Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
oder welche Dosierung angemessen oder gefährlich ist.« Sie hielt inne und studierte sein Gesicht, um sich zu vergewissern, dass er ihr noch folgte.
»Die Rolle Ihres Mannes«, erinnerte er sie.
»Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Beweis der Notwendigkeit des Gesetzes zu sammeln. Im Parlament wird es nämlich von einer massiven Opposition bekämpft, hinter der all jene stehen, die mit dem bisher uneingeschränkten Verkauf von Opium ein Vermögen verdient haben.«
»Ich verstehe. Bitte fahren Sie fort.«
Sie holte tief Luft. »Joel arbeitete Tag und Nacht daran, Fakten und Zahlen zu erfassen, Proben und Gegenproben zu prüfen und alle möglichen Leute zu befragen. Je mehr er erfuhr, desto schlimmer stellte sich ihm das Gesamtbild dar. Manchmal hatte er Tränen in den Augen, wenn er Berichte über den Tod von Babys gehört hatte. Er war weiß Gott kein sentimentaler Mann, aber die vielen Todesfälle, die so leicht hätten vermieden werden können, belasteten ihn unendlich.« In ihrem Gesicht spiegelte sich ihre eigene Anteilnahme wider. »Nichts davon geschah aus Böswilligkeit. Die Leute waren nur völlig ahnungslos im Hinblick auf das, was sie benutzten. Das waren ganz einfache Menschen: Sie hatten Angst oder Schmerzen, waren vielleicht erschöpft und wussten einfach nicht mehr weiter; kurz, sie suchten verzweifelt nach irgendetwas, das ihre eigenen Schmerzen oder die von geliebten Angehörigen lindern konnte.«
Langsam zeichneten sich vor Rathbone die Konturen eines Zusammenhangs ab, der viel größer war, als er es sich vorgestellt hatte, und plötzlich befiel ihn das absurde Gefühl, ein Privileg zu genießen, nur weil es ihm physisch gut ging. »Er präsentierte also der Regierung die Ergebnisse seiner Untersuchung?«, fragte er zusammenfassend. Das lag unabhängig von dem, was Monk ihm mitgeteilt hatte, eigentlich auf der Hand, doch er musste sich davor hüten, voreilige Schlüsse zu ziehen oder Dinah irgendwelche Formulierungen in den Mund zu legen.
»Ja. Und sie hat sie abgelehnt.«
Dinah war anzusehen, dass es ihr immer noch schwerfiel, diese Entscheidung zu akzeptieren. Rathbone nickte. Monk hatte ihre Loyalität zu ihrem Mann richtig eingeschätzt.
»Mit welcher Begründung?«, fragte er.
»Angebliche Inkompetenz, er habe sich in extremem Maße auf seine vorgefasste Meinung versteift.« Die Stimme brach ihr, und es bereitete ihr Mühe, die Worte auszusprechen. »Sie weigerten sich, die von ihm gesammelten Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Für ihn war klar, dass seine Ergebnisse schlicht nicht ihren finanziellen Interessen entsprachen.«
»Mit ›sie‹ ist die Regierung gemeint?«, hakte Rathbone nach. Er konnte sehen, dass Dinah felsenfest von ihrer Darstellung überzeugt war, doch in seinen Ohren klang das so, als könnte sie sehr wohl befangen sein.
Sie hörte den skeptischen Unterton aus seiner Stimme heraus. Fast unmerklich strafften sich ihre Lippen. »Ich spreche von der Regierungskommission, in der Sinden Bawtry den Vorsitz führt und in der auch mein Schwager, Barclay Herne, mitarbeitet.« Sie gab sich keine Mühe mehr, ihre Verbitterung zu verbergen. »In der Regierung sitzen viele Leute, die glauben, dass ein neues Gesetz dem ärmeren Teil der Bevölkerung den Zugang zu Opium verwehren und sie darum in hohem Maße diskriminieren würde. Und natürlich würde es viel Geld kosten, die Medikamente korrekt zu analysieren und zu etikettieren. Das wiederum würde die Gewinne bei sämtlichen verkauften Fläschchen und Päckchen schmälern. Und damit natürlich auch die darauf aufgebauten Vermögen. Alles Teile des Erbes aus den Opiumkriegen.«
Sie beugte sich mit eindringlichem Blick vor, die Hände auf die vernarbte Tischplatte zwischen ihnen gelegt. »Es gibt sehr vieles, worüber wir nicht sprechen, Sir Oliver, quälende Dinge, die viele verzweifelt zu verbergen suchen. Niemand gesteht sich gern ein, dass Dinge, die sein Land getan hat, zutiefst beschämend sind und sich durch nichts rechtfertigen lassen. Joel war genauso patriotisch gesinnt wie Sie oder jeder andere anständige Bürger, aber er leugnete die Wahrheit nicht, wie schrecklich sie auch ist.«
Rathbone verlor zunehmend die Geduld. »Was hat das alles mit Zenia Gadneys Ermordung zu tun, Mrs Lambourn?«
Dinah zuckte zusammen. »Joel ist vor zwei Monaten tot aufgefunden worden … zwei Monate vor Mrs Gadneys Ermordung.« Sie schluckte, als hätte sie etwas in der Kehle, das ihr die Luft abwürgte. »Er saß allein auf dem One
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