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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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die Finger klamm. Er spürte, wie er allmählich auskühlte. Der Mauerstein war kalt, die Luft.
    Die Vertreiber der Ungläubigen waren keine demokratische Partei, sondern eine Terrorgruppe. Sie entführten, töteten, erpressten Lösegeld.
    Nichts schien zusammenzupassen.
    »Was könnte es sonst sein?«
    »Ein Aufstand«, erwiderte Rigal.
    »Dafür bräuchten sie Geld und Waffen. Womit wir wieder bei Soudani wären. Er hat Geld und kauft Waffen.«
    »Nein, vergiss Soudani.«
    »Ja«, sagte Eley, suchte nach der Entsprechung für »anders wird ein Schuh draus«, aber sie fiel ihm nicht ein. »Soudani weiß Bescheid. Er weiß, dass irgendetwas vor sich geht. Deswegen ist er wieder da. Deswegen die Gewehre und die Panzerbüchsen.«
    Und die anderen?, dachte er. Das Lösegeld für Richter, fünfzig Millionen Dollar. Damit konnte man eine Menge Waffen kaufen. Doch fünfzig Millionen waren viel zu viel. Weder Elbe Defence noch die deutsche Regierung oder die Algerier würden Richter für einen derart exorbitanten Betrag freikaufen.
    Plötzlich war er sicher, dass die Forderung und das Bekenntnis Ablenkungsmanöver waren. Eine Art Bestätigung. Ja, Richter ist von einer islamistischen Terrorgruppe entführt worden. Ja, der Kampf gegen die Ungläubigen. Stellt euch auf lange, schwierige Verhandlungen ein. Alles wie immer im islamistischen Entführungsbusiness. Kein Anlass, sich über anderes Gedanken zu machen.
    Aber warum ausgerechnet Richter?
    Die Entführer waren Risiken eingegangen und hatten strategische Vorteile aufgegeben. Sadek Madjer hatte sich zu erkennen gegeben. Soudanis Misstrauen war geweckt oder bestätigt worden.
    Richter musste wertvoll sein.
    Wenn es nicht um Geld ging, worum dann? Informationen?
    Richter war Elbe Defence. Und Meininger Rau, früher. Beide lieferten Rüstungsgüter an Algerien, Spähpanzer und Sturmgewehre. Die ersten Panzer allerdings würden frühestens in ein, zwei Jahren in Ain Smara gebaut werden. Und sie würden gebaut werden, egal was mit Richter geschah. Ein Geschäft mit einem Volumen von einer Milliarde Euro gab man nicht wegen eines einzelnen Mannes auf.
    Und die Gewehre?
    »Woran denkst du?«, fragte Rigal.
    »Meininger Rau«, sagte Eley.
    »Liefern das MRG 45, zwanzigtausend Stück. Ein hübsches, robustes Teil, stabiler als das G36 von Heckler & Koch. Außerdem geht die Munition auf größere Distanz verlässlicher durch den Körper, bessere Mannstoppwirkung. Die erste Lieferung steht demnächst an, soweit ich weiß. Meininger Rau hat sich angestrengt, hat Sonderschichten eingelegt. Aber lass uns hochgehen, ich habe oben einen algerischen Pinot Noir, hält jedem Vergleich stand.«
    »Oben?«
    Rigal deutete auf den dunklen Hang, die Kasbah.
    Sie standen auf, streckten sich, rieben sich grinsend den Hintern, alternde Europäer in der algerischen Nacht.
    Sie gingen zur Place Port Said zurück.
    Rigal sagte: »Falls du mal im Sofitel bist, Phil besuchen willst oder so was, frag nach Foued. Ein Bekannter, tut mir gelegentlich einen Gefallen. Er wohnt mit fünf Kindern und zwei jüngeren Brüdern in Diar-el-Mahçoul, sie wollen da weg, du verstehst.«
    Eley lächelte, merkte sich den Namen, Foued.
    »Also stimmt es?«, fragte Rigal. »Ein Deutscher wurde entführt?«
    »Zwei«, sagte Eley.

27
    BERLIN
    Reinhold Wegner war hin- und hergerissen zwischen Sorge und Zufriedenheit: Prinz joggte nicht, sie rannte. Drehte wie von Sinnen Runde um Runde, ohne auch nur einmal anzuhalten. Keine Pause, sie hatte nicht einmal Wasser dabei. Eine Besessene. Wer so rannte, würde irgendwann entkräftet aufgeben oder tot umfallen.
    Zweiundzwanzig Uhr dreißig, ein Spielplatz in Kreuzberg am neonbunten Kottbusser Damm. Zwei Pärchen saßen auf den Bänken, einige wenige Spaziergänger tauchten auf und verschwanden, es war kühl geworden. Gelegentlich hörte Wegner einen Hund kläffen und sah durch die Windschutzscheibe hektische Bewegungen um Prinz’ Beine, während sie um den Spielplatz rannte.
    Er lehnte sich im Fahrersitz zurück. Den Döner in beiden Händen, folgte er den gelb reflektierenden Streifen auf ihrem Sportpulli mit dem Blick, so gut es ging.
    Lernte die Gegnerin kennen.
    Er war seit zwei Stunden an ihr dran, war ihr gegen halb neun vom Auswärtigen Amt zu einem Elektromarkt am Alexanderplatz gefolgt. Prinz hatte eine Liste abgearbeitet, Angestellte hatten an die Kasse gebracht, was sie zu kaufen gedachte: einen Vierzig-Zoll-Fernseher, mehrere Dockingstationen, zwei Lautsprecher, in der

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