Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Tree Hill im Greenwich Park. Er hatte eine ziemlich hohe Dosis Opium eingenommen und …« Erneut stockte sie. »Seine Handgelenke wiesen tiefe Einschnitte auf; er war verblutet. Sie sagten, er hätte Selbstmord begangen. Der Grund sei sein berufliches Scheitern gewesen, nachdem die Regierung seine Untersuchung zurückgewiesen hatte. Sie hatten sich sehr abfällig über sein Fachwissen geäußert.«
Sie sprach jetzt schneller, als wollte sie das alles möglichst rasch hinter sich bringen. »Sie sagten, er sei überemotional und inkompetent. Er hätte nicht zwischen persönlichen Tragödien und einer objektiven Bewertung von Fakten unterscheiden können. Sie … stellten ihn als dummen … Amateur hin.« Sie blinzelte ihre Tränen weg, doch sie rannen ihr trotzdem über die Wangen. »Das verletzte ihn zutiefst, aber dennoch war er nicht selbstmordgefährdet! Ich weiß, Sie denken jetzt, dass ich das nur glaube, weil ich ihn geliebt habe, doch es ist die Wahrheit. Er war fest entschlossen, sich zu wehren, zu beweisen, dass er recht hatte. Das Thema lag ihm viel zu sehr am Herzen, als dass er einfach aufgegeben hätte.« Sie schüttelte den Kopf. »In den letzten Tagen vor seinem Tod habe ich ihn öfter um drei oder vier Uhr morgens mit vor Erschöpfung leichenblassem Gesicht in seinem Arbeitszimmer angetroffen. Ich forderte ihn auf, ich flehte ihn an, sich ins Bett zu legen, aber er sagte nur, dass nach allem, was er erfahren hatte, seine Alpträume viel schlimmer waren als jede Müdigkeit. Sir Oliver, er hätte sich nie und nimmer umgebracht! Das hätte er als Verrat an denjenigen empfunden, denen zu helfen seine Mission war.«
Es widerstrebte Rathbone, ihr diese Fragen zu stellen, aber er konnte sie nur verteidigen, wenn er die ganze Wahrheit kannte – was auch immer in der Vergangenheit geschehen war, wie immer es sich tatsächlich mit dem Opium verhielt. Da war es besser, ihr jetzt Schmerzen zuzufügen als vor Gericht, wo jeder Schaden eine öffentliche Angelegenheit und mit ziemlicher Sicherheit nicht wiedergutzumachen sein würde.
»Wenn es so ist, dann stimme ich Ihnen zu«, sagte er sanft. »Die Ablehnung seiner Studie war für ihn kein Grund, sich das Leben zu nehmen. Das wirft aber die Frage auf, was der wahre Grund gewesen sein könnte. Die Anklage wird sich möglicherweise Ihrer Auffassung anschließen, dass er bereit war, den Kampf gegen die Regierung aufzunehmen, dann aber behaupten, dass seine Affäre mit Zenia Gadney auf die eine oder andere Weise hochschwappte. Vielleicht drohte sie, ihn bloßzustellen …«
»Das ist absurd!«, rief Dinah scharf. »Dazu hätte sie fünfzehn Jahre Zeit gehabt! Wieso, um alles auf der Welt, hätte sie es jetzt tun sollen? Sie hätte gewusst, dass sie im Falle seines Todes kein Einkommen mehr hätte und gezwungen sein würde, ihr Geld auf der Straße zu verdienen, was für Frauen ihres Alters schwierig und – wie sich auf tragische Weise erwiesen hat – gefährlich ist.«
Rathbone ließ ihr Gesicht nicht aus den Augen. »Man wird argumentieren, dass sie sich dessen nicht bewusst war.«
Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Sie war vielleicht eine gewöhnliche Frau, aber nicht dumm! Sie lebte in Limehouse. Dort kannte sie Leute, ging einkaufen, lief hierhin und dorthin durch die Straßen.« Dinahs Stimme nahm einen spöttischen Ton an. »Glauben Sie wirklich, sie ahnte nicht, wie gefährlich es dort war?«
»Dann war ihr zumindest nicht klar, dass Dr. Lambourn sich das Leben nehmen und sie ohne einen Penny zurücklassen könnte«, verteidigte sich Rathbone.
Dinah maß ihn mit einem verächtlichen Blick. »Sie kannte ihn seit fünfzehn Jahren und soll sich dessen nicht bewusst gewesen sein?« Bevor Rathbone sie auf den Schwachpunkt ihres Arguments hinweisen konnte, brachte sie schon das nächste vor. »Natürlich war sie sich dessen nicht bewusst – weil es einfach nicht stimmte. Wegen des Geldes hätte Joel sich nie umgebracht, und ich glaube auch nicht, dass sie so gierig oder dumm war, ihm zu drohen. Etwas weniger als das, was man eigentlich will, ist immer noch weitaus besser als überhaupt kein Geld, egal, ob man Zenia Gadney oder sonst wie heißt. Sie war Ende vierzig! Wohin wäre sie wohl gegangen, um einen anderen Mann zu finden, der sie unterstützte und keine Gegenleistung dafür verlangte?«
»Keine Gegenleistung?«, wiederholte Rathbone verblüfft. Konnte Dinah das wirklich glauben?
Sie errötete. »Ein Besuch im Monat«, sagte sie
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