Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Selbstkritik, Zorn.
»Du gehst nicht allein«, erklärte Monk, ohne zu zögern. »Wenn das der Mann ist, der Lambourn ermordet und Zenia Gadney zerstückelt hat, würde er nicht lange fackeln und dasselbe auch mit dir machen. Entweder ich komme mit, oder du bleibst hier!«
Ein feines Lächeln huschte über ihre Lippen, als hätte sein Verbot sie amüsiert.
»Hester!«, mahnte er scharf.
»Denk an die anderen Aufgaben, die auch noch zu erledigen sind«, entgegnete sie. »Laut Agatha war dieser Arzt früher ein guter Mensch. Davon werden immer noch einige Reste vorhanden sein, solange ich keine Bedrohung für ihn darstelle.« Sie beugte sich etwas weiter vor, um sich auf diese Weise mehr Autorität zu verschaffen. »Wir müssen wissen, wer ihn benutzt. Das ist derjenige, der Lambourn und Zenia Gadney ermordet hat – oder hat umbringen lassen. Den Arzt können wir uns vornehmen, nachdem wir Dinah entlastet haben. Vorher reicht die Zeit einfach nicht.«
Monk presste die Zähne aufeinander und ließ langsam die Luft entweichen. »Was, wenn dieser Arzt der Mörder ist?«, fragte er und wünschte sich im selben Moment, sein Einwand wäre nicht nötig gewesen.
Ihre Augen verrieten ihm, dass sie begriffen hatte.
Doch es war Runcorn, der in Worte fasste, was sie gedacht haben musste. »Das wird der Grund sein, warum in der Nähe von Lambourns Leiche keine Flasche oder Ampulle herumlag«, meinte er niedergeschlagen. »Er hatte das Opium nicht getrunken, es war ihm mit einer dieser Spritzen injiziert worden. Und natürlich nahm der Mörder sie dann mit. Es lag wohl kaum in seinem Interesse, dass jemand darüber Bescheid wusste. Aber es kann doch nicht so viele Personen geben, die eine solche Ausrüstung besitzen.«
»Das ändert trotzdem nichts daran, dass wir noch nicht wissen, wer Zenia Gadney umgebracht hat.« Zum ersten Mal meldete sich Orme zu Wort. »Ich bin wochenlang jeden Tag am Limehouse Pier draußen gewesen. Niemand gibt zu, sie am fraglichen Abend dort gesehen zu haben, außer in Begleitung einer Frau. Wenn sie einen Mann getroffen hat, ob Arzt oder nicht, einen, der von Herne oder Bawtry bezahlt wurde, dann ist das danach geschehen.« Er blickte erst Runcorn und dann Monk an. »Ich nehme an, Sie halten es für möglich, dass es trotz allem Dinah war, die die beiden umgebracht hat, nicht aus Eifersucht oder rasender Wut, sondern weil sie dafür Geld bekam und Opium dahintersteckte?«
Keiner antwortete ihm. Dieser Gedanke war nicht von der Hand zu weisen, und dennoch wollte ihn niemand akzeptieren.
Am Ende war es Runcorn, der das Schweigen brach.
»Ich habe damals mit allen gesprochen, die in Lambourns Haus leben«, begann er. »So konnte ich eine ziemlich gute Liste über seine Unternehmungen in seiner letzten Woche aufstellen. Allerdings enthält sie nur das, was man ohnehin erwarten würde.« Er zog zwei Blätter aus seiner Jackentasche und breitete sie auf dem Tisch aus.
Monk warf einen kurzen Blick darauf, doch Runcorns Miene verriet ihm, dass das noch nicht alles war.
»Aber dann habe ich versucht, seinen letzten Tag zu rekonstruieren«, fuhr Runcorn fort. »Die Ereignisse, die zu seinem Selbstmord geführt haben könnten. Ich glaube einfach nicht, dass irgendjemand beschließt, sich am nächsten Tag umzubringen. Wenn man das tut, dann geschieht es spontan. Wer immer ihn ermordet hat, hat das sorgfältig geplant, damit auch wirklich jedes Detail auf Selbstmord hinweist.«
Alle am Tisch nickten zustimmend. Niemand erwähnte Dinah, doch gerade deswegen schien sie umso gegenwärtiger zu sein.
»Mit wem traf er sich an diesem Tag?«, wollte Monk wissen. Schon bevor Runcorn den Mund öffnete, wusste er, dass die Antwort nicht leicht sein würde. Die Verwirrung war seinem Kollegen an den Augen abzulesen.
»Dr. Winfarthing«, erklärte Runcorn. »Gleich am Morgen. Am Nachmittag nur Ladeninhaber in Deptford. Danach kam er zu einem frühen Dinner nach Hause und arbeitete dann in seinem Büro, bis er am Abend einen kurzen Spaziergang mit Mrs Lambourn unternahm. Gegen zehn legten sie sich beide schlafen. Niemand hat ihn mehr lebend gesehen. Am nächsten Morgen wurde er am One Tree Hill von dem Mann entdeckt, der mit seinem Hund hinausgegangen war.«
»Das ergibt doch keinen Sinn«, stieß Hester betrübt hervor. »Nichts von alldem hätte Selbstmordgedanken auslösen können. Und das war noch nicht einmal der Tag, an dem er erfuhr, dass seine Studie abgelehnt worden war, oder?« Ihr Blick wanderte von
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