Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Oliver kann die Verhandlung bis dahin vertagen.«
20
In der Nacht lag Rathbone lange wach und grübelte. Monk hatte ihn regelmäßig auf den neuesten Stand seiner Ermittlungen gebracht und ihm sogar mitgeteilt, wonach sie suchten. Doch bislang hatten sie keine Beweise gefunden, die sie dem Gericht vorlegen konnten.
Dinahs einzige Verteidigung bestand in ihrem Glauben daran, dass ihr Mann ermordet worden sei, weil er etwas entdeckt hatte, das den Ruf einer bestimmten Persönlichkeit ruinieren würde. Sie selbst wiederum war bereit, ihr eigenes Leben zu riskieren, solange sie auf diese Weise die Polizei und das Gericht zwingen konnte, die Wahrheit zu ermitteln.
Wann sollte Rathbone die Geschworenen darauf aufmerksam machen? Wenn er es zu früh enthüllte, würde dieser Gedanke seine Macht bis zum Schlussplädoyer verlieren. Wartete er indes zu lange, würde es nach einem verzweifelten Manöver in letzter Minute aussehen.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Finsternis und hatte das Gefühl, die Kontrolle über diesen Fall vollkommen verloren zu haben. Er musste sie unbedingt zurückgewinnen. Doch auch wenn sein Vorgehen momentan auf nichts als dem Vertrauen in Dinahs Unschuld und der Hoffnung auf Monks Fähigkeit beruhte, noch einen Beweisfaden zu finden, tat er gut daran, dies vor Coniston zu verbergen. Und auf keinen Fall durften die Geschworenen etwas davon mitbekommen.
In Monks Nachricht war deutlich von einer Opiumsucht die Rede gewesen, die noch schlimmer war als diejenige beim bloßen Rauchen, da hier die Substanz durch die Vene direkt in den Blutkreislauf gespritzt wurde. Jemand machte Menschen in einer Zeit der Schwäche, des physischen oder seelischen Leidens bewusst abhängig und beutete dann ihre Verzweiflung aus.
Solche Skrupellosigkeit war Ausdruck unendlicher Verderbtheit, doch vor dem Gesetz galt sie nicht als Verbrechen. Monk hatte das ausdrücklich eingeräumt. Warum war Lambourn dann also umgebracht worden? Was hatte er entdeckt, dass er deswegen hatte sterben müssen?
Rathbone blieb nichts anderes übrig, als zu raten, und zwar auf Anhieb das Richtige. Nur dann konnte er hoffen, eine Verlängerung zu erwirken, in der Monk auf einen konkreten Beweis stoßen musste. Bis dahin hätte Rathbone die Grundlagen seiner Argumentation errichtet und müsste nur noch das fehlende Stückchen einfügen, das alle Teilchen zusammenführte, und den Namen desjenigen nennen, der die Morde an Lambourn und Zenia Gadney zu verantworten hatte.
Würde ihm das gelingen? Mit den Umrissen eines Plans im Kopf schlief er endlich ein.
Als der Prozess am Montagvormittag fortgeführt wurde, bemerkte Rathbone gleich als Erstes die selbstgefällige Zufriedenheit in Sorley Conistons Gesicht. Wie die Dinge standen, konnte sein Gegner kaum noch verlieren.
Wenn Rathbone den Hauch einer Chance haben wollte, musste jetzt er das Tempo diktieren und die andere Seite mit Indizien unter Druck setzen. Morgen war Heiligabend. Momentan konnte er bestenfalls auf vernünftige Zweifel bauen, doch ein Blick hinüber auf die zwölf Geschworenen ließ keine Hoffnung aufkommen. Regungslos saßen sie mit grimmiger Miene da, als bereiteten sie sich bereits für den Augenblick vor, in dem sie stoisch verkünden würden, dass sie bereit waren, eine Frau für eine Tat zum Tode zu verurteilen, die sie ihrer Überzeugung nach begangen hatte.
Rathbone sah weit und breit keinen anderen Verdächtigen, den er ihnen anbieten konnte, doch jetzt musste er schleunigst einen aus dem Hut zaubern. In seiner Vorstellung war das ein namen- und gesichtsloser Meuchelmörder, angeworben vom wahren Schuldigen, der danach trachtete, Lambourns Glaubwürdigkeit zu zerstören und seine Studie aus der Welt zu schaffen. Während Rathbone sich das vor Augen hielt, kam ihm sein Ansatz genauso verzweifelt vor, wie er auf alle Anwesenden wirken musste. Egal – jetzt galt es, dieser Person ein Profil zu verleihen: Ziele, Verlustängste, Gier, Niedertracht.
Nachdem Richter Pendock alle an ihre Pflichten erinnert hatte, erhob sich Coniston und rief seinen letzten Zeugen auf. Rathbone war gemäß den Vorschriften über dessen Namen und Funktion in Kenntnis gesetzt worden, hatte aber keine Möglichkeit, etwas gegen die Aussage dieses Mannes vorzubringen, von der er jetzt schon wusste, worauf sie hinauslaufen würde. Er hatte gehofft, Coniston würde nicht auf die Idee kommen, auch ihn aufzutreiben, aber angesichts von Amity Hernes Wissen über Dinah Lambourn war
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