Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
ihnen jeden Wunsch zu erfüllen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wie ihre eigene Frau, bloß einfacher.«
»O ja, ich verstehe. Dann hat sie eigentlich so gut wie überhaupt nichts mit Mrs Lambourn gemeinsam.«
»Wie is’ die denn?«, fragte Gladys neugierig.
Hester erinnerte sich an Monks Beschreibung und an die Wirkung, die Dinah bei ihm hinterlassen hatte. »Attraktiv, aber keine aufregende Schönheit. Groß, dunkel und faszinierende Augen.«
Gladys schüttelte den Kopf. »Hm, Zenia war das glatte Gegenteil. Sie war ein richtiges Mauerblümchen, mausgrau und sehr still. Eigentlich war sie richtig langweilig, aber auch nett, wenn Sie verstehen, was ich meine? Hat nie über andere hergezogen. Is’ nie böse geworden und hat nie Lügen über einen verbreitet. Und gestohlen hat sie auch nie.«
»Woher wissen Sie das alles über sie?«, fragte Hester verblüfft.
Über so viel Dummheit konnte Gladys nur die Augen verdrehen. »Hab eben von ihr gehört, weil sie das gekriegt hat, was wir alle wollen, was sonst? Ein einziger Gentleman, und nett dazu, der bloß ein Mal im Monat zu ihr musste, sie behandelt hat, als ob sie ’ne Dame wär, und ihr alles bezahlt hat. Wenn mir so was passieren würde, dann wär das für mich, wie wenn ich gestorben und in den Himmel gekommen wär. Wie hat sie das bloß angestellt? Das würd ich für mein Leben gern wissen. Es is’ ja nich’ so, als ob sie es verstanden hätte, ’nen Mann zum Lachen zu bringen oder ihm das Gefühl zu geben, er wär der Interessanteste oder Schönste, der ihr je übern Weg gelaufen is’.«
»Glauben Sie, dass Dr. Lambourn sie liebte?«, wollte Hester wissen. »War sie besonders sanft?«
Gladys zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen? Ich schätze, sie muss bereit gewesen sein, ein paar wirklich seltsame Dinge mit ihm zu machen. Sonst fällt mir nix ein. Dabei kam er mir so anständig vor, wie eine Frau sich ’nen Mann nur wünschen kann. Und er wirkte so normal. Das beweist nur wieder, dass man nie weiß, was hinter ’nem gewöhnlichen Gesicht wirklich steckt.«
Der Gedanke an gewisse Praktiken war Hester auch schon in den Sinn gekommen, so unappetitlich er auch war. Dabei kannte sie Dinah Lambourn überhaupt nicht. Warum bekümmerte es sie dann nur so sehr, dass diese Frau vielleicht einen Mann mit perversen Neigungen leidenschaftlich geliebt hatte? Vielleicht lag ihre Bestürzung darin, dass sie sich selbst ausmalte, wie sie sich fühlen würde, falls sie jemals einen solchen Hang bei Monk entdeckte. Für sie wäre das unerträglich. Damit wäre alles, was sie mit niemandem sonst teilte und was für sie unendlich kostbar war, für immer zerstört.
Aber würde sie dann die Frau umbringen, die ihm solche Dienste geleistet hatte, wie das jetzt Dinah zur Last gelegt wurde? Womöglich. Zwar nicht so wild, so brutal, aber würde sie sie trotzdem töten? Es befremdete, ja beunruhigte sie, dass auch sie einen Mord nicht von vornherein von der Hand weisen konnte.
Mit einem Schlag hatte die Angelegenheit ein anderes Gesicht bekommen, ein trauriges, hässliches und unvorstellbar schmerzhaftes.
»Glauben Sie, dass Zenia ihn liebte?«, fragte sie Gladys. Gleich darauf befielen sie Zweifel. Diese Frau würde keinen Sinn darin erkennen! Gladys lebte, arbeitete und dachte, um zu überleben. Liebe war ein Luxus, den sie sich wahrscheinlich nie würde leisten können. Vielleicht hatte sie sich noch nicht einmal gestattet, davon zu träumen. In Hunderten verschiedenen Verkleidungen galt das wohl für Millionen von Frauen jeden Ranges von der Dienerin bis hin zur ehrbaren, ja sogar wohlhabenden Dame von höchstem gesellschaftlichen Status. Hierbei konnten auch Kinder eine wichtige Rolle spielen. Weder Hester noch Gladys würden je welche bekommen, aber Hester hatte die Liebe. Dessen war sie sich absolut sicher.
Dann wiederum glaubten viele Frauen, sie hätten die Liebe gefunden. Vielleicht auch Dinah Lambourn.
Sie blickte Gladys an. Diese saß ihr gegenüber, die Stirn in Falten gelegt, auf dem Gesicht einen Ausdruck tiefer Konzentration.
Hester wartete.
Zu guter Letzt sah Gladys auf. »Vielleicht. Is’ ja nich’ wirklich wichtig«, antwortete sie langsam. »Was ihr passiert is’, war schrecklich. Mir is’ egal, was sie getan hatte – das war einfach nich’ richtig.«
Hester war sich nicht sicher, wie sie darauf reagieren sollte. »Hatte sie denn etwas so Schlimmes getan?«, bohrte sie nach. Zwar fürchtete sie, Gladys in die Enge
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