Ein prickelndes Spiel (German Edition)
gekommen, aber deshalb rufe ich nicht an.”
Weshalb dann? Doch nicht … wegen Nicole? Das hatte ihm noch gefehlt. “Mom, ich kann wirklich alles erklären …”
Aber seine Mutter unterbrach ihn. “Meine Mitgift ist verschwunden.”
Das war ein Schlag in die Magengrube. Die Mitgift, wie seine Mutter es nannte, war ein antiker Schmuck mit schwarzen Perlen, den sie von ihrer Mutter bekommen hatte und der sich schon seit vielen Generationen im Familienbesitz befand. Diese Perlen waren sehr viel wert und sollten den Eltern mal ihren Lebensabend erleichtern.
Und dieser Schmuck war weg.
“Was heißt das, verschwunden?” Ihm war ein schrecklicher Gedanke gekommen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Hatte Nicole etwa …? Nein, das konnte nicht sein. Helen hatte den Schmuck sicher nur verlegt und konnte ihn jetzt nicht wiederfinden.
“Das heißt, der Schmuck ist weg, Alexanthros. Weg!”
Hinter seinen Schläfen begann es schmerzhaft zu pochen. Warum hatten seine Eltern auch nicht auf ihn gehört? Wie oft hatte er ihnen gesagt, sie sollten den Schmuck in ihrem Banksafe verwahren. Aber seine Mutter hatte der Bank nicht getraut. “Hast du schon mit Dad gesprochen?”
“Selbstverständlich. Er will die Polizei informieren.”
“Fehlt sonst noch was?”
“Nein.”
“Wann hast du den Schmuck zum letzten Mal gesehen?”
“Vor zwei Tagen.”
Mit jeder Antwort wurde Alex elender zumute.
“Du glaubst nicht …”, fing seine Mutter vorsichtig an, “ich meine, du kannst dir nicht vorstellen …” Alex schloss kurz die Augen. “Die Frau, die du mitgebracht hast, das war schon ein bisschen seltsam, findest du nicht? Meinst du, dass sie vielleicht …”
Alex schob den Stuhl zurück und stand auf. “Ich muss jetzt los, Mom. Ich ruf dich später an, ja?”
“Soll ich denn nun die Polizei benachrichtigen?”
“Nein, noch nicht.”
“Gut. Aber du weißt, wie viel mir der Schmuck bedeutet, Alex? Er ist doch schon so lange in unserer Familie.”
“Ich weiß, Mom. Bis bald.” Langsam legte Alex den Hörer auf. Zwei Dinge waren ihm sonnenklar. Nicole hatte den Schmuck gestohlen. Und das würde er ihr nie verzeihen.
Nicole schloss die Tür zu dem Loft auf, ließ den Rucksack fallen und trug die Tüten mit den Einkäufen in die Küche. In diesem Augenblick kam Kater durchs Fenster und miaute laut. Wahrscheinlich hatte er Hunger. Aber vielleicht hatte er sie auch vermisst.
“Hast du auf mich gewartet?” Nicole stellte die Tüten ab und kraulte dem Tier die Ohren. Dann fing sie an, die Einkäufe auf dem Tresen aufzureihen. Dabei lächelte sie. Während der Rückfahrt vom Gefängnis hatte sie neunzig Minuten Zeit gehabt, über alles nachzudenken. Und mit jeder Meile hatte sich ihre Laune gehoben. Sie war froh, dass sie sich endlich überwunden und ihren Vater besucht hatte.
Ihr Vater war so wie immer, nicht gebrochen durch die Haft, nicht plötzlich frömmelnd und seine früheren Sünden bereuend. Nein, er hatte keine billigen Entschuldigungen für sein Tun, sondern empfand die Strafe als gerecht und hatte sich damit abgefunden. Nicole wusste, dass sie nur dank seiner Erziehung zu einer starken und unabhängigen Frau geworden war.
Was er ihr von seiner Vergangenheit erzählt hatte, machte ihr Mut, die eigene Zukunft in Angriff zu nehmen. Aus Angst hatte sie sich gestern bei Alex’ Eltern so unmöglich verhalten, denn sie glaubte nicht, dass ihre Beziehung mit Alex eine Zukunft hatte. Aber jetzt wusste sie, dass alles gut werden konnte, wenn man sich nur liebte.
Sicher, bevor sie Alex traf, hatte sie nie über die Zukunft mit einem Mann nachgedacht. Und dann hatte sie sich ausgerechnet in jemanden verliebt, der in so vielen Dingen das krasse Gegenteil von ihr war. Sie war eine Diebin, er war ein Ex-Polizist. Sie hielt sich für sehr originell, er war durch und durch konventionell. Aber er hatte sie beeindruckt wie noch kein Mann vor ihm.
Kater miaute und beäugte sie misstrauisch.
“Was? Glaubst du etwa, ich könne nicht kochen?”
Er setzte sich auf die Hinterpfoten und kniff die Augen zusammen. Es sah beinah so aus, als erinnere er sich an das letzte Desaster, als Nicole versucht hatte, ein Essen auf den Tisch zu bringen. Das war letzte Ostern gewesen. Ihre Nichte Justine war gerade geboren, und ihr Vater war noch nicht verurteilt. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte sie damals gemeint, Dinner kochen zu müssen. Ein Fiasko, noch nicht einmal die Katze mochte den Fraß.
“Diesmal
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