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Ein reiner Schrei (German Edition)

Ein reiner Schrei (German Edition)

Titel: Ein reiner Schrei (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siobhan Dowd
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über sein Ohr und flüsterte lauter: »Pistols und Shuttlecocks.«
    »Das ist doch Blödsinn, verdammter Unsinn, Miss Talent.«
    »Du hast nicht zugehört. Ich sag’s nicht noch mal.«
    »Du bist undurchdringlich wie Gestrüpp.«
    »Du schuldest mir einen BH, Declan Ronan.«
    »Du hast getrickst.«
    »Du hast es versprochen.«
    »Okay, okay. Ich geb dir einen Fünfpfundschein, dann kannst du dir in der Stadt selber einen kaufen. Unter einer Bedingung.«
    »Welche?«
    »Dass du sagst: Declan Ronan, ich mag dich mehr als irgendwen auf der ganzen weiten Welt. Und dass du nächsten Donnerstag wieder herkommst und wir’s noch mal machen.«
    »Das sind schon zwei Bedingungen.«
    »Okay, zwei Bedingungen. Alles oder nichts.«
    Sie sagte den Satz auf, dann ließ sie ihre Hände über seinen harten Waschbrettbauch gleiten. Im Bruchteil einer Sekunde war er auf ihr und gab ihr einen langsamen Kuss.
    »Also abgemacht«, murmelte er. »Am Donnerstag.«
    Danach streiften sie ihre Sachen über. Declan wuschelte ihr durchs Haar und pustete ihr auf die Wange.
    »Du siehst echt lustig aus«, sagte er. »Wie eine Katze, die man rückwärts durch eine Hecke geschleift hat. Du hast überall an dir Gras hängen.«
    »Du auch, nur schlimmer. Du siehst aus wie ein Vogel nach einem Staubbad.«
    Er hob seine Jacke auf und warf sie sich grinsend über die Schulter.
    »Vergiss dein Versprechen nicht«, sagte sie.
    Er stöhnte, wühlte aber in seiner Jackentasche und fand das Geld. »Pass auf, dass er groß genug ist«, sagte er und reichte ihr den Schein. »Aus dem Ding da quillst du überall raus.«
    Sie drehte das Geld zu einer kleinen Rolle und steckte es sich vorne rein. Er lachte, kniff sie in den Arm und machte sich davon. Shell blickte der hochgewachsenen, sinnlichen Gestalt nach, die über das Sommerfeld den Hang hinunterschritt und schließlich in der Bergfalte verschwand.
    Erst als er fort war, wurde ihr bewusst, dass er sie dazu gebracht hatte, das zu sagen, was er hören wollte, jedoch nichts dergleichen zu ihr gesagt hatte. Sie lief bergauf bis zum oberen Ende des Feldes und betrat das Wäldchen. Die Brennnesseln waren am Verdorren und die Blätter der Bäume hatten braune Ränder. Brombeeren schimmerten in der Hecke. Declan und sie gingen nun schon mehr als vier Monate miteinander und kein einziges Mal hatte er irgendwas gesagt, was sie hören wollte. Sie schüttelte weise den Kopf und beklopfte die Stelle, wo sein Geldschein steckte. Shell lächelte. So waren Jungen eben – auf der ganzen Welt.

Achtzehn
    Sie holte Jimmy und Trix vom Hof der Duggans ab, wo sie den Tag verbracht hatten. Mrs Duggan war überhitzt und schlechter Laune, ganz anders als sonst. Sie scheuchte sie allesamt aus der Küche. Trix hatte ihre Schaufel verloren und brüllte wie am Spieß, aber Shell fand ihn am Melkstand. Dort hatte Trix Sie verloren, als sie Tote Soldaten gespielt hatten, auf den hohen Querstangen, mit denen die Kühe beim Melken festgeklemmt wurden. Shell erinnerte sich, wie sie den beiden das Spiel beigebracht hatte, sie hatte es selbst erfunden. Man saß mit beiden Armen aufgestützt auf einer Stange, das eine Bein vor ihr, das andere dahinter. Dann hakte man das vordere Fußgelenk in der hinteren Kniekehle ein und musste so mit aufgerichtetem Körper das Gleichgewicht halten. Wenn jemand auf einer anderen Stange einem zuzwinkerte, ließ man sich mit dem Oberkörper nach vorn fallen und war tot, als wäre man aus nächster Nähe erschossen worden. Man baumelte so mit dem Kopf nach unten an der Kniekehle, bis die anderen Soldaten auch nach unten hingen und tot waren. Dabei ließ man die Zunge raushängen und glotzte wie eine tote Makrele. Wenn man jemandem in die Augen sah, konnte man immer noch zu ihm hinaufzwinkern und ihn töten, auch wenn man selbst schon tot war.
    Trix meinte, sie hätte sich die rote Schaufel unter den Arm geklemmt und dann musste sie ihr runtergefallen sein, als Jimmy sie getötet hatte. Sie schlug Jimmy den ganzen Heimweg über damit auf den Hintern, und bei jedem Schlag quiekte er wie ein Schwein, sprang wie ein Verrückter in die Höhe und brachte Trix damit zum Lachen. Shell stimmte in ihr Gelächter ein.
    Als sie nach Hause kamen, war niemand da. Dad war am Tag zuvor in die Stadt gegangen. Inzwischen war er an den meisten Wochentagen mit seiner Sammelbüchse in der Stadt unterwegs und blieb über Nacht oft weg. Wo er übernachtete, wusste Shell nicht. Am Abend davor hätte er eigentlich zu Hause sein

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