Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
Vom Netzwerk:
ungenügend angesehen.
    Doch nichts rief mehr Wut und Erbitterung hervor als die Tatsache, dass die Kinder aus Fields in den Einzugsbereich der St.-Thomas-Grundschule fielen. Diese Kinder hatten nun das Recht, die begehrten blauweißen Schuluniformen zu tragen, im Hof neben dem von Lady Charlotte Sweetlove gelegten Grundstein zu spielen und in den winzigen Klassenräumen alle mit ihrem lautstarken Yarvil-Dialekt zu übertönen.
    Bald war in Pagford allgemein bekannt, dass Häuser in Fields begehrte Objekte für sozial schwache Familien aus Yarvil waren, die Schulkinder hatten. Aus der Cantermill-Siedlung drängten viele über die Grenzlinie, ähnlich wie die nach Texas strömenden Mexikaner. Ihre wunderschöne St.-Thomas-Schule mit den kleinen Klassen, den altmodischen Pulten, dem alten Steingebäude und den üppig grünen Spielplätzen würde überrannt von der Sozialschmarotzerbrut, von Drogenabhängigen und Müttern, die Kinder von unterschiedlichen Männern hatten.
    Dieses Alptraumszenario war nie vollkommen eingetreten, denn obwohl St. Thomas zweifellos Vorteile hatte, gab es auch Nachteile: Die Vorschrift, eine Uniform kaufen zu müssen oder andernfalls die Formulare auszufüllen, die nötig waren, um eine Unterstützung für den Kauf zu bekommen. Die Notwendigkeit, eine Dauerkarte für den Bus zu beantragen und früher aufzustehen, damit die Kinder rechtzeitig zur Schule kamen. Einige Haushalte in Fields betrachteten das als beschwerliche Hindernisse, und ihre Kinder gingen stattdessen auf die deutlich größere Grundschule ohne Uniformzwang, die für die Cantermill-Siedlung gebaut worden war. Die meisten Schüler aus Fields, die nach St. Thomas kamen, harmonierten gut mit ihren Schulkameraden aus Pagford, manche galten sogar als ausgesprochen nette Kinder. Und so konnte Barry Fairbrother durch die Schule aufsteigen, ein beliebter und gewitzter Klassenclown, der nur gelegentlich mitbekam, dass das Lächeln eines Vaters oder einer Mutter aus Pagford gefror, wenn er erwähnte, wo er wohnte.
    Trotzdem war St. Thomas manchmal auch gezwungen, einen Schüler aus Fields aufzunehmen, dem der Ruf eines Rabauken vorauseilte. Krystal Weedon hatte bei ihrer Urgroßmutter in der Hope Street gewohnt, als sie eingeschult wurde. Daher hatte man sie nicht abweisen können, doch dann, als sie mit acht Jahren zu ihrer Mutter nach Fields zurückzog, hatte es allgemein große Hoffnungen gegeben, sie würde St. Thomas für immer verlassen.
    Krystals langsamer Weg durch die Schule hatte dem Weg einer Ziege durch den Körper einer Boa constrictor geglichen, nach außen hin gut sichtbar und unbehaglich für alle Beteiligten. Dabei war Krystal nicht immer in ihrer Klasse anwesend, den größten Teil ihrer Zeit in St. Thomas hatte sie Einzelunterricht bei einem Sonderschullehrer.
    Dank einer unheilvollen Fügung war Krystal in derselben Klasse wie Howards und Shirleys älteste Enkeltochter Lexie gewesen. Krystal hatte Lexie einmal ins Gesicht geboxt und ihr dabei zwei Zähne ausgeschlagen. Dass die bereits wackelig waren, hatte Lexies Eltern und Großeltern auch nicht milder gestimmt.
    Die Überzeugung, dass auf der Winterdown-Gesamtschule ganze Horden von Krystals auf ihre Töchter warten würden, hatte Miles und Samantha Mollison schließlich dazu veranlasst, beide Töchter auf die St. Anne zu schicken, die private Mädchenschule in Yarvil, in deren Internat sie die Woche über blieben. Die Tatsache, dass Krystal Weedon seine Enkeltöchter von ihren rechtmäßigen Plätzen verdrängt hatte, war rasch zu einem von Howards Lieblingsbeispielen für den schändlichen Einfluss der Siedlung auf das Leben in Pagford geworden.
    V
    Der erste Ausbruch von Pagfords Wut war bis auf ein ruhigeres, aber nicht weniger starkes Gefühl des Grolls abgekühlt. Fields verdarb einen Ort des Friedens und der Schönheit, und die genervten Bürger waren nach wie vor entschlossen, die Siedlung loszuwerden. Doch Gemeindegrenzen wurden neu festgelegt, und Verwaltungsreformen zogen über das Gebiet hinweg, ohne irgendwelche Veränderungen zu bewirken: Fields blieb Teil von Pagford. Zugezogene begriffen rasch, dass der Abscheu vor der Siedlung notwendig war für das Wohlwollen jenes harten Kerns, der das Sagen hatte.
    Doch jetzt, endlich, nach Jahrzehnten geduldiger Arbeit, nach dem Entwerfen von Strategien und Petitionen,

Weitere Kostenlose Bücher