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Ein perfektes Leben

Ein perfektes Leben

Titel: Ein perfektes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonardo Padura
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er, obwohl er genau wusste, was da vor sich ging.
    »Der Mann ist betrunken, lag da auf dem Boden«, erklärte einer der beiden und zeigte zum Eingang der Kirche San Juan Bosco. »Wir bringen ihn aufs Revier und behalten ihn so lange dort, bis er wieder nüchtern ist.« Um ein Haar wäre ihm der Mann aus den Händen geglitten.
    »Ja, helft ihm wieder auf die Beine.« Der Teniente grüßte militärisch und forderte Manolo zum Weiterfahren auf. Es war nicht kalt, aber Mario bekam eine Gänsehaut. Betrunkene erregten genauso sein Mitleid wie streunende Hunde. Ohne sich dessen bewusst zu sein, fuhr er sich durchs Haar, um zu prüfen, ob an Tamaras Bemerkung etwas dran war. Kriege ich eine Glatze? Das Auto hielt an der Ampel mit der Coca-Cola-Werbung. Er nutzte die Gelegenheit und betrachtete sich im Rückspiegel. Kann schon sein, dachte er.
    »Manolo«, sagte er dann, ohne seinen Kollegen anzusehen, »wie wärs, wenn wir unterwegs noch was erledigten? Lass mich am Ministerium für Außenhandel raus, ich möchte herausfinden, wer Dapena ist, der Spanier, und wo wir ihn nötigenfalls erreichen können. Und du fährst zu Maciques und redest mit ihm. Zeichne das Gespräch für mich auf, und fass ihn bitte nicht zu hart an. In letzter Zeit bist du so … impulsiv. Wir sehen uns dann später in der Zentrale … Aber sag mal, willst du mir etwa weismachen, du würdest es mit so einer Frau nicht gerne treiben?«
     
    » … möchte Sie fragen, ob ich das Gespräch aufzeichnen kann / Kein Problem, Genosse, machen Sies so, wies am besten für Sie ist … / Also, Sie sind René Maciques Alba und arbeiten als Büroleiter von Rafael Morín Rodríguez, dem Mann, der am Ersten von zu Hause verschwunden ist / Ja, Genosse, am Ersten … / Und wie lange arbeiten Sie schon mit ihm zusammen? /… Naja, eigentlich ist es eher umgekehrt, lassen Sie michs erklären, ich war schon Büroleiter des früheren Unternehmensdirektors, und als der Genosse Rafael zum Direktor ernannt wurde, blieb ich auf diesem Posten, das war vor eineinhalb Jahren, Juni 87, ich erinnere mich fast auf den Tag genau … / In welcher Beziehung stehen Sie zu ihm? / Zu Rafael? … Na gut, klar, also, auch wenn es sich etwas seltsam anhört, er und ich, wir waren Freunde, von Anfang an, und was soll ich über einen Freund sagen, er ist ein hervorragender Chef, geht in seiner Arbeit auf und ist immer für seine Untergebenen da, einer von denen, die bei allen beliebt sind, zuverlässig und alles … / Haben Sie eine Ahnung, warum er verschwunden sein könnte? / Eine Ahnung? Nein, wirklich nicht, wir waren zusammen auf der Neujahrsparty beim Vizeminister, dem Genossen Alberto / Wie lautet sein voller Name? Und Vizeminister in welchem Ministerium? / … Ach ja, natürlich, Alberto Fernández-Lorea, stellvertretender Industrieminister und für alles zuständig, was in den kaufmännischen Bereich des Ministeriums fällt … Wie gesagt, wir waren bei ihm in Miramar, mit unseren Frauen, von etwa zehn Uhr bis nach zwei oder drei, wenn man auf einer Party ist, vergeht die Zeit, ohne dass man es merkt, Rafael und ich haben eine Weile miteinander geredet und uns für Montag verabredet, um die Verträge mit Japan vorzubereiten, es ist sehr dringend … / Was für eine Art von Geschäft? / Was für eine Art? … Ein Kauf, was sonst? Kugellager und andere Dinge im Zusammenhang mit Plastik und Computern, Sie wissen ja, die Japaner machen sehr gute Preise, nicht wahr? / Und Ihnen ist an jenem Abend nichts Besonderes aufgefallen, sagen Sie? / Schauen Sie … nein, je länger ich darüber nachdenke, glaube ich … nein, er hat getanzt, gegessen, getrunken, er hat allerdings ziemlich viel gegessen, das stimmt, er hat immer gesagt, den besten Schweinebraten der Welt macht der Vizeminister / Und in der Firma, gabs da ein Problem? / Nein, wirklich nicht … die Jahresbilanz war sehr gut, vielleicht machte er sich Sorgen wegen der vielen Arbeit, die auf uns zukam, das schon, er macht sich ja immer Sorgen um alles Mögliche, aber das ist wohl normal bei seiner Verantwortung, oder? Zumal es für uns immer komplizierter wird bei den Problemen, die es in den sozialistischen Ländern gibt, Sie wissen ja … / Haben Sie eine Vermutung, wo er sich aufhalten könnte? / Sehen Sie … äh … Teniente, sagten Sie? / Sargento / Ah ja, Sargento, ich weiß nicht, was da passiert ist, sein Privatleben verläuft normal / Was für Probleme hat er denn in der Firma? / In der Firma? … In der Firma keine,

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