Ein plötzlicher Todesfall
Seine Ausrede war einfach. »Sie war betrunken und hat mich angegrabscht.«
Trotz seiner Verlegenheit verspürte er einen Hauch von Stolz. Er hatte sich darauf gefreut, Gaia zu sehen, denn er wollte ihr erzählen, dass eine erwachsene Frau über ihn hergefallen war. Er hatte gehofft, sie würden darüber lachen, so wie sie über Maureen gelacht hatten, dass sie aber insgeheim beeindruckt wäre und er herausfinden würde, was sie mit Fats gemacht hatte, wie weit der hatte gehen dürfen. Andrew war bereit, ihr zu verzeihen. Auch sie war betrunken gewesen. Aber sie war nicht aufgetaucht.
Er wollte eine Serviette für Lexie holen und stieà dabei fast mit der Frau seines Chefs zusammen, die hinter der Theke stand und seine EpiPen-Spritze in der Hand hielt.
»Howard wollte, dass ich etwas überprüfe«, sagte Shirley zu ihm. »Und diese Nadel sollte nicht hier aufgehoben werden. Ich lege sie nach hinten.«
XII
Nachdem er die Hälfte seiner Rolos verdrückt hatte, bekam Robbie schrecklichen Durst. Er kletterte von der Bank und hockte sich ins Gras. Von dort sah er noch immer die Umrisse seiner Schwester, die mit dem Fremden in den Büschen war. Kurz darauf kroch er die Uferböschung zu ihnen hinunter.
»Hab Durst«, jammerte er.
»Robbie, hau ab!«, schrie Krystal. »Ab auf Bank mit dir!«
»Will trinken!«
»ScheiÃe. Wart da drüben, ich hol dir gleich was. Mach schon, Robbie!«
Weinend kletterte er die Böschung wieder hinauf. Er war daran gewöhnt, nicht zu bekommen, was er haben wollte, und gehorchte grundsätzlich nicht, denn Erwachsene waren willkürlich in ihrem Zorn und ihren Regeln. Deshalb hatte er gelernt, kleine Gelegenheiten beim Schopf zu packen, wann und wo er nur konnte.
Er war wütend auf Krystal. Robbie entfernte sich ein Stück von der Bank und folgte der StraÃe. Ein Mann mit Sonnenbrille kam ihm auf dem Bürgersteig entgegen.
(Gavin hatte vergessen, wo er seinen Wagen abgestellt hatte. Er war von Mary aus direkt in die Church Row gegangen, nur um auf Höhe von Samanthas und Milesâ Haus festzustellen, dass er die falsche Richtung eingeschlagen hatte. Da er nicht noch einmal bei den Fairbrothers vorbeigehen wollte, hatte er einen Umweg zurück zur Brücke gemacht.
Er sah den Jungen, mit Schokolade verschmiert, verwahrlost und unansehnlich, und ging an ihm vorbei. Sein Glück war ein Scherbenhaufen, und fast wünschte er sich, er hätte zu Kay zurückkehren können und wäre stillschweigend umarmt worden. Sie war immer am nettesten zu ihm gewesen, wenn er unglücklich war, und genau das hatte ihn zuerst zu ihr hingezogen.)
Das Rauschen des Flusses machte Robbie noch durstiger. Er weinte ein bisschen mehr, als er die Richtung änderte und sich von der Brücke entfernte, um wieder zu der Stelle zu kommen, an der Krystal sich versteckt hielt. Die Büsche hatten angefangen zu wackeln. Er ging weiter, wollte etwas trinken. Dann fiel ihm ein Loch in einer langen Hecke links von der StraÃe auf. Als er auf gleicher Höhe war, entdeckte er dahinter ein FuÃballfeld.
Robbie zwängte sich durch das Loch und betrachtete die groÃe grüne Fläche mit einer ausladenden Kastanie und Torpfosten. Robbie wusste, was es war, denn sein Vetter Dane hatte ihm auf dem Platz gezeigt, wie man einen FuÃball kickt. Noch nie hatte er so viel Grün auf einmal gesehen.
Eine Frau kam mit verschränkten Armen und gesenktem Kopf über das Spielfeld.
(Samantha war aufs Geratewohl losmarschiert und hatte nur die Church Row gemieden. Sie hatte sich viele Fragen gestellt und nur wenige beantworten können, unter anderem auch, ob sie nicht zu weit gegangen war, als sie Miles von dem dummen Brief erzählt hatte, den sie im betrunkenen Zustand aus Gehässigkeit geschrieben hatte. Was ihr jetzt ziemlich dämlich vorkam.
Sie schaute auf und begegnete Robbies Blick. Kinder zwängten sich häufig durch das Loch in der Hecke, um an Wochenenden auf dem Platz zu spielen. Ihre eigenen Töchter hatten es gemacht, als sie jünger waren.
Sie kletterte über das Gatter, lieà den Fluss hinter sich und ging Richtung Marktplatz. Selbstverachtung klebte an ihr, sosehr sie ihr auch zu entkommen versuchte.)
Robbie kroch wieder zurück durch das Loch in der Hecke und ging ein Stück an der StraÃe entlang hinter der zügig ausschreitenden Frau her, die jedoch bald auÃer
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