Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
anzusprechen, das Ihnen angesichts der Tragödie, die Ihre Familie getroffen hat, zusätzliche Schmerzen bereiten muss.«
    »Danke«, hauchte sie. Sie war eine attraktive Frau, wenn auch nicht schön, und für Rathbones Geschmack eine Spur zu wenig emotional. Aber vielleicht stellte angesichts der Umstände eine gewisse Steifheit die einzige ihr verbliebene Möglichkeit dar, noch irgendwie Fassung zu wahren, während ihr ansonsten jede Privatsphäre verwehrt wurde. Die Würde, mit der sie darauf wartete, dass Coniston die erste Wunde öffnete, erinnerte Rathbone an Margaret, die in seinem Bewusstsein immer noch allgegenwärtig war. Er hätte ihr mehr Bewunderung zeigen müssen. Verzerrte der Verlust seiner Illusionen seine Sicht auf alle anderen Menschen?
    Coniston, der elegant und fast ehrerbietig vor seinem Pult stand, hatte mit Sicherheit erkannt, dass die Geschworenen es jedem verübeln würden, der ohne Not grob mit Amity Herne umsprang. Er würde sie von Anfang an mit Samthandschuhen anfassen und so ein Muster vorgeben, an das Rathbone sich wohl oder übel würde halten müssen.
    »Mrs Herne«, begann er, »war Ihnen die Natur der Untersuchung, die Ihr Bruder, Dr. Lambourn, für die Regierung durchführte, ein Begriff?«
    Rathbone richtete sich auf. Der Richter würde doch bestimmt nicht zulassen, dass dieses Thema aufgeworfen wurde!
    »Nur in groben Umrissen«, antwortete Amity mit leiser, präziser Stimme. »Es war eine Art medizinische Studie, das ist alles, was er darüber sagte.«
    »Vertraulich?«, fragte Coniston.
    »Das nehme ich an.« Sie richtete die Augen fest auf ihn, ohne sie zur Galerie hinüberwandern zu lassen oder einen Blick auf die Anklagebank zu werfen, wo Dinah zwischen zwei Wärterinnen saß.
    »Aber ich habe ihn nicht nach Einzelheiten befragt«, fuhr sie fort. »Ich weiß, dass die Angelegenheit ihn bedrückte. Sie ging ihm sehr nahe, und ich machte mir Sorgen, dass er sich noch mehr in sie hineinsteigern würde.«
    Rathbone erhob sich. »Mylord, Mrs Herne hat soeben erklärt, wenig darüber gewusst zu haben, womit ihr Bruder in seiner Arbeit befasst war. Wie konnte sie da beurteilen, ob sein Engagement zu weit ging?« Er hätte noch gerne ins Feld geführt, dass ihre Bemerkung ohne jeden Belang für Zenia Gadneys Tod war, doch diesen Punkt wollte er sich für später aufheben. Dann würde er ihm aber einen günstigen Ansatz bieten.
    Coniston lächelte. »Wenn es sich auf seinen Geisteszustand auswirkte, Mylord, wird es zwangsläufig auch Folgen für den Geisteszustand der Angeklagten gehabt haben.«
    »Mylord!« Rathbone stand noch immer. »Wie kann sich Dr. Lambourns Einsatz für seine Untersuchung zwei Monate nach seinem Tod auf den Geisteszustand der Angeklagten ausgewirkt haben? Will mein gelehrter Freund unterstellen, dass hier so etwas wie übertragbarer Wahnsinn im Spiel war?«
    Gedämpftes nervöses Gelächter erhob sich von der Galerie. Ein Geschworener schnäuzte sich und hielt sich sein Taschentuch lange vor das Gesicht.
    »Ich gestatte diese Art der Befragung«, verkündete Pendock und räusperte sich. »Unter der Voraussetzung, dass Sie sehr bald eine gewisse Relevanz für diesen Prozess herstellen, Mr Coniston.« Er vermied es, Rathbone anzusehen.
    »Danke, Mylord.« Coniston verneigte sich knapp, dann wandte er sich wieder seiner Zeugin zu. »Mrs Herne, verfolgte Dr. Lambourn seine Aufgabe, worin sie auch immer bestand, mit mehr Leidenschaft, als das bei ihm üblich war?«
    »Ja«, sagte sie entschieden, und ein Ausdruck von Trauer überschattete ihr Gesicht, »er ging voll und ganz darin auf.«
    »Was meinen Sie damit, Mrs Herne? Was ist daran ungewöhnlich, wenn ein Arzt in seiner Arbeit aufgeht?« Coniston war immer noch die Höflichkeit in Person.
    »Als die Regierung seine Schlussfolgerungen zurückwies, war er verzweifelt. Bisweilen sogar fast hysterisch. Ich …« Die Situation schien ihr unangenehm zu sein. Sie klammerte sich an das Geländer und schluckte mehrmals, als kämpfte sie die Tränen zurück. »Ich glaube, dass das der Grund war, warum er sich das Leben nahm. Ich wünschte, ich hätte früher begriffen, wie ernst es um ihn stand. Vielleicht hätte ich irgendetwas sagen oder tun können. Ich erkannte nicht, dass alles, was ihm im Leben etwas bedeutete, um ihn herum auseinanderbrach. Oder zumindest wirkte das so auf ihn.«
    Coniston stand regungslos in der Mitte der freien Fläche, eine elegante Erscheinung, die volles Verständnis ausdrückte. »Alles

Weitere Kostenlose Bücher