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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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leuchtend rote Flecken an einer Wand. Ein dritter Mann, hinter dem Tisch.
    Auch Landrich hatte es gesehen, Eley hörte ihn leise telefonieren. Geduckt lief er weiter. Am Schwimmbecken kniete er sich hin, flüsterte: »Ralf Eley, Bundeskriminalamt.«
    Der Mann im Wasser blickte ihn an, das Wimmern brach ab.
    »Sind Sie verletzt?«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Wie viele sind im Haus? Einer? Zwei?«
    »Einer.«
    »Ist er am Leben?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Bewaffnet?«
    »Ja.«
    »Okay«, sagte Eley. »Kommen Sie raus. Hier, bei mir.«
    Stumm schüttelte der Mann den Kopf.
    Eley seufzte ungeduldig. »Wie heißen Sie?«
    »Wegner. Reinhold. Fünfzehn Jahre SPD , dann … Ich …«
    »Kommen Sie zu mir, Herr Wegner.«
    »Ich kann nicht. Ich habe …«
    Landrich trat zu Eley. »Gehen wir rein.«
    »Ich habe ihn vielleicht erschossen«, sagte Wegner. »Mit Moussas Pistole, sie lag … Sie lag da. Unter dem Tisch.«
    »Komm endlich«, sagte Landrich.
    Wegner hob eine Hand, klopfte sich auf den Nacken. »Da habe ich ihn getroffen. Ich wollte nur, dass er … Ich wollte, dass er weggeht, aber ich glaube, ich habe ihn erschossen. Ich bin … ich kann nicht schießen, ich habe das noch nie gemacht. Ich habe geschossen, so oft es ging, damit er weggeht, und dabei habe ich ihn …« Wieder berührte er seinen Nacken. »Da habe ich ihn getroffen.«
    »Wo ist Moussas Pistole?«, fragte Eley.
    »Liegt da vorn«, sagte Landrich, auf die Terrasse deutend.
    Eley erhob sich, und sie gingen auf das Wohnzimmer zu, vorsichtig, behielten die Liegenden im Blick. Er nahm Moussas Waffe mit einem Finger am Abzugsbügel hoch, ließ mit der anderen Hand das Magazin herausschnappen, es war leer.
    »Bleib hinter mir«, sagte Landrich.
    Sie traten über die Schwelle, näherten sich Djamel Benmedi, der auf der Seite lag, die Arme nach vorn gestreckt. Blut strömte rasend schnell aus seinem aufgeplatzten Hals.
    Seine Augen blickten ihnen entgegen. Die Lider bewegten sich. Die Finger.
    Mehr, dachte Eley, konnte er nicht bewegen.
    »Soudani«, sagte er zu Landrich, deutete mit dem Kopf auf die Leichen. »Moussa.«
    Landrich überprüfte bei beiden den Puls, schüttelte den Kopf.
    Währenddessen war Eley zu Djamel getreten, hatte sich auf ein Knie niedergelassen. Er verstand nicht, weshalb. Warum Soudani? Es hatte doch keinen Sinn. Sein Tod schwächte le pouvoir nicht wesentlich.
    »Je suis Eley«, sagte er.
    Die Lider senkten sich langsam. Ich kenne Sie. Ich habe von Ihnen gehört.
    Vielleicht, dachte Eley, bildete er sich das auch nur ein.
    »Pourquoi, Djamel? Pourquoi Soudani?«
    Die Lider schlossen sich, blieben zu, sekundenlang. Öffneten sich. Kein Wort. Er konnte nicht mehr sprechen.
    Eley setzte sich auf den Boden, beugte sich zu Djamel. »Wegen Ihres Vaters? Mouloud?«
    Die Lider, ganz langsam.
    Ja?
    Fern erklangen Martinshörner. Die Verstärkung, der Notarzt. Dann läutete ein Telefon. Er hörte Landrichs Stimme, sah auf.
    Landrich sprach Französisch. Beendete das Gespräch. »Sie haben den anderen.«
    Eley nickte. Aziz Amrani. »Nur Sie beide?«, fragte er Djamel. »Sie und Amrani? Oder sind noch andere beteiligt?«
    Die Lider blieben unbewegt.
    Landrich stand über ihm, blickte auf Djamel herunter. »Er wäre doch blöd, wenn er jetzt reden würde«, sagte er auf Deutsch.
    »Ist noch jemand hier? In Berlin?«, fragte Eley.
    Keine Reaktion.
    »Djamel?«
    »Vorbei«, sagte Landrich.
    Eley schüttelte den Kopf. Er spürte Djamels Finger an einem Bein, sie bewegten sich, strichen kaum wahrnehmbar über sein Knie, wie in einem Krampf, oder als wollten sie den Kontakt nicht verlieren.
    »Sind Sie wegen Soudani nach Deutschland gekommen, Djamel?«
    Die Lider blieben starr.
    »Natürlich«, sagte Landrich, deutete auf die Leichen, das Zimmer. Eley wusste, was er meinte. All dies war nicht zufällig geschehen.
    Die Martinshörner waren verstummt, nur die hochdrehenden Motoren zu hören. Sie waren nicht mehr weit.
    Noch immer bewegten sich Djamels Finger über sein Knie. Er nahm die starren, kalten Hände in seine, hielt sie. »Hören Sie mich, Djamel?«
    Die Lider senkten sich, öffneten sich.
    Ja.
    Weil ihm nichts anderes einfiel, begann Eley, von Algier zu erzählen, seinem Algier – von der Wohnung am Hafen, dem Blick auf das gleißende Cap Matifou, den allmorgendlichen Espressi in der »Milk Bar«, von der Fahrt mit dem Bus hinauf nach El Biar zur Botschaft, den Ausflügen zu Notre-Dame d’Afrique in Bologhine oberhalb des

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