenden Blick. „So kann ich dich unmöglich gehen lassen. Da ist etwas nicht in Ordnung. Ganz und gar nicht.“
„Aber ich habe David.“ Kaum hatte sie das gesagt, hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Instinktiv wusste sie, dass es ein Fehler gewesen war. Und erkannte, dass sie recht hatte, als sie zu Gerard aufsah. Mühsam in Zaum gehaltene Wut spiegelte sich in seinem Gesicht, und gleichzeitig lag in seinen Augen dieses seltsame Funkeln. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Jetzt begriff sie das volle Ausmaß dessen, was unweigerlich passieren würde, und wollte sich losreißen.
Doch er ließ es nicht zu. Mit einem heiseren Stöhnen zog er sie an sich und presste seine Lippen hart
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