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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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Simons Rennrad hinwarf. Tessa stieg aus und folgte Andrew ans Ufer, verwirrt und verängstigt.
    Â»Hier ist er nicht«, stellte sie fest.
    Â»Da geht’s lang«, sagte Andrew. Er zeigte auf das schwarze Antlitz von Pargetter Hill, dessen Hänge bis an den Fluss hinunterreichten und nur einen schmalen Uferstreifen vor dem rauschenden Wasser frei ließen.
    Â»Was soll das heißen?«, fragte Tessa entsetzt.
    Andrew hatte von vornherein gewusst, dass sie nicht imstande wäre, mit ihm zu kommen, klein und stämmig, wie sie war.
    Â»Ich sehe nach«, sagte er. »Warten Sie hier.«
    Â»Aber das ist zu gefährlich!«, rief sie über dem Brausen des mächtigen Flusses.
    Ohne sie weiter zu beachten, kletterte Andrew mit erprobter Sicherheit los. Während er sich über den schmalen Sims hangelte, hatten sie beide denselben Gedanken, dass Fats vielleicht in den Fluss gefallen oder gesprungen war, der so nah unter Andrews Füßen vorbeidonnerte.
    Tessa blieb am Ufer stehen, bis sie Andrew nicht mehr sehen konnte, wandte sich dann ab und versuchte, nicht zu weinen. Falls Stuart dort war, musste sie ruhig mit ihm reden. Zum ersten Mal fragte sie sich, wo Krystal wohl sein mochte. Die Polizei hatte es nicht gesagt, und ihre entsetzliche Angst um Fats hatte jede andere Sorge verdrängt.
    Bitte, lieber Gott, lass mich Stuart finden , betete sie. Lass mich Stuart finden, bitte, lieber Gott .
    Dann holte sie das Handy aus ihrer Jackentasche und rief Kay Bawden an.
    Â»Ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben«, rief sie, um das rauschende Wasser zu übertönen. Sie erzählte Kay die Geschichte.
    Â»Ich bin nicht mehr ihre Sozialarbeiterin«, sagte Kay.
    In sechs Metern Entfernung hatte Andrew das Pingelloch erreicht. Es war stockdunkel. So spät war er noch nie hier gewesen. Er kroch hinein.
    Â»Fats?«
    Im hinteren Teil der Höhle nahm er eine Bewegung wahr.
    Â»Fats? Bist du da?«
    Â»Hast du Licht dabei, Arf?«, ertönte eine nicht wiederzuerkennende Stimme. »Hab meine scheiß Streichhölzer fallen gelassen.«
    Andrew dachte daran, zu Tessa hinauszurufen, die allerdings nicht wusste, wie lange er bis zum Pingelloch brauchte. Sie konnte ruhig noch ein paar Minuten warten.
    Er reichte sein Feuerzeug hinüber. In der aufflackernden Flamme sah Andrew, dass die äußere Erscheinung seines Freundes beinahe ebenso verändert war wie seine Stimme. Fats’ Augen waren verquollen, sein ganzes Gesicht wirkte aufgedunsen.
    Die Flamme erlosch. Fats’ Zigarette glomm hell in der Dunkelheit auf.
    Â»Ist er tot? Ihr Bruder?«
    Andrew war nicht klar gewesen, dass Fats es nicht wusste.
    Â»Ja«, erwiderte er. »Glaube ich. Zumindest hab ich’s gehört.«
    Schweigen legte sich über sie, und dann erreichte ihn durch die Dunkelheit ein Quieken wie von einem Ferkel.
    Â»Mrs Wall«, schrie Andrew. Er streckte den Kopf, so weit es ging, aus der Höhle, damit Fats’ Schluchzen im Rauschen des Flusses unterging. »Mrs Wall, er ist hier!«
    II
    Die Polizistin war nett und freundlich gewesen in dem kleinen Cottage am Fluss, in dem nun Decken, Sessel und abgenutzte Teppiche mit Wasser durchtränkt waren. Die alte Frau, der das Haus gehörte, hatte eine Wärmflasche und eine Tasse heißen Tee gebracht, die Sukhvinder nicht an den Mund führen konnte, weil sie wie Espenlaub zitterte. Widerwillig hatte sie Informationsbrocken ausgespuckt: ihren Namen, Krystals Namen, den Namen des toten kleinen Jungen, der gerade in einen Krankenwagen geladen wurde. Der Hundebesitzer, der sie aus dem Fluss gezogen hatte, war ziemlich taub. Er gab gerade im Raum nebenan seine Zeugenaussage zu Protokoll, und Sukhvinder verabscheute seine laute Stimme. Sein Hund war draußen an einen Baum gebunden und jaulte unaufhörlich.
    Dann hatte die Polizei ihre Eltern angerufen, die gekommen waren, und Parminder hatte einen Tisch umgerannt und eine von den Nippsachen der alten Frau zertrümmert, als sie mit sauberen Kleidungsstücken auf den Armen den Raum durchquerte. In dem kleinen Bad wurde der tiefe, schmutzige Schnitt an Sukhvinders Bein freigelegt, der die flauschige Badematte mit schwarzroten Tupfen besprenkelte, und als Parminder die Wunde sah, kreischte sie Vikram zu, der sich im Flur hörbar bei allen bedankte, sie müssten Sukhvinder ins Krankenhaus bringen.
    Im Wagen hatte sie sich erneut übergeben, und ihre Mutter, die

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