Ein plötzlicher Todesfall
fallen. Ihr Bein wurde von einem zerbrochenen Computermonitor aufgeschlitzt, und sie wurde von der Strömung hinabgezogen.
XIV
Als Shirley die Schlafzimmertür öffnete, sah sie nur zwei leere Betten. Die Gerechtigkeit erforderte einen schlafenden Howard, daher würde sie ihn wieder ins Bett schicken müssen.
Doch weder aus der Küche noch aus dem Bad war auch nur ein Laut zu hören. Shirley war beunruhigt, sie könnte ihn verpasst haben, weil sie den Weg am Fluss entlang gewählt hatte. Er musste sich angezogen und zur Arbeit gegangen sein, war vielleicht mit Maureen im Hinterzimmer und sprach mit ihr über Shirley. Schon möglich, dass er plante, sich von ihr scheiden zu lassen und stattdessen Maureen zu heiraten, jetzt, da das Spiel vorbei und die Täuschung aufgeflogen war.
Sie rannte förmlich ins Wohnzimmer in der Absicht, im Copper Kettle anzurufen. Howard lag im Schlafanzug auf dem Teppich.
Sein Gesicht war hochrot, seine Augen traten hervor. Ein schwaches Keuchen kam ihm über die Lippen. Eine Hand klammerte sich schwach an die Brust. Das Oberteil seines Schlafanzugs war hochgerutscht. Shirley schaute genau auf die Stelle schorfiger, roher Haut, in die sie die Nadel hatte stechen wollen.
Howard begegnete ihrem Blick mit einer stummen Bitte.
Shirley starrte ihn entsetzt an und schoss dann aus dem Zimmer. Zuerst versteckte sie die EpiPen-Spritze in der Keksdose, holte sie dann wieder heraus und schob sie hinter die Kochbücher.
Sie lief wieder ins Wohnzimmer, schnappte sich den Telefonhörer und wählte den Notruf.
»Pagford? Zum Orrbank Cottage, sagten Sie? Ist schon einer unterwegs.«
»Danke, Gott sei Dank«, sagte Shirley. Und sie hätte beinahe aufgelegt, als ihr klar wurde, was sie gesagt hatte, und schrie: »Nein, nein, nicht Orrbank Cottage â¦Â«
Doch die Telefonistin war schon aus der Leitung, und Shirley musste noch einmal wählen. Sie war derart in Panik, dass sie den Hörer fallen lieÃ. Howards Keuchen neben ihr auf dem Teppich wurde immer schwächer.
»Nicht Orrbank Cottage«, rief sie. »Evertree Crescent sechsunddreiÃig, Pagford. Mein Mann hat einen Herzinfarkt.«
XV
In der Church Row kam Miles Mollison in Pantoffeln aus dem Haus gerannt und lief den steilen Bürgersteig hinunter zum alten Pfarrhaus an der Ecke. Er schlug mit der linken Hand gegen die dicke Eichentür, während er mit der rechten versuchte, die Nummer seiner Frau einzugeben.
»Ja?«, fragte Parminder, als sie die Tür öffnete.
»Mein Dad«, keuchte Miles. »Noch ein Herzinfarkt. Mum hat den Krankenwagen gerufen. Kommen Sie bitte? Bitte, kommen Sie mit!«
Parminder zog sich rasch ins Haus zurück, griff in Gedanken schon nach ihrem Arztkoffer, stutzte aber.
»Ich kann nicht. Ich bin vom Dienst suspendiert, Miles. Es geht nicht.«
»Sie machen Witze ⦠bitte ⦠der Krankenwagen wird nicht hier sein vor â¦Â«
»Ich kann nicht, Miles.«
Er drehte sich um und rannte durch das offene Tor davon. Weiter vorn erblickte er Samantha, die über ihren Gartenpfad ging. Er rief nach ihr, doch seine Stimme versagte, und sie drehte sich überrascht um. Zunächst dachte sie, seine Panik sei ihr geschuldet.
»Dad ⦠zusammengebrochen ⦠Krankenwagen ist unterwegs ⦠verdammte Parminder Jawanda will nicht kommen â¦Â«
»Mein Gott«, sagte Samantha. »O mein Gott.«
Sie rannten zum Wagen und fuhren die StraÃe hinauf, Miles in Pantoffeln, Samantha in den Clogs, von denen sie Blasen an den FüÃen hatte.
»Miles, hör mal, da ist eine Sirene. Die sind schon da â¦Â«
Doch als sie in den Evertree Crescent einbogen, war nichts zu sehen, und die Sirene war schon verklungen.
Unter einer Weide auf einem Rasen eine Meile weit entfernt erbrach Sukhvinder Jawanda Flusswasser, während eine alte Dame Decken um sie legte, die bereits so durchnässt waren wie Sukhvinders Kleidung. Ganz in ihrer Nähe beugte sich der Hundebesitzer, der Sukhvinder an den Haaren und ihrem Pullover aus dem Fluss gezogen hatte, über einen schlaffen kleinen Körper.
Sukhvinder hatte geglaubt, Robbie hätte in ihren Armen gestrampelt, oder war das der grausame Sog des Flusses gewesen, der ihn ihr zu entreiÃen versucht hatte? Sie war eine gute Schwimmerin, doch der Orr hatte sie hinabgezogen und sie nach Belieben umhergetrieben. Sie war um die
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