Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Diesmal zog er den Schrank selbst von der Wand weg und ließ Clough wieder darunter herumfummeln.
    »Moment mal«, sagte Clough und machte sich unter dem Metallboden zu schaffen. »Mein Ärmel ist an etwas hängengeblieben.« Seine Hand kam hoch, griff in seine Jackentasche und holte ein Feuerzeug heraus. Das Rädchen daran drehte sich, und die Flamme beleuchtete die Stelle unter dem Aktenschrank. »Ach du meine Güte«, sagte er leise. Er schaute zu George auf. »Sie werden begeistert sein, George. Da ist ein Loch im Boden mit einem Safe drin.«
    George hätte vor Schreck fast den Aktenschrank auf den Boden plumpsen lassen. »Ein Safe?«
    »Genau.« Clough kroch vom Schrank zurück und stand auf. »Jetzt schieben wir ihn weg, dann werden Sie sehen, was ich meine.«
    Sie hoben den schweren Schrank von seinem Standplatz und trugen ihn zur Seite. George ging in die Hocke und starrte. Die grüne Metalltür maß etwa fünfundvierzig Zentimeter im Quadrat und war mit einem Messingschlüsselloch und einem Griff versehen, der etwa zwei Zentimeter über die Safetür hinaus in die Vertiefung am Boden des Aktenschranks hineinragte. Er seufzte. »Wir werden die Spezialisten für Fingerabdrücke brauchen, damit sie den Griff auf Hawkins Fingerabdrücke untersuchen können. Ich will nicht, daß er mit der Lüge durchkommt, er habe mit dem Inhalt des Safes nichts zu tun, weil jemand anders, was immer da drin ist, reingelegt hat.«
    »Sicher?« fragte Clough skeptisch. »Wir haben Glück, wenn auch nur der Teil eines Fingerabdrucks auf einem Griff wie diesem hier zu finden ist. Das, was drin ist, ist das Wesentliche. Er hat doch bestimmt keine Handschuhe getragen, seine Fingerabdrücke werden auf allem sein, was da drin ist.«
    George ging in die Hocke. »Sie haben wahrscheinlich recht. Also, wo ist der Schlüssel?«
    »Ich an seiner Stelle würde ihn bei mir haben.«
    George schüttelte den Kopf. »Cragg hat ihn durchsucht, als wir ihn in die Zelle gebracht haben. Die einzigen Schlüssel, die er hatte, waren seine Autoschlüssel.« Er dachte einen Moment nach. »Gehen Sie und fragen Sie Sergeant Lucas, ob sie Schlüssel gefunden haben, die aussehen, als könnten sie von einem Safe sein. Ich suche inzwischen hier.«
    George setzte sich an den Tisch und fing an, die zwei Schubladen zu durchsuchen. In der einen war peinlich geordnet eine Sammlung von Utensilien – Scheren, Messerchen, Pinzetten, winzige weiche Pinsel und Zeichenfedern. In der anderen war das übliche Sammelsurium einer Schublade für Krimskrams – Bindfaden, Reißnägel, eine zerbrochene Nagelfeile, zwei halb aufgebrauchte Rollen Tesafilm, heruntergebrannte Kerzen, Birnchen für Taschenlampen, Streichholzschachteln und einzelne Schrauben. In keiner der Schubladen ein Schlüssel. George zündete sich eine Zigarette an und rauchte wütend. Er fühlte sich wie eine bis an die Grenze ihrer Spannung aufgezogene Uhrfeder.
    Während der gesamten Ermittlung hatte er sich gezwungen, unvoreingenommen an alles heranzugehen, weil er wußte, wie leicht man eine fixe Idee entwickeln kann und dadurch jede neue Information mit Gewalt der einmal vorgefaßten Meinung anzupassen versucht. Aber wenn er ehrlich war, hatte er Philip Hawkin nie ohne Voreingenommenheit betrachtet. Je wahrscheinlicher es wurde, daß Alison tot war, desto wahrscheinlicher war es auch, daß ihr Stiefvater dafür verantwortlich war. Die Statistik sprach dafür und wurde durch seine eigene Abneigung gegen den Mann gestützt. Er hatte versucht, diese instinktive Reaktion zu unterdrücken, da ihm klar war, daß Voreingenommenheit die Zusammenstellung unanfechtbaren Beweismaterials störte. Aber immer wieder hatte sich Hawkin in seinem Bewußtsein als der Hauptverdächtige festgesetzt, falls Mord sich als zwingender Verdacht bestätigen sollte.
    Nun schien dieser Verdacht unvermeidliche Gewißheit zu werden, die sich einstellte wie das Einrasten der Riegel in einem gutgeölten Schloß. Die Frage war nur, ob er mit seinen gesammelten Beweisen auch wirklich überzeugen konnte.
    George verließ die Dunkelkammer und ging in die kalte Dämmerung des Nachmittags hinaus. Die Lampen in den Häusern brannten blaßgelb, und er sah Schatten sich hinter den Fenstern bewegen. Er erhaschte einen Blick auf Ruth Hawkin, die durch die Küche ging, und ihm wurde klar, wie er den Moment fürchtete, wenn er ihr gegenüber würde bestätigen müssen, was sie alle sowieso schon annahmen. Ganz gleich, wie sehr sie vielleicht daran

Weitere Kostenlose Bücher