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Ein perfektes Leben

Ein perfektes Leben

Titel: Ein perfektes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonardo Padura
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nicht mehr aushalten kann und sich umdreht und ihm ihre Lippen darbietet, ihre Zunge, ihre Zähne und ihren Speichel, der nach bestem schottischem Whisky schmeckt. Er öffnet den Reißverschluss ihres Pullovers – sie trägt keinen Büstenhalter mehr wie früher –, beißt in die dunklen Brustwarzen, bis sie vor Schmerzen aufschreit, öffnet ihre Hose und lässt sie nach unten gleiten. Bei dem Slip stellt er sich ungeschickt an, wie ein reuiger Sünder kniet er sich vor sie hin, um zuerst ihre Weiblichkeit einzuatmen, sie dann zu küssen und schließlich mit uraltem, nie gestilltem Hunger zu verschlingen.
    Mit ungeahnter Kraft hebt er sie hoch und trägt sie zum Tisch, setzt sie auf die Tischplatte und spürt sie, wie er keine andere Frau je zuvor gespürt hat. Sie verdoppeln ihre Lust auf dem Sofa im Salon. Sie verdreifachen sie und ermatten im Bett oben im Schlafzimmer.

4
    Er hebt den Deckel der Kaffeekanne an und beobachtet, wie der erste Kaffee des Tages pechschwarz aus dem glühenden Innern der Kanne sprudelt. Langsam besiegt das Tageslicht die Bäume und dringt durch die langen Fenster in die Küche. Er tut vier Löffel Zucker in einen Krug. Der Morgen verspricht Sonne, und er fühlt, dass es heute nicht mehr so kalt werden wird. Er füllt den Kaffee in den Krug, rührt den Zucker um und gießt den Kaffee wieder zurück in die Kanne, wo sich eine dicke, braungelbe Schaumschicht bildet. Dann serviert er sich die erste Tasse, die ihm hilft, besser nachzudenken. Tamara schläft noch, es ist zehn vor sieben. In zehn Minuten wird sie aufstehen, denkt er, während er sich die erste Zigarette anzündet. Ohne diesen Ritus könnte er keinen Tag beginnen. Er denkt an Rufino und daran, was passieren wird, wenn er sich in Tamara verliebt. Er kann es sich nicht vorstellen, schüttelt zur Bekräftigung sogar den Kopf. Ich kanns noch nicht glauben, denkt er und betrachtet seine und ihre Kleidungsstücke, die er über einen Stuhl gelegt hat. Seine männliche Eitelkeit, die Zufriedenheit mit seiner sexuellen Leistung, lässt ihn keinen klaren Gedanken fassen. Er hat Rafael Morín besiegt, das weiß er, und er bedauert, dass er dem Dünnen von diesem vorläufig letzten Teil der Geschichte noch nicht berichten, nicht mit der gelungenen Eroberung und Kolonialisierung prahlen konnte. Er weiß, dass er das nicht tun sollte, aber egal, er muss es ihm erzählen!
    »Guten Morgen, Teniente«, sagt sie, und er fällt fast vom Stuhl. In diesem Moment wird ihm klar, dass es passieren kann. Wenn er nicht flüchtet, wird er sich verlieben.
    Denn er hat es gerne, wenn ihn der Tag mit einer Frauenstimme begrüßt, und er stellt fest, dass Tamara jetzt noch hübscher aussieht in ihrem halb offenen Morgenmantel, das Gesicht ungeschminkt, mit dem Abdruck einer Kissenfalte, Stirn und Augen von all den hartnäckigen, widerspenstigen, aufdringlichen, frechen, unbezähmbaren Haarsträhnen verdeckt, die Augen gerötet wegen des fehlenden Schlafes; doch er findet sie so perfekt in ihrer Rolle als zufriedene und befriedigte Frau, eine von denen, die es fertig bringen, mit einem Lied auf den Lippen rußgeschwärzte Töpfe zu reinigen. Nun kommt sie zu ihm und küsst ihn auf den Mund, um sich dann, erst dann, nach ihrem Kaffee zu erkundigen. Und ihm wird klar: Entweder er flüchtet, oder er ist verloren.
    »Ein Jammer, dass manche Leute arbeiten müssen, nicht wahr?«, sagt sie und versteckt ihr Grinsen in der Tasse.
    »Was würde passieren, wenn jetzt dein Mann durch diese Tür käme?«, fragt Mario sie und macht sich auf ein weiteres Geständnis gefasst.
    »Ich würde ihm von diesem Kaffee anbieten, und er hätte keine Wahl, er müsste zugeben, dass er wunderbar schmeckt, oder?«
     
    Lächelnd fuhr er in dem überfüllten Bus. Danach ging er sechs Häuserblocks zu Fuß und lächelte noch immer. Er betrat die Zentrale, und alle sahen, dass er lächelte. Er lächelte, als er die Treppe hinaufging und in sein Büro trat. Dort erwartete ihn Sargento Palacios, die Füße auf dem Schreibtisch, vor sich eine Zeitung.
    »Was ist denn mit dir los?«, fragte ihn Manolo und nahm die Füße vom Tisch. Er lächelte ebenfalls, in Erwartung guter Nachrichten.
    »Nichts, heute ist Dreikönige, und ich krieg bestimmt was geschenkt … Gibts was Neues, Kollege?«
    »Ach, ich dachte, du hättest was. Also, was Neues … nichts. Was machen wir mit Maciques?«
    »Wir fangen wieder von vorne an. Bis er müde wird. Er ist der Einzige, der müde werden kann. Hast du

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