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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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ich hier hereingekommen, um die Zeitung zu lesen. Es ist einer der Nachteile, wenn man auf dem Land wohnt, daß die Post und die Morgenzeitungen selten vor dem Mittagessen kommen. Ich ziehe mich deshalb immer nach dem Essen hierher zurück und halte mein kleines Ritual ab, das heißt, ich erledige die Post und lese den
Express
. Am Mittwoch mußte ich zwei Briefe beantworten, deshalb war es wahrscheinlich so etwa halb drei, als ich in die Dunkelkammer ging. Es ist ein kleines Nebengebäude hinter dem Haus, das fließendes Wasser hat. Ich habe es umbauen lassen. Interessieren Sie sich für Fotografie, Inspector? Ich kann Ihnen sagen, eine so gut eingerichtete und ausgestattete Dunkelkammer für private Zwecke wie meine haben Sie noch nicht gesehen.« George hatte auf Hawkins Gesicht noch nie etwas entdeckt, das einem offenen, gelösten Ausdruck ähnlicher gewesen wäre als sein jetziges Lächeln.
    »Ich würde sie mir gern mal ansehen, wenn ich darf.«
    »Aber gern. Ihre Polizisten waren an dem Abend dort, als Alison verschwand, nur um nachzusehen, ob sie sich da versteckt hielt, aber ich habe ihnen erklärt, daß sie normalerweise abgeschlossen ist. Wegen der wertvollen Ausrüstung. Aber überprüfen Sie das ruhig. Und wenn Sie je professionelle Fotos brauchen …« Hawkin sah auf den glänzenden Goldring an Georges Finger. »Vielleicht ein Porträt von Ihnen und Ihrer Frau?«
    George fand die Vorstellung, wie Hawkin seinen Charme eines Salonlöwen vor Anne ausspielte, selbst mit Kamera und Linse dazwischen, außerordentlich abstoßend. Aber er verbarg seine Abscheu und sagte nur: »Das ist ein sehr freundliches Angebot, Sir, also, zu Mittwoch nachmittag. Sie haben uns gesagt, daß Sie etwa um halb drei in Ihre Dunkelkammer gingen. Wie lange sind Sie dort geblieben?«
    Hawkin nahm stirnrunzelnd seine Zigaretten. »Ich hatte eine Menge Abzüge zu machen. Fotos, die ich bei einem Wettbewerb einreichen will, daher ist es wichtig, daß die Abzüge einwandfrei sind. Ich bin erst vor dem Abendessen wieder hereingekommen. Ich fand meine Frau und Kathy Lomas in der Küche, die sich furchtbar wegen Alison aufregten. Habe ich damit Ihre Frage beantwortet, Inspector?«
    »Meine Frage ist beantwortet, aber meine Schwierigkeit nicht behoben. Sehen Sie, Sir, man hat uns gesagt, daß Sie gesehen wurden, als Sie von dem Wald, wo wir Shep gefunden haben, zu dem Gehölz gegangen sind, wo wir Spuren von einem Kampf mit Alison entdeckt zu haben glauben. Es wurde ungefähr vier Uhr Mittwoch nachmittag dafür angegeben. Können Sie uns erklären, warum irgend jemand das sagen würde, Sir?«
    Zuerst liefen Hawkins Ohren rot an, dann breitete sich eine tiefe Röte über Kinn und Wangen aus. »Weil sie dumme Bauern sind, vielleicht, Inspector?«
    George richtete sich im Sessel auf, erstaunt über die Schärfe von Hawkins Reaktion. »Wie bitte?«
    »Sie haben seit Jahrhunderten Inzucht getrieben, Inspector. Ein Dorf, in dem es nur drei Familiennamen gibt! Sie werden nicht gerade ein Intelligenzquiz gewinnen, oder? Manche von ihnen wissen kaum, welches Jahr wir schreiben, viel weniger, welchen Tag wir haben. Nur weil irgendeiner dieser Schwachköpfe den Dienstag mit dem Mittwoch verwechselt hat … na ja, das ist doch wohl nichts, was man
ernst
nehmen sollte, oder? Hören Sie, Inspector, mein Onkel hat dieses Dorf betrieben, als wäre es sein persönliches, privates Hobby – und nicht ohne Grund. Er wußte, daß die Leute in Scardale ohne den Schutz eines Squire nicht überleben würden. Sie sind einfach nicht gerüstet für die moderne Welt.« Plötzlich schienen Hawkin die ätzenden Boshaftigkeiten auszugehen. Er fuhr sich mit der Hand übers Haar und setzte sein nettes Lächeln auf. »Glauben Sie mir, Inspector, ich habe an dem Mittwoch nachmittag keinen Schritt aus meiner Dunkelkammer gemacht. Wer immer Ihnen etwas anderes erzählte, hat sich geirrt.«
    Bevor George antworten konnte, meldete sich Clough mit dem perfekten Timing, das zwei Comedydarsteller zu Stars werden läßt. Betont auffällig blätterte er die Seiten seines Notizbuchs zurück und sagte bedauernd: »Sir, es gab zwei Aussagen dazu. Zwei Personen behaupten, Sie ungefähr um vier Uhr am Mittwoch am selben Ort gesehen zu haben. Wenn es nur einer wäre, na ja, ehrlich gesagt, wir haben in den letzten zwei Tagen genug gesehen, um gut zu verstehen, was Sie meinen. Aber mit zwei … ist es ein bißchen schwieriger.«
    Diesmal schien Hawkins Lächeln echt zu sein. Zum ersten

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