Ein Prinz wie aus 1001 Nacht
wandte Kirsten ihre Aufmerksamkeit von Shahir ab. Entsetzt spürte sie heiße Röte in ihre Wangen steigen.
„Prinz Shahir erwähnte, dass Sie zu dem Reinigungspersonal des Castles gehören“, begann Lady Pamela in höflichem Konversationston. „Sie machen auf mich den Eindruck einer ziemlich fähigen Person. Glauben Sie nicht, dass Sie eine etwas anspruchsvollere Arbeit ebenso gut bewältigen könnten?“
„Ich denke schon, aber … es ist meine erste Anstellung“, gestand Kirsten und warf einen schnellen Blick aus dem Fenster, um zu sehen, wo sie waren. Auf keinen Fall wollte sie, dass diese Luxuskutsche direkt vor dem Haus ihres Vaters hielt. Denn der würde ihr unter Garantie die Leviten lesen, weil sie sich hatte mitnehmen lassen.
„Oh, da kommt mir eine wundervolle Idee!“, rief Pamela enthusiastisch aus. „Wie wäre es, wenn Kirsten mir bei den Vorbereitungen für die große Party helfen würde, die demnächst im Schloss stattfinden soll?“
Damit hatte sie Kirstens Aufmerksamkeit erfolgreich wieder auf sich gezogen.
„Ich …?“
„Warum nicht? Sie könnten zum Beispiel die Einladungskarten schreiben und Botengänge machen. Selbst dann gibt es noch zahlreiche Aufgaben, die nur ich erledigen kann.“
„Ich würde Sie sehr gerne unterstützen“, erklärte Kirsten spontan, mehr als erfreut über die Aussicht, endlich etwas anderes tun zu dürfen, als immer nur zu putzen.
Lady Pamela nahm das mit einem gnädigen Lächeln zur Kenntnis. „Ich liebe es natürlich, quasi als Gastgeberin an der Seite des Prinzen agieren zu können“, zwitscherte sie geziert. „Aber Sie wären mir eine große Hilfe.“
„Ich weiß allerdings nicht, ob die Haushälterin mich dafür freistellen wird“, wandte Kirsten ein und hätte am liebsten zu Shahir geschaut, um seine Haltung zu Lady Pamelas Vorschlag zu erfahren. Aber warum sollte er sich für derartig nebensächliche Belange interessieren? Er war zwar ihr Arbeitgeber, verfügte aber über so viel Personal, dass er unmöglich den Überblick behalten konnte, und sie war nun tatsächlich so etwas wie das Schlusslicht unter seiner Dienstbotenliga.
Offenbar stand es Lady Pamela frei, über jeden seiner Angestellten zu verfügen, den sie für ihre Zwecke beanspruchen wollte.
Als der Wagen plötzlich zum Stehen kam, stockte ihr der Atem. Ihr Vater stand auf der Türschwelle und schien offensichtlich auf sie zu warten. Sein hartes Gesicht war zu einer wütenden Grimasse verzogen.
„Lieber Himmel! Wer ist denn dieser hässliche alte Griesgram?“, brachte Lady Pamela kichernd hervor.
Kirsten hatte sich schon halb vom Sitz erhoben, um aus der Limousine zu steigen. Sie verstand zwar, was Lady Pamela zu dieser rüden Bemerkung gereizt hatte, trotzdem war sie zutiefst verletzt.
Shahirs Blick ruhte auf Angus’ geballten Fäusten, die wie schwere Vorschlaghämmer zu den Seiten herabhingen. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und auf der dunklen Wange begann ein Muskel zu zucken. Er verließ den Wagen direkt nach Kirsten und blieb abwartend neben ihr stehen, während sie ihr Rad von seinem Chauffeur in Empfang nahm. Dann folgte er ihr zum Haus und stellte sich persönlich ihrem Vater vor, Lady Pamela winkte Angus vom Wagen aus gnädig zu. Kirsten war erleichtert zu sehen, dass die Aufmerksamkeit, die der Prinz ihm entgegenbrachte, ihren Vater zu besänftigen schien.
„So, dann hat der Prinz diese Hure also in seine Dienste genommen“, brummte Angus und ließ ein verächtliches Lachen hören, während er wenig später vor seiner Tochter das Haus betrat. „Das Weibsbild hat vielleicht Nerven! Mir vom Wagen aus zuzuwinken, als sei sie die Queen! Sie hofft wohl darauf, den Prinzen zur Heirat verführen zu können, um das Castle in ihre Familie zurückzuholen, aber sie verschwendet ihre Zeit. Er muss doch längst wissen, dass sie nichts weiter als ein geldgieriges Flittchen ist!“
„Das denke ich aber auch. Er soll ja kein Dummkopf sein“, stimmte ihm Mabel eifrig zu. Die ebenso scharfgesichtige wie scharfzüngige, knochige Frau in den Fünfzigern ließ ein meckerndes Lachen hören. „Bevor ihr Ehemann gestorben ist, soll Lady Pamela ja mit einem Liebhaber nach dem anderen in ihrer Hütte gehaust haben. Natürlich hat Sir Robert ihr nicht einen einzigen Penny hinterlassen!“
„Das ist die gerechte Strafe Gottes für ihr sündhaftes Verhalten“, erklärte Angus in salbungsvollem Ton.
Kirsten kraulte Squeak hinter den ergrauten Ohren und
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