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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Blicke sich kreuzten.
    »Nicht bis vor Kurzem«, gab sie zu. »Mein Mann und ich lebten in einiger Entfernung. Da waren Besuche schwierig. Aber wir blieben immer in Verbindung. Wir waren ja nur zu zweit, Joel und ich. Unsere Eltern sind schon lange tot.« In ihrer Stimme klangen Schmerz und Trauer an, und ihr Gesicht verriet Einsamkeit. Sie war die ideale Kronzeugin für Coniston.
    Rathbone wechselte die Taktik. Hier war für ihn nur sehr wenig zu gewinnen. »Lernten Sie damals auch Ihre Schwägerin besser kennen?«
    Erneut zögerte sie.
    Dem Anwalt schnürte sich der Magen zu. Warum hatte er sie das nur gefragt? Wenn sie bejahte, würde sie Dinah entweder verteidigen oder als Verräterin gelten. Wenn sie es leugnete, würde sie einen Grund angeben müssen. Er hatte einen Fehler begangen.
    Eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen. »Ich habe es versucht«, sagte sie schuldbewusst. »Wenn die Entwicklung eine andere gewesen wäre, wären wir vielleicht enge Freundinnen geworden. Aber sie war außer sich vor Trauer um Joels Tod, als gäbe sie sich selbst die Schuld …« Sie ließ ihre Stimme ersterben.
    In der Galerie bewegten sich einige Leute, Seufzer und das Rascheln von Stoff und Papier waren zu hören.
    »Machten Sie ihr Vorwürfe?«, fragte Rathbone deutlich.
    »Nein … natürlich nicht.« Sie wirkte verblüfft.
    »Es war nicht ihre Schuld, dass Dr. Lambourns Untersuchungsbericht zurückgewiesen wurde?«
    Coniston machte Anstalten aufzustehen.
    Rathbone wandte sich mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm um.
    Coniston ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken.
    »Mrs Herne?«, mahnte Rathbone sanft.
    »Wie hätte das sein können?« Amity seufzte. »Das ist nicht möglich.«
    »Hätte sie auf seine … Bedürfnisse eingehen sollen? Diejenigen, derentwegen er dann zu dieser Frau namens Zenia ging?«
    »Ich … ich …« Endlich war sie um Worte verlegen. Sie blickte nicht hilfesuchend zu Coniston hinüber, senkte aber verschämt die Augen.
    Jetzt stand Coniston auf. »Mylord, die Frage meines gelehrten Freundes ist gleichermaßen peinlich und unnötig. Wie hätte Mrs Herne …«
    Rathbone winkte mit eleganter Geste ab. »Schon gut, Mrs Herne. Ihr Schweigen ist Antwort genug. Danke. Ich habe keine weiteren Fragen.«
    Nach Amity rief Coniston Barclay Herne auf und bat ihn, in aller Kürze darzulegen, was die Regierung dazu bewogen hatte, Lambourn mit einer vertraulichen Untersuchung über den Gebrauch und Verkauf bestimmter Medikamente zu beauftragen. Als Nachsatz fügte er den mittlerweile als Tatsache akzeptierten Umstand hinzu, dass Lambourn sich zu seinem großen Bedauern zu leidenschaftlich mit dem Thema identifiziert hatte und darum zu einem derart einseitigen Urteil gelangt war, dass die Regierung es nicht hatte akzeptieren können.
    »Wie reagierte Dr. Lambourn auf die Zurückweisung seiner Untersuchung, Mr Herne?«, fragte Coniston düster.
    Herne legte einen Ausdruck tiefer Trauer in seine Miene. »Sehr schlecht, leider«, antwortete er mit etwas rauer, leiser Stimme. »Er betrachtete das als eine Art persönliche Beleidigung. Ich sorgte mich um seinen Geisteszustand. Ich bedaure aus tiefstem Herzen, dass ich mich nicht mehr um ihn kümmerte. Vielleicht hätte ich ihm zureden sollen, bei einem Kollegen Rat zu suchen, aber … Ich glaubte wirklich nicht, dass ihm das in einem Ausmaß zusetzen würde, das … mit der Realität nichts mehr zu tun hatte.« Er stand da wie ein Häufchen Elend, denn man zwang ihn, die rein private Tragödie seiner Familie offenzulegen.
    Zu seiner Überraschung empfand Rathbone einen Hauch von Mitleid. So unauffällig wie möglich wandte er sich ab, um zu sehen, ob Amity Herne nach der Absolvierung ihrer Aussage im Gerichtssaal geblieben war. Tatsächlich bemerkte er sie nach kurzem Suchen, als ein dicker Mann sich vorbeugte. Amity Herne saß unmittelbar dahinter und neben Sinden Bawtry, dessen schöner Kopf zur Seite gedreht war, als spräche er mit ihr.
    Gleich darauf richtete sich ihr Vordermann wieder auf, und Rathbone konzentrierte sich erneut auf den Zeugenstand.
    Herne beantwortete gerade die nächste Frage. »Später habe ich mich natürlich gefragt, ob er selbst in noch höherem Maße dem Opium zugesprochen hatte, als wir das annahmen. Es tut mir leid, das sagen zu müssen. Jetzt fühle ich mich schuldig, dass ich seinen Zusammenbruch nicht ernster genommen habe.«
    »Danke, Mr Herne.« Erneut verneigte sich Coniston vor Rathbone. »Ihr Zeuge, Sir Oliver.«
    Rathbone

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