Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
wie der armen Zenia Gadney zu reden. Weigerte sich Dinah am Ende einfach nur, ein Scheitern zu akzeptieren, ob das ihres Mannes oder ihr eigenes?
Die wahrscheinlichste Antwort auf all diese Fragen war doch wohl, dass sie selbst einem Wahn anheimgefallen war, ein Opfer welcher Fakten auch immer war, die sie sich würde eingestehen müssen. Vielleicht konnte sie um des eigenen Überlebens willen nur Antworten zulassen, die ihre Scheinwelt intakt ließen.
Monk hatte Rathbone zur Übernahme dieses Falles überredet. Jetzt musste Rathbone ihn dazu überreden, ihm zu helfen, dieses übermächtige Chaos zu entwirren.
Tief in die Illusionen Fremder versunken, mal zu der einen Auffassung, mal zu deren Gegenteil neigend, erreichte er die Anlegestelle. Es war eine Wohltat für ihn, endlich zahlen und aussteigen zu können, um dann noch ein paar Minuten im Freien auf die Fähre zu warten, während er den Geräuschen von Wind und Wasser lauschte.
Als das Boot eintraf, stieg er die nassen und etwas glitschigen Steinstufen hinunter, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend. Das hätte ihm gerade noch gefehlt, dass er in das kalte, schmutzige Wasser fiel. Abgesehen von den Unannehmlichkeiten würde er sich unsterblich blamieren. Doch unversehrt kletterte er an Bord und setzte sich.
Die Strömung war bei einsetzender Ebbe von gewaltiger Kraft. Kleine Wellen sorgten für eine unruhige Überfahrt, doch Rathbone war froh über den scharfen Wind, die Gerüche von Schlamm und Salz und das Kreischen der Möwen.
Am anderen Ufer genoss er den Weg von der Anlegestelle Princes Stairs hinauf, dann die Rotherhithe Street entlang und durch das kurze gewundene Stück an deren Ende zur Paradise Place.
Hester empfing ihn an der Tür. Sie sah gut aus. Ihr Gesicht hatte etwas Weiches, ohne dass dies das Feuer in ihr eindämmte, das voller Ungestüm gegen Ungerechtigkeit, Dummheit und jede Form von Arglist loderte. Trotz seiner Sorgen musste Rathbone unwillkürlich lächeln. Auf ihre Freundschaft wenigstens war Verlass.
»Oliver!«, rief sie erfreut. »Kommen Sie herein! Wie geht es Ihnen?« Das waren keine leeren Worte. Ihre Augen suchten sein Gesicht ab, forschten nach der Wahrheit. Erkannte sie die Enttäuschung darin, die Einsamkeit, die er gerne verborgen hätte?
»Mir geht es gut, danke«, sagte er und trat ein. »Aber Monk hat mir einen praktisch unmöglichen Fall vermittelt. Ich werde seine Hilfe benötigen. Bitte sagen Sie mir nicht, dass er schon gegangen ist.«
»Er ist da«, versicherte sie ihm. »Möchten Sie sich in den Salon setzen, wo Sie ungestört miteinander sprechen können? Wenn Sie wollen, bringe ich Ihnen Tee oder sogar ein Frühstück. Auf dem Fluss draußen muss es kalt gewesen sein.«
»Wissen Sie noch gar nicht darüber Bescheid?«, fragte er überrascht.
Sie gestattete sich ein winziges Lächeln. »Er hat lediglich gesagt, dass er Dinah Lambourn verhaften musste. Sie haben den Fall doch nicht übernommen? So früh? Wie … voreilig von Ihnen.« Ihr Lächeln wurde breiter. Vor langer Zeit, als sie gemerkt hatte, dass er in sie verliebt war, hatte sie sich über seine Vorsicht lustig gemacht und ihn damit aufgezogen, dass er mit seinem Drang zu peinlicher Ordnung doch unmöglich an der Seite eines so impulsiven Menschen wie sie glücklich werden könne. Damals hatte er geglaubt, sie hätte recht. Jetzt dachte er anders.
»Nicht einmal ein Mann ohne Neigung zu voreiligem Handeln würde Ihr Angebot ablehnen«, sagte er verschmitzt.
»Dann kommen Sie in die Küche«, lud sie ihn ein und schritt ihm voran durch den Flur.
Der Raum dahinter war behaglich warm, etwas unaufgeräumt und sah ganz nach dem aus, was er war: der Mittelpunkt des Hauses. Auf einer der Bänke stapelten sich saubere Leinentücher, und auf dem Herd simmerte ein Wasserkessel. Von den an der Decke angebrachten Haken hingen getrocknete Kräuter und zwei Zwiebelzöpfe herab. Blau gemustertes Porzellan wartete darauf, in den Geschirrschrank geräumt zu werden.
Monk saß am Küchentisch und aß eine Schale Porridge mit heißer Milch. Das war wahrscheinlich der Grund, warum Hester an die Tür gegangen war. Sobald er Rathbone erkannte, stand er auf und begrüßte ihn.
Plötzlich bemerkte der Anwalt, dass er heute noch gar nichts gegessen hatte; sein Magen knurrte laut.
Hester sah, wie er zu Monks Portion hinüberschielte. Ohne ihn zu fragen, lud sie eine Schale mit Porridge voll und stellte sie für ihn auf den Tisch. Sie erkundigte sich auch
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