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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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absichtlich getan hatte. Die Nerven aller im Saal waren zum Zerreißen gespannt. Rathbone spürte, wie sich seine Muskeln verkrampften und sein Nacken von der Anstrengung schmerzte, die es ihn kostete, ruhig zu atmen. Mehrere Geschworene blickten ihn an. Offenbar fragten sie sich, wie, um alles auf der Welt, er es anstellen wollte, jemanden zu verteidigen, der eines solchen Verbrechens bezichtigt wurde. Wahrscheinlich rätselten sie sogar darüber, warum er überhaupt hier war.
    Coniston zeigte sich nur kurz zerknirscht. »Aber Sie konnten die Todesursache feststellen, nicht wahr, Sir?«, fragte er in respektvollem Ton.
    »Ja. Ein brutaler Schlag auf den Kopf. Er zerschmetterte den Schädel. Sie dürfte auf der Stelle gestorben sein. Die Verstümmelung wurde ihr erst nach dem Tod zugefügt – dem Himmel sei’s gedankt. Sie kann nichts mehr davon gespürt haben.« Overstones Gesicht verriet eine Spur von Zweifel, doch sie war so winzig, dass Coniston nicht darauf einging.
    »Danke, Doktor«, sagte er leise und kehrte zu seinem Pult zurück, um sich dort noch einmal umzudrehen. »Nur noch eines … Hat es große Kraft erfordert, den tödlichen Schlag auszuführen?«
    »Nicht unbedingt, wenn Schwung dahintergelegt wurde.«
    »Haben Sie die Waffe, die benutzt wurde, je gesehen?«
    »Die Leiche ist zu mir gebracht worden, Mann!«, rief Overstone gereizt. »Man hat mich nicht zum Pier geholt, damit ich sie mir dort anschaue.«
    Conistons Miene blieb unbewegt. »Nun gut. Haben Sie dann vielleicht eine Vorstellung von der Waffe? Was halten Sie für das Wahrscheinlichste? Bitte.«
    »Ein schweres Metallstück, ein Bleirohr, etwas in dieser Art. Ich bezweifle, dass ein Holzbalken das ausreichende Gewicht gehabt hätte, außer vielleicht Hardwood oder Ebenholz.«
    »Und die Verstümmelungen? Wäre dafür besondere Kraft oder Geschicklichkeit vonnöten gewesen?«
    »Nur eine scharfe Klinge. Fachmännisch wurde das nicht gerade ausgeführt. Auch nicht das Abschlachten.« Das letzte Wort sprach Overstone voller Verachtung aus.
    »Hätte auch eine Frau genügend Kraft dafür?« Coniston fasste in Worte, was alle im Saal dachten.
    »Ja«, antwortete Overstone kurz und bündig.
    Coniston dankte ihm und wandte sich an Rathbone. »Ihr Zeuge, Sir Oliver.«
    Verzweifelt versuchte Rathbone, irgendetwas zu finden, das die Situation in einem anderen Licht erscheinen ließe. Allmählich musste sich Dinah fragen, warum sie ihn überhaupt beauftragt hatte. Ihr Leben lag in seinen Händen.
    Er gab sich einen Ruck. »Gab irgendetwas an den Verletzungen, egal, wie gering, Aufschluss über die Persönlichkeit des Menschen, der sie dem Opfer zufügte?«
    »Nein, Sir.«
    »Nichts, das einen Rückschluss auf die Größe zulässt? Die Kraft? Ob die Person rechts- oder linkshändig war? Männlichen oder weiblichen Geschlechts? Alt oder jung?«
    »Nichts, Sir, ich habe es doch schon gesagt«, wiederholte Overstone. »Außer vielleicht die Wucht des Schlags. Er könnte mit beiden Händen ausgeführt worden sein.« Er hob zur Illustration die Hände über den Kopf, verschränkte sie ineinander und ließ sie seitlich niedersausen. »Aber das bringt uns wohl kaum weiter. Es zeigt nur, dass die Größe irrelevant ist.«
    »Es hätte also jeder sein können, außer vielleicht ein Kind?«
    »Richtig.«
    Als nächsten Zeugen rief Coniston Monk auf.
    Monk war wie immer makellos gekleidet, elegant bis hinunter zu den polierten Stiefeln. Doch die Stufen zum Zeugenstand erklomm er staksig und steif, und als er sich oben postierte, hing eine Schulter etwas tiefer herab als die andere.
    Die Anspannung im Saal schien leicht nachzulassen, da offenbar niemand wusste, was von ihm zu erwarten war. Die Leute nahmen wohl an, dass das Schlimmste überstanden war. Dennoch beobachteten die Geschworenen Monk mit ernsten, blassen Gesichtern, und einige rutschten unbehaglich hin und her. Sie wussten, dass die Zuschauer sie nicht aus den Augen ließen und ihre Gedanken zu lesen suchten. Zu Dinah Lambourn, die hoch aufgerichtet zwischen zwei stämmigen Wärterinnen auf der Anklagebank saß, sah Rathbone niemanden hinüberschielen.
    Diesmal schien sich Coniston bewusst zu sein, dass er es mit einem potenziell feindseligen Zeugen zu tun hatte, obwohl Monk derjenige war, der Dinah verhaftet hatte. Dass er und Rathbone seit Langem Freunde waren, musste weithin bekannt sein. Freilich war Coniston viel zu klug, um das und die etwaigen Konsequenzen für seine Strategie nicht in sein

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