Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
derjenige dafür sorgen, dass mit ihm auch das Geheimnis beerdigt wurde.«
Agatha wartete, unbeweglich wie ein Berg, und beobachtete ihn.
»Ich glaube, dass er das in der letzten Woche seines Lebens herausfand«, fuhr Monk fort. »Und jetzt folge ich seinen Spuren, so dicht ich nur kann.«
»Seien Sie bloß leise dabei«, riet sie ihm mit einem Anflug von schwarzem Humor. »Sie wollen doch nich’ auch noch mit aufgeschlitzter Kehle oder noch übler zugerichtet im Fluss gefunden werden.«
»Ich sehe, dass Sie vollkommen verstanden haben. Was hoffte Lambourn, von Ihnen zu erfahren, und was haben Sie ihm gesagt?« Er überlegte, ob er noch etwas über ihre Sicherheit hinzufügen sollte, sagte sich dann aber, dass ihr Schutz anzubieten einer Beleidigung gleichkäme. Sie musste so gut wie er wissen, dass Schutz einfach nicht möglich war.
»Opium«, murmelte sie nachdenklich. »Vieles von dem, was damit zusammenhängt, is’ wirklich nich’ schön.«
»Zum Beispiel?«, fragte Monk. »Diebstahl? Es mit schlechten Ersatzstoffen zu strecken und auf diese Weise unrein zu machen? Schmuggel gibt es nicht. Es kommt absolut legal ins Land. Was ist es wert, jemanden deswegen zu ermorden?«
»Man kann töten, um einen Markt zu beherrschen, egal, welchen!« Sie schnaubte voller Abscheu. »Bäcker und Fischhändler tun das! Auch vom Fleischmarkt wollen sich alle möglichen Leute ’ne Scheibe abschneiden und sich im Geschäft halten!«
»Hat sich Lambourn bei Ihnen danach erkundigt?«
Ihre Züge spannten sich an. »Ich hab meine eigenen Wege, um an Opium ranzukommen – an reines. Ich wende es gegen Schmerzen an, aber nich’ bei irgendwelchen reichen Dummköpfen, die vor ihren Schwierigkeiten fliehen wollen. Das hab ich ihm gesagt.«
»Warum dann der Aufwand mit Dr. Lambourns Ermordung? Verraten Sie mir das, Mrs Nisbet!«, drängte Monk. »Er war ein guter Mensch, ein Arzt, der sich dafür einsetzte, dass Medikamente korrekt gekennzeichnet wurden, damit die Leute sich nicht mehr versehentlich selbst umbrachten. Man hat erst ihn ermordet, um ihn zum Schweigen zu bringen, und dann seine Frau abgeschlachtet, um seine zweite Frau dafür hängen zu lassen. Was immer es ist, das er entdeckt hat, es ist viel schlimmer als die Gaunereien, die ich am Hafen mitbekomme. Diese Banditen können nicht ganz London umbringen.«
Agatha Nisbet nickte bedächtig. »Es gibt tatsächlich Schlimmeres als Diebstahl. Schleichendes Gift, zum Beispiel. Es hat gute Männer auf dem Gewissen, die jetzt in einer Art lebendem Tod dahinvegetieren, der grauenhafter is’ als das Grab. Opium hat eine gewaltige Macht. Wie das Feuer. Das wärmt den Kamin – oder es brennt das ganze Haus nieder.«
Monk war bewusst, dass sie ihn scharf beobachtete. Nichts würde ihr entgehen, weder das kleinste Zucken in seinem Gesicht noch die winzigste Bewegung seiner Augen. Einen kurzen Moment fragte er sich, was diese Frau gesehen und getan haben mochte; was das Leben ihr verwehrt hatte, dass sie diesen Weg gewählt hatte. Dann wandte er sich wieder der Gegenwart zu.
»Das Grauen, das ich gesehen habe, ist eher gewöhnlicher Natur«, erklärte er vorsichtig, denn ihm war klar, dass sie erst fortfahren würde, wenn er ihre Arbeit irgendwie gewürdigt hatte. »Hier eine Frau, die vergewaltigt und totgeschlagen wurde, dort ein Mann, den man abgestochen hat, oder ausgemergelte Kinder, die misshandelt und gequält wurden. Das alles hat es schon mal gegeben, und es wird wieder geschehen. Das Beste, was ich erreichen kann, ist, dass es weniger oft passiert. Aber was wissen Sie über diese Sache, die ganz London ins Unglück stürzen wird?«
Agathas Miene wurde jäh düster und hart. »Mord«, sagte sie leise. »Am Ende läuft alles auf Mord hinaus, oder? Mord wegen Geld. Mord für Schweigen. Mord für Träume, für Frieden statt rasenden Schmerzen, Mord für ’ne Nadel und ’ne Tüte mit weißem Pulver.«
Monk schwieg. Jenseits der Tür hörte er schnelle, leichte Schritte, und von weiter hinten vernahm er das Stöhnen von jemandem. Kein Knarzen von Bettfedern, nur das Rascheln von Strohsäcken auf dem Boden.
»Wer?«, fragte er schließlich. »Wer war es, den Lambourn enttarnt hat?«
»Das weiß ich nich’«, antwortete Agatha nach kurzem Zögern. »Und ich will’s nich’ wissen, weil ich ihn sonst umbringen müsste.«
Monk hatte keinen Zweifel daran, dass sie das tun würde. Was seine eigene Moral betraf, war er im Zwiespalt, denn womöglich empfand er genauso
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