Ein Pyrenäenbuch
gebaut haben, es
muß eine böse zweite Garnitur gewesen sein. Der Schullehrer hat sie nie gesehen
und erzählt noch lachend von ihnen: tätowiert waren sie wohl fast alle, aber
einer hatte sich seinen Kriegswahlspruch: merde auf die Stirn einbrennen
lassen, und wenn ihm ein Caporal oder ein höheres Tier einen Befehl gab, der
ihm nicht paßte, so schob er einfach seine Kappe hoch, daß die Stirn freilag,
und der andre konnte ihm so von den Gesichtszügen ablesen, was er zu sagen
hatte. Man kann sich dem nur vollinhaltlich anschließen.
Nachmittags um vier Uhr steigt
die Pelote. Ausverkauft. Kein Wunder in einem Lande, wo an jedem vierten Haus
zu lesen steht: Défense de jouer à la pelote! — denn keine Mauerwand bleibt von
den Jungen verschont, die einmal Matadore des Landesspiels werden wollen. Der
junge Geistliche, der gepredigt hat, sitzt bei den Öppersten, die
Sportkommission ist auch da. Zum Glück ist die Pelote noch überall mehr Spiel
als Sport. Es gibt allerdings schon Vereinigungen mit Kommissionssitzungen und
Komitees, mit Disqualifikationen und Jahreskongressen — aber das Publikum liebt
das Spiel, das Spiel in der frischen Luft, sein Spiel, und schert sich den
Teufel um den lächerlichen Kram der Organisation. Jede Zeit hat ihren
Hanswurst: der unsre blickt mit gefurchter Stirn und düstern Brauen auf
spielende Leute und legt sich und denen eine Bedeutung bei, die er mit ‹Hebung
der Pferdezucht), ‹Ertüchtigung der Jugend›, ‹Disziplinierung des Geistes› und
andern schönen Sachen umkleidet. Nichts ist alberner als dieser von Brillen und
glattrasierten Aktuaren präparierte Sport, bei dem die Ausschußsitzung das
Wichtigste ist. Soweit ist es da unten noch nicht.
Die beiden Parteien treten an.
Zwei spanische Basken: ein Kleiner und ein Langer, und auf der andern Seite
Léon Dougaïtz, der Franzose, mit Partner. Der Mann sieht aus wie ein
Maurerpolier, er hat einen unternehmenden, weichen Schnurrbart, trägt weißes
Hemd, Espadrillen, aber wie alle diese Spieler kein béret. Sein Partner ist ein
stämmiger junger Mensch. Es wird ohne chistéra, mit den bloßen Händen,
geschlagen. Die Spieler treiben, um die Gelenke zu ölen, die ersten Bälle an
die Mauer. Anfängen? Anfängen.
Eine Kapelle spielt. Léon gibt.
Er steht mit der Nase zur Mauer, einen Meter von mir entfernt, und schlägt den
kleinen Ball mit einer unbegreiflichen Wucht an den Stein. Der Ball flitzt
zurück, hinten wird aufgepaßt, sie boxen ihn vor. Und nun spielen sie.
Sie springen vor und zurück,
manchmal bewegen sie sich kaum, und besonders Léon, der vorn spielt, scheint
gar nicht aufzupassen, wann der Ball kommt. Daß er ihn trifft, darum ist ihm
wohl nie bange — aber ob der Schlag auch kräftig genug sein wird? Der Schlag
kann einen Ochsen töten — es wird so leicht, so elegant geschlagen. Sie tragen
keinen Schutz an ihren Händen.
Das Publikum paßt auf wie die
Schießhunde. Wenn der Ball von hinten nach vom fliegt, drehen sich alle
Gesichter mit genau der gleichen Wendung nach vom: es sieht aus, als wären alle
diese Köpfe auf Stöcke gesetzt und von einem Mechanismus bewegt. Sie
kritisieren sehr genau, und ein klein bißchen Lokaleitelkeit ist wohl auch im
Spiel. Neulich haben die Spanier gewonnen — wird’s Léon ihnen geben? Léon
gibt’s ihnen. Dabei ist er keine Kanone, sondern nur gute Feldartillerie —,
aber der einzige, der mit Kopf spielt. «Bravo, Léon —!» Sein Gesicht bleibt
glatt und gleichgültig, sein Hemd ist naß, der Schweiß hat den groben Stoff in
durchsichtige Seide verwandelt, ein Schuh ist durchgestoßen und wird unter
allgemeinem Hallo ersetzt... weiter, weiter!
Das Publikum bildet eine schöne
Einheit, es sind wohl wenig Fremde darunter. Man kennt sich, man lacht sich an,
drei Freunde, ein Dicker in der Mitte, sitzen Arm in Arm und sehen einer feinen
Dame, die gewiß hoch zu Automobil hergekommen ist, ironisch-bewundemd nach.
Männer untereinander sind eine harmlose Gesellschaft. Ein Mönch von Grützner
steht da: ein dicker Bauer mit einer Knubbelnase, hochrot, ein agiler,
sanguinischer Alter. Er ist über irgendeine Sache im Spiel furchtbar aufgeregt
und wirft abwechselnd die Hände über dem Kopf zusammen oder seine Mütze unter
Geschrei in die Luft. Er hopst und tanzt aufgeregt auf seinem Platz und ist
Feuer und Flamme. Es ist aber auch ganz schrecklich, was da vorgeht! Die
Spanier holen ihren Verlust ein —! Das darf nicht sein! Nein! Pause.
Die Spieler bekommen Wein
Weitere Kostenlose Bücher