Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Loyalität, die sie Lambourn und auch Zenia bewiesen hatte, und ihrem Charakter. Auf ihre Vernehmung im Zeugenstand wollte er allerdings lieber verzichten. Mit ihrem Glauben an eine Verschwörung, für die es keinerlei Beweise gab, bot sie einfach zu viele Angriffsflächen für Spott und Hohn.
Monk und Hester forschten immer noch nach hieb- und stichfesten Indizien, und auch Runcorn wollte sich an der Suche beteiligen, sofern er dazu kam. Das Schlimme war nur, dass alles, was für Dinah sprach, sich ebenso als Zeichen ihrer Schuld interpretieren ließ. Und nicht zuletzt gab es keinen anderen Menschen, der als Verdächtiger präsentiert werden konnte.
Der Überfall auf Monk war brutal und gut organisiert gewesen, taugte jedoch nicht dazu, mit der Ermordung Zenia Gadneys in Zusammenhang gebracht zu werden. Bislang hatte es auch keinen zweiten Angriff gegeben. Trotzdem hatte Rathbone das Gefühl, sich im Kreise zu drehen, und war nur zu froh, als der Gerichtsdiener ihn holen kam und aus seiner zunehmenden Panik riss. Gleich würde der Prozess beginnen.
Zunächst wurden all die üblichen Formalitäten absolviert. Das war ein Ritual, das nicht unbedingt Rathbones ganze Konzentration erforderte. Er blickte zur Anklagebank hinauf, wo Dinah, flankiert von zwei Wärterinnen, hoch über dem restlichen Saal saß. An der linken Wand befanden sich unterhalb des Fensters die Geschworenenbänke, und direkt vor ihm war der große Stuhl postiert, auf dem der Richter in voller Pracht mit scharlachroter Robe und mächtiger Allongeperücke thronte.
Er musterte sie alle einen nach dem anderen, während die üblichen Eidesformeln heruntergeleiert wurden. Dinah Lambourn wirkte in ihrer Angst mit der blassen Haut und den großen Augen wunderschön. Das dichte, dunkle Haar hatte sie straff nach hinten gebunden, sodass ihre wunderbar ebenmäßigen Züge hervorgehoben wurden: die Wangen- und Stirnknochen, die geschwungenen, sensiblen Lippen. Kurz fragte sich Rathbone, ob das für oder gegen sie sprechen würde. Würden die Geschworenen ihre Würde bewundern oder sie als Arroganz missverstehen? Das ließ sich unmöglich abschätzen.
Den Richter, Grover Pendock, kannte Rathbone seit Jahren, aber nicht wirklich gut. Seine Frau litt unter einer körperlichen Behinderung, und er hielt sich von gesellschaftlichen Anlässen fern, an denen sie nicht teilnehmen konnte. Rathbone wusste nicht, ob das aus Rücksicht auf sie geschah oder nur eine bewundernswerte Ausrede war, um sich einer Pflicht zu entziehen, an der er keine Freude fand. Er hatte zwei Söhne. Der ältere, Hadley, hatte sich einen Namen als Sportler erworben, und der Richter war extrem stolz auf ihn. Der jüngere war der gelehrtere von den beiden, hieß es, musste sich aber erst noch beweisen.
Als Rathbone nun zum Richter aufblickte, bemerkte er, wie ernst dessen fleischiges Gesicht mit dem mächtigen Kinn und dem schmalen Mund war. Natürlich stand dieser Prozess im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit. Da musste er wissen, dass man mit Argusaugen beobachten würde, wie er die Verhandlung angesichts des in der Öffentlichkeit entfachten Wirbels führte. Man erwartete, ja ersehnte eine zügige und endgültige Entscheidung. Je früher das Urteil fiel, desto schneller würde die Hysterie verebben, und die Zeitungen würden sich wieder um andere Dinge kümmern. Es durfte keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens geben, keine unziemlichen Verhaltensweisen und vor allem nicht die geringste Möglichkeit einer Berufung.
Der Vertreter der Anklage wirkte grimmig und voller Selbstvertrauen, als wärmte er sich bereits für den Kampf auf. Sorley Coniston, ein Mann von Ende vierzig, war größer und schwerer als Rathbone und hatte ein weiches Gesicht. Wenn er lächelte, kam eine kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen zum Vorschein, die nicht unattraktiv war. Er war fast gut aussehend. Seine Würde wurde nur durch eine gewisse Arroganz an seinem Gebaren verdorben, als er sich erhob, um seinen ersten Zeugen aufzurufen.
Wie erwartet, war das Sergeant Orme von der Thames River Police. Rathbone hatte das schon vermutet, dennoch fragte er sich, warum Coniston stattdessen nicht Monk gewählt hatte.
Doch beim Anblick von Ormes ruhigem Gesicht, als dieser den Zeugenstand erklomm und auf die Fläche zwischen dem Richterstuhl, der Geschworenenbank und den Pulten der Anwälte hinabschaute, die einer Arena ähnelte, begriff er diese Entscheidung. Monk war hager und elegant. Alles an ihm
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