Ein plötzlicher Todesfall
hatte Tessa schon immer eingeschüchtert, wie alle gutaussehenden Männer. Obwohl Parminder zu ihren besten Freundinnen gehörte, kannte Tessa deren Mann Vikram kaum, da er oft Ãberstunden machte und sich viel weniger in Pagford engagierte als seine Frau.
»Ich habe dir doch von der Tagesordnung erzählt, oder?«, legte Parminder nach. »Für die nächste Sitzung? Er schlägt einen Antrag zu Fields vor, damit wir ihn an den Ausschuss in Yarvil weiterreichen, der sich mit der Neufestlegung der Gemeindegrenzen beschäftigt, sowie einen Beschluss, dem zufolge die Drogenklinik aus ihrem Gebäude geworfen wird. Er versucht alles durchzuboxen, solange Barrys Sitz unbesetzt ist.«
Immer wieder verlieà Parminder den Tisch, um etwas zu holen, sie öffnete mehr Schranktüren als nötig, war zerstreut und nicht bei der Sache. Zweimal vergaà sie, warum sie aufgestanden war, und setzte sich wieder mit leeren Händen. Vikram folgte ihr mit Blicken unter dichten Wimpern überallhin.
»Gestern Abend habe ich Howard angerufen«, erzählte sie, »und ihm vorgeschlagen, wir sollten warten, bis unsere Ratsversammlung wieder vollzählig ist, bevor wir über so wichtige Themen abstimmen. Er hat gelacht und geantwortet, wir könnten nicht warten. Yarvil möchte unsere Ansichten zu der bevorstehenden Neufestsetzung der Gemeindegrenzen hören, behauptete er. In Wirklichkeit hat er Angst davor, dass Colin Barrys Sitz gewinnt, denn dann könnte er uns das alles nicht so leicht unterjubeln. Ich habe allen eine Mail geschrieben, von denen ich annehme, dass sie für uns stimmen, um zu sehen, ob sie Howard nicht unter Druck setzen können, damit er die Abstimmung auf die nächste Sitzung verschiebt.
âºDer Geist von Barry Fairbrotherâ¹Â«, fügte Parminder auÃer Atem hinzu. »Der Schweinehund. Er hat Barrys Tod nicht zu benutzen, um ihn zu schlagen. Nicht, wenn ich es verhindern kann.«
Tessa glaubte zu sehen, wie Vikrams Lippen zuckten. Die alteingesessenen Pagforder, angeführt von Howard Mollison, verziehen Vikram im Allgemeinen die Vergehen, die sie seiner Frau nicht nachsehen konnten: dunkle Hautfarbe, Klugheit und Wohlstand (Shirley Mollison glaubte darin einen Hauch von Häme zu riechen). Das war äuÃerst ungerecht, dachte Tessa. Parminder engagierte sich in Pagford, ob bei Schulfesten oder dem Backen für einen guten Zweck, in der Praxis am Ort und im Gemeinderat, doch von der alten Garde in Pagford wurde sie mit unversöhnlichem Missfallen belohnt. Um Vikram dagegen, der nur selten bei einer Veranstaltung zugegen war oder eine Aufgabe übernahm, scharwenzelte man herum, man schmeichelte ihm und sprach mit besitzergreifender Anerkennung von ihm.
»Mollison ist gröÃenwahnsinnig«, sagte Parminder. Nervös schob sie das Essen auf ihrem Teller herum. »Ein Tyrann und ein GröÃenwahnsinniger.«
Vikram legte Messer und Gabel ab und lehnte sich zurück.
»Warum«, fragte er, »gibt er sich dann damit zufrieden, Gemeinderatsvorsitzender zu sein? Warum hat er nicht versucht, in den Stadtrat zu kommen?«
»Weil er Pagford für das Zentrum des Universums hält«, fuhr Parminder ihn an. »Du verstehst das nicht. Er würde selbst den Posten des Premierministers nicht gegen den Vorsitz im Gemeinderat von Pagford eintauschen. Jedenfalls braucht er nicht im Stadtrat von Yarvil zu sitzen, er hat schon Aubrey Fawley dort, um das groÃe Programm durchzudrücken. Der hat alles für die Neuordnung der Gemeindegrenzen vorbereitet. Die arbeiten zusammen.«
Parminder empfand Barrys Abwesenheit wie einen Geist am Tisch. Er hätte Vikram alles erklärt und ihn dabei zum Lachen gebracht. Barry hatte Howards Redeweise ausgezeichnet nachahmen können, seinen watschelnden Gang, seine plötzlichen Störungen im Magen-Darm-Trakt.
»Ich sage ihr immer wieder, dass sie sich zu sehr stressen lässt.« Vikram wandte sich an Tessa, die entsetzt war, als sie spürte, dass sie unter dem Blick aus seinen dunklen Augen leicht errötete. »Du weiÃt von dieser dummen Beschwerde â die alte Frau mit dem Emphysem?«
»Ja, Tessa weià Bescheid. Alle wissen es. Müssen wir das bei Tisch besprechen?«, fauchte Parminder. Sie sprang auf und fing an, die Teller abzuräumen.
Tessa versuchte zu helfen, doch Parminder wies sie barsch an, sitzen zu bleiben. Vikram schenkte Tessa ein
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