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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Halte mich immer noch raus?«
    »Immer noch.«
    »Sarah, falls bei seinen Unterlagen Dokumente von einem Doktor Barth sind, gibst du mir Bescheid?«
    »Warum?«
    »Sie gehören mir.«
    Am späteren Vormittag erhielt Fabio einen Anruf von Polizeiwachtmeister Tanner. Er fragte ihn, ob er Zeit habe, im Büro vorbeizukommen. Sie verabredeten sich auf den Nachmittag.
    Fabio hatte sich erinnert, wie groß Tanner und alles an ihm war. Aber sein Tick, das unfreiwillige joviale Zwinkern, war ihm entfallen.
    »Sie sehen aber bedeutend besser aus als bei unserem letzten Treffen«, stellte er fest. Er schien ehrlich erleichtert. »Wie ich Ihnen bereits am Telefon mitgeteilt habe, ist da ein neuer Gesichtspunkt aufgetaucht.« Er schlug einen Aktenordner auf und suchte eine bestimmte Stelle. »Sie kannten ja Lucas Jäger.«
    »Haben Sie mit seinem Fall zu tun?«
    »Nur indirekt. Wenn wir bei einer Leiche Ausweispapiere finden, geben wir die Daten an die Zentrale durch, und die füttern damit den Computer. Dort ist der Name Lucas Jäger im Zusammenhang mit einem Fehlalarm aufgetaucht. Alle Anrufe an die Alarmzentrale werden routinemäßig erfaßt und für eine Weile gespeichert.«
    »Das dürfen Sie einem Journalisten nicht erzählen.«
    Tanner schaute Fabio erschrocken an. »Da haben Sie wahrscheinlich recht. Bitte vergessen Sie diesen Aspekt. Interessant ist etwas anderes. Und zwar ist das einem aufmerksamen Kollegen aufgefallen. Es geht um Donnerstag, den einundzwanzigsten Juni; das Datum sagt Ihnen bestimmt etwas. Um fünfzehn Uhr null acht wurde ein Krankenwagen in die Gartengenossenschaft Waldfrieden gerufen. Diese liegt oberhalb der Tramstation Wiesenhalde. Der Anrufer war Lucas Jäger. Er war dann aber dem Krankenwagen entgegengekommen und hatte erklärt, es handle sich um einen Irrtum. Man hat seine Daten aufgenommen und ihm eine Rechnung geschickt. Die er auch prompt bezahlt hat.«
    Fabio mußte blaß geworden sein, denn Tanner fragte:
    »Möchten Sie einen Kaffee? Ich habe Espresso nature, Espresso Creme, Cappuccino, Café Creme, Café nature, Milchkaffee. Oder ein Glas Wasser? Möchten Sie ein Glas Wasser?«
    Fabio tat ihm den Gefallen und bestellte einen Espresso nature. Tanner fand Jetons in seiner Schreibtischschublade und kam mit zwei Styroporbechern zurück. Der Kaffee war überraschend gut.
    »Wir wissen inzwischen, daß ein Verwandter von Herrn Jäger im Waldfrieden ein Grundstück besitzt. Gourrama. Kennen Sie es?«
    »Ich war schon dort.«
    »Ich weiß, Sie erinnern sich nicht, aber wäre es theoretisch möglich, daß auch Sie am einundzwanzigsten Juni dort gewesen sind?«
    Bereits als Tanner den Kaffee holte, hatte sich Fabio entschlossen, ihm die Wahrheit zu sagen. Wenigstens einen Teil davon. »Ich war dort. Ich weiß es.«
    »Von Lucas Jäger?«
    »Nein, von einer Nachbarin.«
    »Das hätten Sie mir melden sollen.«
    »Ich wollte zuerst mit Lucas Jäger sprechen.«
    »Und?«
    »Ich kam nicht mehr dazu.«
    Polizeiwachtmeister Tanners großer Kopf nickte. »Wie standen Sie zu Lucas Jäger?«
    »Wir waren Arbeitskollegen. Und Freunde.«
    »Auch noch am einundzwanzigsten Juni?«
    »Ich nehme es an, wenn ich mit ihm dort oben war.«
    »Aber später gab es doch Meinungsverschiedenheiten?«
    »Erst als ich aus dem Spital kam und merkte, daß er mit meiner Freundin zusammen war.«
    »Ihrer früheren Freundin.«
    »Ja.«
    »Könnte sie auch schon der Grund einer möglichen Meinungsverschiedenheit im…« - er schielte auf den Ordner - »… Gourrama gewesen sein?«
    Fabio hob hilflos die Hände. »Ich kann es wohl schlecht ausschließen.«
    Tanner warf den Styroporbecher in den Papierkorb. »Ich sage Ihnen jetzt einfach, was mir so durch den Kopf geht: Sie gehen mit Ihrem Freund und Kollegen ins Gourrama, vielleicht zu einer Aussprache, vielleicht zum Arbeiten, vielleicht einfach so.
    Sie bekommen Streit, vielleicht wegen Ihrer Freundin, vielleicht wegen etwas anderem. Sie geraten aneinander, werden handgreiflich. Sie stürzen unglücklich, oder er haut Ihnen mit etwas über den Schädel. Sie sind ohnmächtig, und er ruft einen Krankenwagen. Jeder von Ihnen hatte ein Handy dabei, nehme ich an.«
    »Man hat dort keinen Empfang. Man muß ein Stück weit Richtung Friedhof gehen.«
    »Sehen Sie, das ist ein wertvoller Hinweis. So macht es Sinn: Er geht bis dorthin, wo er Empfang hat, unterdessen erwachen Sie und hauen ab. Als er zurückkommt, sind Sie verschwunden. Er schickt den Krankenwagen weg. Sie irren bei der

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