Ein Prinz wie aus 1001 Nacht
hielt Shahir die Gästeliste entgegen, die sie für die große Party zusammengestellt hatte, die im nächsten Monat, nach Ende der Renovierungsphase, auf Strathcraig Castle stattfinden sollte. Als ihre babyblauen Augen seine dunklen trafen, schenkte sie Shahir ein berückendes Lächeln und warf den Kopf in den Nacken, sodass ihre glänzenden braunen Locken um das herzförmige Gesicht tanzten.
Sie war sehr schön. Klein, aber mit herausfordernden weiblichen Kurven ausgestattet.
Shahir erwiderte ihr Lächeln, allerdings eher mechanisch als animiert. Er wollte sie nicht. In der Tat erschien ihm die provokante Art der attraktiven Brünetten plötzlich ziemlich billig im Gegensatz zu Kirstens natürlichem Charme.
Kirsten saß in genau diesem Moment inmitten einer Gruppe von anderen Dienstboten auf einer Wiese hinter dem alten Kutscherhaus. Es war ziemlich heiß in der prallen Sonne. Einige der jungen Männer hatten ihren Oberkörper frei gemacht, während Kirsten ihre Knie bedeckt hielt und gedankenverloren auf ihre Füße starrte. Wie immer fühlte sie sich ziemlich unbehaglich, wenn andere sich entblößten, und hätte sich am liebsten ganz in sich verkrochen.
„Gehst du eigentlich gern spazieren?“, fragte ein dunkelhaariger junger Mann, der neben ihr in die Hocke gegangen war.
Kirsten wurde flammend rot, als sie sah, dass es schon wieder der polnische Handwerker war, der sich, von den anderen beobachtet und mit flapsigen Bemerkungen unterstützt, schon die ganze Zeit über bemühte, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Und jetzt versuchte er sogar noch, sie in ein Gespräch zu verwickeln! Kirsten konnte Jeanies erwartungsvollen Blick wie einen Feuerpfeil auf ihr Profil gerichtet fühlen.
„Eigentlich gehe ich so gut wie gar nicht raus“, murmelte Kirsten wenig ermutigend und fühlte sich irgendwie schuldig, weil sie sich nichts sehnlicher wünschte, als dass er gehen und sie in Ruhe lassen würde.
„Warum gibst du dir nicht etwas mehr Mühe mit ihm?“, fragte Jeanie vorwurfsvoll, als die Mittagspause vorüber war. „Ich habe extra ein, zwei Worte im Gespräch mit einem seiner Kollegen fallen lassen.“
Kirsten keuchte entsetzt auf. „Oh Jeanie … nein!“
„Wieso? Ich dachte, du findest ihn toll?“, gab ihre Freundin beleidigt zurück. „Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich bestimmt nicht Nein sagen.“
„Aber er ist nicht der Mann, den ich auf dem Hügel getroffen habe.“
„Ist er nicht?“ Jeanie runzelte verblüfft die Stirn. „Vielleicht war der Typ nur auf der Durchreise und ist längst abgereist“, gab sie zu bedenken.
„Schon möglich“, bestätigte Kirsten vage und hoffte, Jeanie würde es dabei bewenden lassen.
„Kirsten, du musst wirklich aufhören, so schrecklich schüchtern und nervös auf die Anwesenheit von Männern zu reagieren. Ich meine … versteh mich bitte nicht falsch …“ Als sie Kirstens verständnislosen Blick sah, seufzte der Rotschopf tief auf. „Du bist einfach hoffnungslos! Wenn du nichts mit einem Kerl zu tun haben willst, musst du ihm deutlicher die kalte Schulter zeigen und ihn einfach wie Luft behandeln, dann kommt er auch nicht immer wieder an.“
Kirsten fuhr ruhig damit fort, die hohen Fenster in der langen Galerie zu putzen, wobei ihr Blick immer wieder von dem glänzenden Flügel am anderen Ende des riesigen Raumes angezogen wurde. Ob sie wohl immer noch Klavier spielen konnte? Es war bereits Jahre her, als sie das letzte Mal Gelegenheit dazu hatte. Ohnehin würde es ihr nie in den Sinn kommen, ein so kostbares antikes Stück ohne Erlaubnis auch nur zu berühren.
Ihre Mutter war Musiklehrerin gewesen und hatte dafür gesorgt, dass aus ihrer Tochter eine ganz akzeptable Pianistin wurde. Gelegentlich hatte Kirsten sogar den Organisten in der Kirche vertreten dürfen, doch jedes Mal, wenn die Zuhörer ihr Lob und Bewunderung zollten, hatte sich das Gesicht ihres Vaters verfinstert. Irgendwann entschied Angus Ross, dass Musik frivol sei, und dass das Üben nur der eigenen Eitelkeit diente. Kurz darauf wurde das Klavier verkauft. Ihrer kranken Mutter hatte es das Herz gebrochen, und für Kirsten war es der Tag gewesen, an dem sie sich heimlich schwor, später ein eigenes Klavier zu besitzen und darauf zu spielen, wann immer ihr danach war.
Eine der Türen in der Galerie öffnete sich, und herein trat ein untersetzter dunkelhäutiger Mann im Businessanzug. Er heftete seinen Blick auf Kirsten und wedelte mit der Hand, um ihre Aufmerksamkeit zu
Weitere Kostenlose Bücher