Ein Ort für die Ewigkeit
»Peter Crowther.«
»Peter Crowther, Sir?« Grundy versuchte, unschuldig auszusehen, was ihm aber nicht gelang.
»Ja, Grundy. Alisons Onkel, der mit den Sexdelikten.
Der
Peter Crowther«, sagte George sarkastisch und rammte den Fuß aufs Gaspedal, so daß sie alle nach rückwärts fielen, als er die Straße nach Longnor hinaufraste.
»Was ist mit ihm, Sir?«
»Wieso höre ich ausgerechnet vom Chef zum ersten Mal etwas über Crowther? Wie kommt es, daß Sie es bei all Ihrer Kenntnis der hiesigen Verhältnisse versäumt haben, Peter Crowther zu erwähnen?« George hatte seinen Sarkasmus aufgegeben und setzte jetzt mehr auf die glatte, sanfte Redeweise eines sadistischen Lehrers, der seinen ahnungslosen Schüler in falscher Sicherheit wiegt, bevor er ihm plötzlich den Boden unter den Füßen wegzieht.
»Ich hielt es nicht für wichtig. Ich meine, er wohnt doch in Buxton, schon seit zwanzig Jahren oder länger. An ihn habe ich nie gedacht«, sagte Grundy mit roten Ohren.
»Deshalb sind Sie auch immer noch Constable«, sagte Clough, drehte sich um und durchbohrte ihn mit dem scharfen, unverschämten Blick, der schon eine bedauerliche Zahl von Häftlingen zu Gewalttätigkeiten gereizt hatte, für die sie zu einer doppelt so hohen Strafe verurteilt wurden, als für ihre ursprünglichen Vergehen zu erwarten war. »Sie können nicht denken.«
»Das stimmt, Clough, und man braucht auch keinen Grips, um in Derby mitten in der Stadt für ein paar Jahre im Verkehrsdienst festzuhängen«, argumentierte George süßlich. »Dorfpolizisten sollten allerdings selbständig denken können. PC Grundy, wenn Sie also keine neue Aufgabe anstreben, schlage ich vor, daß Sie die Fahrt zwischen hier und Buxton dazu verwenden, uns alles zu erzählen, was Sie über Peter Crowther wissen.«
Grundy rieb seine Augenbraue mit dem Knöchel des Zeigefingers. »Peter Crowther ist Ruth Hawkins Bruder«, sagte er wie einer, der eine komplizierte Rechenaufgabe im Kopf lösen muß. »Diane ist die Älteste, Terry Lomas’ Frau Diane. Dann kommt Peter, dann Daniel, dann Ruth. Peter muß gut zehn Jahre älter sein als Ruth. Das heißt, er müßte jetzt so um die Fünfundvierzig sein.
Ich habe Peter eigentlich nie gekannt, er war schon aus Scardale weg, bevor ich in Longnor Dorfpolizist wurde. Aber ich habe von ihm reden hören. Offenbar ist er nicht ganz dicht. Sein Bruder Daniel hat ihn im Auge behalten, als er noch in Scardale war, aber etwas ist passiert – ich weiß nicht, was, niemand in Scardale weiß es –, da wollten sie ihn nicht mehr länger im Dorf haben. Also haben sie ihn nach Buxton geschickt. Er lebt in einem Heim für ledige Männer oben beim Golfplatz bei Waterswallows. Und er arbeitet in der Behindertenwerkstatt hinter dem Rangierbahnhof, wo sie Lampenschirme und Papierkörbe machen. Ich wußte, daß er als Spanner erwischt worden ist, aber es war eigentlich nicht so schlimm.«
George seufzte tief. »Sie haben all das über Peter Crowther gewußt, und es ist Ihnen nicht eingefallen, es zu erwähnen?«
Grundy rutschte von einer Gesäßhälfte auf die andere. »Sie werden es verstehen, wenn Sie ihn sehen, Sir. Peter Crowther hat Angst vor seinem eigenen Schatten. Ich glaube, er ist nicht imstande, jemand auch nur anzusprechen, und zu entführen schon gar nicht.«
»Er hätte aber Alison nicht zu entführen brauchen, oder?« mischte sich Clough ein, sein Sarkasmus war so schneidend wie ein Peitschenhieb und der Blick seiner blauen Augen kalt. »Er war ihr Onkel. Sie hätte keine Angst vor ihm gehabt. Wenn er gesagt hätte: ›He, Alison, ich habe ein Paar Rollschuhstiefel, die dir passen könnten, willst du kommen und sie dir ansehen?‹, hätte sie es sich nicht weiter überlegt und wäre mit ihm gegangen. Vielleicht wäre er ein bißchen merkwürdig gewesen, ihr Onkel Peter, aber schließlich war er kein Fremder, nicht wahr, PC Grundy?« Der Dienstgrad klang aus seinem Mund wie eine Beleidigung.
»Er würde sich das nicht trauen«, widersprach Grundy trotzig. »Außerdem, als ich sagte, sie wollten ihn im Dorf nicht, habe ich das auch so gemeint. Soweit ich weiß, ist Peter Crowther seit zwanzig Jahren nie wieder in Scardale gewesen. Und Scardale hat sich auch von ihm ferngehalten. Ich bezweifle, daß er Alison überhaupt erkannt hätte, wenn er ihr auf der Straße begegnet wäre.«
»Das werden wir ja sehen«, murmelte Clough, der mit grimmigem Gesicht wegen des Rauchs aus seiner Zigarette die Augen
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