Ein pikanter Köder
Ganze ein bißchen rasch gehen, weil sie die Fotos morgen früh für die erste Ausgabe brauchen.«
»Junge, Junge, ich fühle mich voller Kurven!«
»Hegen und pflegen Sie dieses Gefühl, und der Erfolg ist Ihnen gewiß. Viel Glück. Ich mach’ mich jetzt lieber auf die Socken.«
Sie warf mir eine Kußhand zu, und ich sauste hinaus und den Korridor entlang auf den Lift zu.
12
Kurz nach Mitternacht fuhr ich in Banning ein und begann sämtliche Motels nach Irene Addis abzugrasen.
Eigentlich konnte ich mir ein solches Risiko nicht leisten. Als ich von der Straße abschwenkte, das erste Motel umkreiste und die Nummern der geparkten Wagen in Augenschein nahm, schwitzte ich Blut und Wasser bei dem Gedanken, eine Polizeistreife könnte mich wegen Landstreicherei und unbefugten Herumschnüffelns anhalten. Dennoch wiederholte ich die Prozedur beim nächsten Motel. Im dritten fand ich, was ich suchte. Der Chevrolet mit der Nummer RTD 671 stand im Hof vor Nummer zehn.
Ich nahm die letzte Kabine, die noch frei war, und parkte meinen Wagen. Nachdem der Manager das Leuchtschild mit der Aufschrift »Besetzt« angeknipst hatte und schlafen gegangen war, huschte ich zur Nummer 10 hinüber und klopfte leise an die Tür.
Zum Glück war Irene Addis noch wach. Ich hörte, wie die Sprungfedern der Matratze knarrten, als sie sich im Bett aufsetzte. Gleich darauf fragte sie mit scharfer, angespannter Stimme: »Wer ist da?«
»Donald.«
Sie tappte an die Tür und öffnete sie einen Spalt breit. »Ich kann Sie nicht hereinlassen, Donald. Ich bin nämlich im Nachthemd und -«
»Haben Sie einen Morgenrock dabei?«
»Nein, ich -«
»Hüllen Sie sich in eine Decke - rasch. Ich muß mit Ihnen sprechen.«
»Warten Sie einen Moment.« Sie verschwand im Dunkel und kam mit einer Decke um die Schultern zurück.
»Machen Sie bloß kein Licht.« Ich schlüpfte in die Kabine und schloß behutsam die Tür.
»Die Wände sind gräßlich dünn«, flüsterte sie. »Man hört einfach alles. Die Leute werden merken, daß ich...daß ein Mann bei mir zu Besuch ist.«
»Um so besser. Die Leute haben sich vermutlich schon den Kopf über Sie zerbrochen, weil Sie nie Besuch hatten und ein fleckenloses, einwandfreies Leben führten. Jetzt sind Sie wie alle anderen, und kein Mensch wird mehr tuscheln. Haben Sie die Zeitungen gelesen?«
»Ja.«
»Morgen früh werden Sie eine Menge interessanter Neuigkeiten auf der ersten Seite finden, unter anderem, daß die Polizei nach mir fahndet.«
»Nach Ihnen?«
»Ganz recht. Sprechen Sie leise.«
» Aber warum denn? «
»Einer von uns beiden mußte dran glauben. Es gab für mich praktisch nur zwei Möglichkeiten. Ich hätte Sie bei der Polizei verpfeifen können, dann wäre ich fein ’raus gewesen. Oder ich konnte mich verkrümeln und die Polizei auf eine falsche Fährte hetzen. Das hab’ ich versucht, aber leider hat’s nicht geklappt.«
»Und wie ist man Ihnen auf die Spur gekommen?«
»Durch einen idiotischen Zufall. Ich habe keine Zeit, Ihnen die Geschichte zu erklären. Sie können sie morgen in der Zeitung nachlesen. Den heutigen Berichten habe ich entnommen, daß Dowling keine näheren Angehörigen hatte. Was wissen Sie darüber?«
»Nichts. Er hat immer nur über seine Einsamkeit geklagt und mir mal erzählt, daß alle seine Angehörigen gestorben wären.«
»Aber einige entfernte Verwandte - Nichten, Neffen, Vettern, Basen - werden bestimmt aus der Versenkung auftauchen.«
»Was soll das heißen, Donald? Warum kommen Sie mitten in der Nacht her, um mir das zu sagen?« Sie hockte auf der Bettkante, und es fiel genug Licht durchs Fenster in den Raum, daß ich ihr angstvoll verzerrtes Gesicht sehen konnte.
»Können Sie sich das nicht denken? Ihr Sohn ist auch Herbert Dowlings Sohn. Zwar nur sein illegitimer Sohn, aber nichtsdestoweniger ein Blutsverwandter, und allem Anschein nach der einzige.«
Sie schnappte nach Luft. »Ja, meinen Sie denn, Donald, daß das einen Unterschied macht?«
»Allerdings. Natürlich müßten Sie erst mal beweisen, daß er Herbert Dowlings Sohn ist, und ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, wie die Seitenverwandten darauf reagieren würden. Sie werden mit jedem fairen und jedem faulen Mittel um die Hinterlassenschaft kämpfen.«
»Ich verstehe nicht...« Sie starrte mich verwirrt an.
»Aber, benutzen Sie doch Ihren Grips! Für die anderen geht’s darum, ob sie sehr wenig - vielleicht sogar nichts - oder alles kriegen. Folglich werden sie über Sie herfallen.
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