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Ein perfektes Leben

Ein perfektes Leben

Titel: Ein perfektes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonardo Padura
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ein Hintern, der in Mario unweigerlich den Wunsch weckte, ihn zu berühren oder hinaufzuklettern und auf ihm wie auf einem Trampolin herumzuspringen, um sich zu vergewissern, dass es solch ein Wunder tatsächlich gab.
    »Wie gehts dir, Mayo?«, fragte sie ihn, und El Conde lächelte an diesem Tag zum ersten Mal. Patricia Wong war die Einzige, die ihn »Mayo« nannte. Sie war es auch, die seine Kopfschmerzen mit ihrer chinesischen Salbe linderte und einen verborgenen, nie eingestandenen Wunderglauben in ihm weckte. Sie war wie ein Amulett, das ihm Glück brachte. Dreimal hatte Teniente Wong, Ermittlerin in der Abteilung für Wirtschaftskriminalität, ihm auf dem Silbertablett die Lösung von Fällen präsentiert, die sich im allgemeinen Wohlgefallen der unschuldigen Welt aufzulösen drohten.
    »Ich warte darauf, dass du deinen Vater bittest, mich noch einmal zu einer süßsauren Ente einzuladen«, antwortete er.
    »Wenn du wüsstest, was er gestern gezaubert hat«, begann sie zu schwärmen und setzte sich wieder. Mit großer Mühe zwängte sie ihre Hüften zwischen die Sessellehnen. Dann schlug sie ihre Langstreckenläuferinnenbeine übereinander, und Mario beobachtete, wie Manolos Augen fast hinter der Nasenscheidewand verschwanden. »Mit Kräutergemüse gefüllte Wachteln in Basilikumsoße … «
    »Moment, Moment, wie war das? Womit gefüllt?«
    »Schau, zuerst hat er das Basilikum mit etwas Kokosöl zerstoßen und zum Sieden gebracht. Dann hat er die in Schweinefett goldbraun gebratenen Wachteln dazugegeben. Vorher hat er sie mit Mandeln, Sesam, rohen Chinaböhnchen, Schalotten, Mangold, Petersilie und was weiß ich sonst noch für Kräutern gefüllt. Und zum Schluss hat er die Wachteln mit Zimt und Muskatnuss bestreut.«
    »Und das kann man essen?«, fragte El Conde auf dem Höhepunkt seiner morgendlichen Begeisterung.
    »Muss ja ziemlich beschissen schmecken, oder?«, mischte sich Manolo ein. El Conde sah ihn an. Er wollte ihn anschnauzen, verkniff es sich dann aber und zog es vor, sich die unglaubliche Mischung exquisiter Geschmacksrichtungen vorzustellen, die nur ein Mann mit dem kulturellen Hintergrund des alten Juan Wong zu Stande bringen konnte. Er kam zu dem Schluss, dass Manolo vielleicht nicht ganz so Unrecht hatte, wollte es jedoch nicht eingestehen.
    »Hör nicht auf den Kleinen, China, seine Unkultiviertheit wird ihm zum Verhängnis werden … Aber von euch werd ich ja sowieso nie wieder eingeladen.«
    »Und du rufst mich nicht mal an, Mayo. Um mir Bescheid zu geben, dass wir heute zusammenarbeiten, schickst du Manolo vor.«
    »Vergiss es, vergiss es, soll nicht wieder vorkommen.« Er sah zum Sargento hinüber, der sich gerade die erste Zigarette anzündete. Um diese Zeit! »Was ist denn mit dem da los?«
    Manolo schnalzte mit der Zunge. Am liebsten hätte er gesagt »Nerv mich nicht«, doch das war gar nicht nötig.
    »Pah, hatte ’n Riesentheater mit Vilma. Weißt du, was sie sagt? Ich hätte das mit der Arbeit gestern nur vorgeschoben, um mit ’ner andern Frau einen trinken zu gehen.« Er sah Patricia an. »Und das nur wegen dir.«
    »Hör auf zu schimpfen, Manolo, ja?«, bat ihn der Teniente und warf einen Blick auf die offene Akte, die auf seinem Schreibtisch lag. »Warum erzählst du Blödmann überall rum, dass ich dich zu irgendwas zwinge? … Hast du Patricia schon erklärt, worums geht?«
    Manolo nickte nur kurz.
    »Er hats mir gesagt«, kam Patricia zu Hilfe. »Aber weißt du, ich glaub nicht, dass die Unterlagen in der Firma viel hergeben. Wenn Rafael Morín irgendeine Sauerei vorhatte und wenn er wirklich so clever ist, wie erzählt wird, dann hat er bestimmt seine Maßnahmen getroffen. Wer baden geht, sollte seine Kleider gut verstecken. Aber irgendwas wird schon dabei rauskommen, oder?«
    »Hast du dein Team zusammen?«
    »Ja, zwei Sachverständige kommen mit. Und ihr zwei, ja?«
    El Conde sah von Patricia zu Manolo. Seine Kopfschmerzen waren weg, doch er fasste sich an die Stirn und sagte: »Hör mal, China, nimm Manolo mit. Ich muss nämlich hier bleiben, hab noch so dies und das zu erledigen. Die eingegangenen Berichte lesen … «
    »Es sind keine Berichte eingegangen«, bemerkte der Sargento.
    »Hast du schon alles durchgesehen?«
    »Weder vom Grenzschutz noch aus den Provinzen. Die Aussagen von Zoilita wurden überprüft. Stimmt alles. Und Maciques wollten wir uns in der Firma vornehmen.«
    »Schön, aber egal«, versuchte sich Mario Conde herauszureden. Mit Zahlen stand er

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